Fünfzehnter Auftritt

[523] Die Vorigen, ohne Kathi.


STIFLER. Wir bringen also heute noch der baldigen Gebieterin dieses Hauses ein Lebehoch.

MADAME SCHLEIER. Meine Herren, Ihre Huldigung erfreut mich unendlich, und ich werde Ihnen stets eine freundliche Hauswirtin sein.

WIXER. Wirtin, das is das echte Wort.

MADAME SCHLEIER. Wir wollen einen kleinen, aber um so fröhlicheren Zirkel bilden.

WIXER. Das is das Wahre.

STIFLER. Jetzt lassen wir aber Freund Lips nicht länger schmachten.

MADAME SCHLEIER. Nicht wahr, die Viertelstunde is schon vorbei?


Zwei Bediente treten jeder mit 2 angezündeten Armleuchtern zur Mitte links ein, und stellen jeder einen auf den Tisch rechts und links. In den Kulissen Tag, im Hintergrunde bleibt es Nacht.


STIFLER zu Madame Schleier. Erlauben Sie mir, daß ich ihm sein Glück verkünde. Er öffnet in der Mitte rechts die Tür nach dem Speisesalon, und man sieht Lips auf einem Diwan ausgestreckt liegen und schlafen. Er schläft.


Die zwei Bedienten, welche die beiden andern Armleuchter nach dem Speisesalon tragen wollten, haben sich in dem Moment der Tür genähert, als Stifler selbe öffnete, so daß sie unwillkürlich den schlafenden Lips beleuchten.


SPORNER UND WIXER erstaunt. Er schläft.

MADAME SCHLEIER überrascht, und ihren Ärger kaum bezwingend. Er schläft! – das ist etwas stark.[523]

STIFLER. Ohne Zweifel hat ihn infolge der Gemütsaufregung und der eingetretenen Dunkelheit ein leichter Schlummer überfallen.


Lips schnarcht.


MADAME SCHLEIER. Das scheint schon mehr als ein Schlummer zu sein.

WIXER. Was man sagt, ein kompletter Schlaf.

STIFLER zu den Bedienten. Stellt nur die Leuchter hinein.


Die Bedienten stellen die Lichter in den Speisesalon.


MADAME SCHLEIER. Lassen S' mich allein, meine Herren, mit dem – Halbleise. Murmeltier.

STIFLER. Gehn wir zu den übrigen ins Billardzimmer.

WIXER indem er mit Stifler und Sporner durch die Mitte rechts in den Speisesalon nach rechts ab –, und an dem schlafenden Lips vorübergeht, den Bedienten, welche die Lichter in den Speisesalon gestellt, zurufend. G'schwind, Bediente, aufzünden beim Billard, eine à la guerre geht los.


Die Bedienten folgen ihm.


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 523-524.
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