Neunte Szene.

[31] 1.2.3.4.

Braus, dannAgnes,Bühne freiMarie,

Nanette, danndanndann

WalburgaHutzibutzSchlankel


Sanguinisch.


MARIE wieder vortretend. Wo denn der Hutzibutz bleibt? Ich muß ihm ein Geschenk machen für seine treu geleisteten Dienste als Postillon d'Amour. Auch muß er mir die Stunde sagen, wann der Eilwagen eintrifft. Ah, da kommt er – Will zur Mitteltüre und erblickt den eintretenden Schlankel. Sie sind's? Ich weiß nicht, laßt sich der Papa jetzt frisieren oder nicht.

SCHLANKEL. Die Fräul'n haben einen anderen erwartet.

MARIE. Na, Sie könnten's so ziemlich erraten haben.


[31] Phlegmatisch.


AGNES stickend. Schau', schau', wird mir der untreu! Hm! Hm!


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Zweifle auch nicht, daß Ihnen der andere angenehmer wär', denn der bringt immer gute Nachrichten.

MARIE. Was? – Sie wissen doch nicht –?

SCHLANKEL. Ihre Amour mit 'n Herrn Guido von Trüb? Nein, so was merk' ich nicht. Ich bitt' Ihnen, zwischen einer heimlichen Liebschaft und einem Balbierer is grad das Verhältnis, als wie zwischen der Trüffel und dem Hund; wir wittern's und schnuppern's, und wenn's noch so tief verborgen wäre.


Phlegmatisch.


HUTZIBUTZ zur Mitte eintretend. Gnädiges Fräulein!

AGNES. Lass' Er mich ungeschoren!

HUTZIBUTZ. Ich muß Ihnen eine frohe Nachricht –

AGNES. Geh' der Herr weiter mit seinen Nachrichten!

HUTZIBUTZ. Aber der Mussi Robert –

AGNES. Still, hab' ich g'sagt!


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Übrigens will ich Ihnen nur sagen – aber das is nur so hingeworfen, ich weiß nichts Gewisses – aber bei Leuten, die immer nur gute Nachrichten bringen, is sehr die Frag', ob es auch wahre Nachrichten sind, das is aber nur so hingeworfen, ich weiß nichts.

MARIE. Sie wissen was?

SCHLANKEL. Das heißt, wie man's nimmt, es wird nix sein.

MARIE. Freund, jetzt reden Sie, ich lass' Ihnen nicht mehr aus.

SCHLANKEL. Ich hab' heut' die Fräul'n Zi – o, jetzt hätt' ich bald den Namen g'sagt; nein, Namen nenn' ich kein', das können Sie nicht verlangen von mir.

MARIE. Also ohne Namen, nur zur Sache![32]

SCHLANKEL. Ich hab' ihr Locken hin'tragen, und da is auf der Toilett' ein Brief g'leg'n, 's Postzeichen von Prag und die Unterschrift Guido.

MARIE. Guido!?

SCHLANKEL. Is ein Taufnamen, Guido kann heißen, wer will.

MARIE. Aber die Schrift?

SCHLANKEL. Die war so g'wiß – so ein eigner Zug.

MARIE. Himmel, das ist seine Schrift!

SCHLANKEL. Das »o« auf die Letzt' war so g'wiß rund.

MARIE. Kein Zweifel mehr, na, wart', wart', du falsches Ungeheuer! Geht auf und ab.


Phlegmatisch.


HUTZIBUTZ. Fräul'n Agnes!

AGNES. Hinaus! Mach' Er mich nicht bös, ich bin lang gut, aber –

HUTZIBUTZ für sich. Wieder ab'brennt. Im Abgehen. Kein Trinkgeld schaut heraus, und wenn ich mich auf 'n Kopf stellet. Der Teufel is in die Madeln g'fahr'n. Zur Mitteltüre ab.


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Ja, was wollen die Fräul'n machen?

MARIE. O, das wird sich finden. Zu Tod kränken werd' ich mich in keinem Fall. Das g'fallet dem starken G'schlecht, wenn sich das schöne wegen ihm die Haar' ausreißet. O, davon is keine Spur!


Cholerisch.


BRAUS mit Nanetten aus der Seitentüre tretend. Wo steckt er denn aber, der verdammte Hutzibutz?

NANETTE. Er hat g'sagt, er kommt gleich.

BRAUS. Das Donnerwetter soll –

NANETTE. Bürst' halt ich Euer Gnaden g'schwind den Gehrock aus, dann können Euer Gnaden ausgehn.

BRAUS. Nein, just nicht! Er soll da sein, er muß da sein – von früh morgens muß man sich ärgern bis in die[33] späte Nacht, in einem fort ärgern! Geht hastig auf und nieder.

NANETTE zur Mitte ab.


Sanguinisch.


MARIE. Freund, Sie haben mir eine wichtige Aufklärung gegeben, nehmen Sie diese kleine Erkenntlichkeit! Gibt ihm Geld.

SCHLANKEL das Geld nehmend. Bitte aber auf mich keinen Verschmach zu werfen wegen allenfallsiger Störung des diesfälligen Seelenfriedens.

MARIE. O, sein Sie ruhig, das is nur ein momentaner Verdruß, das gibt sich, ich geb' Ihnen mein Wort drauf.


Cholerisch.


WALBURGA aus der Seitentüre kommend. Was ist denn geschehen, Vater?

BRAUS. Red' nichts auf mich, du siehst, ich bin im Zorn, du Geschöpf, du! Geht ergrimmt in die Seitentüre ab.


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Ich küss' die Hand! Für sich. Die Liebhaber werden eine Freud' haben, wenn s' hier ankommen; die sollen's empfinden, was das heißt, einen Balbierer zu präterieren und einen Stiefelputzer zum Vertrauten zu machen. Zur Mitte ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 31-34.
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