Neunter Auftritt

[494] Rab. Weinberl mit Mantel, Larve, Hut und Blendlaterne. Der Vorige.

Rab und Weinberl kommen auf den Zehen zur Mitteltüre herein.


MELCHIOR hinter den Fenstergardinen hervorguckend, schaudernd für sich. Den leichten Tritt, man hört's gar nit, es sind Geister.

RAB. Wirklich, Bursche, das überrascht mich von dir, 's ist ein Wagstück, bis hieher zu dringen, und du hast's proponiert.

WEINBERL. 's is wegen dem Silberkasten, dort is er.

RAB. Ich meinesteils mache mich immer gern gleich aus dem Staub, wenn ich das Geld habe, denn nur Geld, Geld –

MELCHIOR für sich. Sie gehn aufs Geld, es sind Menschen.

RAB. Mit Pretiosen befaß ich mich nicht so gern.


Nimmt von Weinberl die Laterne und nähert sich dem Silberkasten.


WEINBERL. Ah was, Silber is auch nicht zu verachten, je mehr, desto besser, man hat nie genug.

MELCHIOR für sich. Sie haben nie genug – es sind Menschen.

RAB. Der Schlüssel steckt, räumen wir aus. Öffnet die Glastüre des Kastens. Da hab' ich aus dem Gewölb einen Sack mit heraufgenommen, da pack alles hinein. Wirft ihm einen Leinwandsack zu, nimmt während dem Folgenden aus dem Kasten Kaffeemaschine, Leuchter, Löffel etc. heraus und gibt es Weinberl, welcher es in den Leinwandsack steckt.

MELCHIOR für sich. Sie packen ein, es sind Menschen, aber was für eine?[494]

RAB. Nur schnell.

WEINBERL beiseite. Nur langsam, sag' ich, ich muß ihn aufhalten, bis der Christopherl mit die Arretierer kommt.

RAB scherzend. Einen Kaffeelöffel sollten wir ihm liegenlassen, als Souvenir de Silberkasten.

MELCHIOR für sich. Der hat doch noch menschliches Gefühl.

WEINBERL. Ah was, nur alles mitg'nommen, im andern Zimmer drin wär' auch noch was.

MELCHIOR für sich. Der mit der Larven is ganz Teufel.

RAB. Nein, das wäre zu riskiert, mich überfällt so schon eine Unruhe, und das ist immer ein Zeichen –

MELCHIOR für sich. Bei dem is noch Besserung möglich.

WEINBERL. Die Stockuhr da drin sollten wir nicht auslassen.

MELCHIOR für sich. Der hat ein verhärtetes Gemüt.

RAB. Nichts da, wir müssen fort – Bleibt stehen. Hörst du? – Horcht gespannt.

WEINBERL. Es is nix, es kann nix sein.

MELCHIOR über Weinberl erbost die Faust ballend, für sich. Wenn ich nur den – Wirft durch seine unvorsichtige Bewegung einen Blumentopf vom Fenster herab.

RAB. Man kommt zum Fenster herein – schnell das Fersengeld.


Läuft zur Mitteltüre ab.


WEINBERL für sich. Du därfst mir nicht auskommen. Läßt den Sack liegen und läuft Rab nach.

MELCHIOR springt aus seinem Versteck hervor, und packt Weinberl, als er eben die Türe erreicht hat, am Genick. Hab' ich dich?!

WEINBERL. Au weh! was is das?!

MELCHIOR. Weil ich nur den hab'.


Zieht ihn mehr nach vorne.


WEINBERL. Auslassen, sag' ich, der andere is ja –

MELCHIOR. Ein Schnipfer, der zu Hoffnungen berechtigt, du aber bist ein Scheusal –

WEINBERL. Er erwürgt mich – zu Hülf! zu Hülf!

MELCHIOR. Mir gehn vor Wut die Kräften aus, zu Hülf! zu Hülf!

BEIDE. Zu Hülf! zu Hülf![495]


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 494-496.
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