[Nachspiel]

[291] Die Väter wollen abgehen, die andern stellen sich an zum Tanzen; zugleich verwandelt sich die Schäferhütte und mit selber die ganze Schaubühne in eine prächtig beleuchtete Weinlaube, daran eine Menge goldene Trauben zu sehen seind; anbei erscheinet der Monat Oktober in Begleitung der Treue, der Liebe, der Freude und der Verehrung. Alle in Schäferkleidungen.


OKTOBER.

Bleibt, Schäfer: Laßt euch nichts an eurer Freude stören.

Ich komme, und mein Licht soll euch die Ursach' lehren;

Ich muß vom höchsten Thron bis in die Täler gehn

Und komm auch her zu euch, nach eurer Lust zu sehn.

VEREHRUNG.

Willkommen, großer Herr und liebster Freund der Freude,

Auf unsre sanfte Flur und reine Schäferweide!

O liebsten Freunde: Nun reizt euren heißen Trieb

Zu neuen Feuer an.

TREUE.

Ihr habt die Tugend lieb,

Ihr seid ein wahres Bild der Unschuld und der Treue;

Die Demut zieret euch und stärkt mich auf das neue.

LIEBE.

Die Liebe, die den Strahl allein vom Himmel nimmt,

Ist frommen Schäfern nur zum wahren Schmuck bestimmt.

Das ist der Freundschaftstrieb; mit diesen reinen Flammen

Vereinigt sie die Pflicht und hält sie fest zusammen.

FREUDE.

Daraus entsteht hernach die Freude; und der Mut

Ist dankbar und erkennt die Wohltat und das Gut.

Dann öffnet sie den Mund, spricht aus erfreuten Trieben,

Wird herzhaft, zeigt die Treu', kann mit Verehrung lieben.

VEREHRUNG.

Es hat heut eure Lust ein Dankfest vorgestellt.

Ihr lobet die Natur, die durch die ganze Welt

Den Segen ausgestreut, ihr küsset mit Verehrung

Des Schöpfers reiche Hand für Güter und Ernährung.

Dadurch habt ihr mehr Wert, als es von außen scheint,

Ihr liebt auch und verehrt den unschätzbaren Freund;

In dessen Zeitmaß sich die Güter übergießen,

Daß sie von oben ab bis in die Täler fließen.

LIEBE.

Er bringt mit sich ein voll- und reichgesegnet Jahr;

Wir nehmen ganz entzückt sein hohes Dasein wahr.[291]

Die Tage, die zu dir in deinen Lauf gehören,

Sind voller Wichtigkeit.

VEREHRUNG.

Und würdig zu verehren.

Freund, sprich den redlichen und frommen Schäfern zu.

Sie kennen deinen Wert der Hoheit. Rede du.

OKTOBER.

Es lenkt auf mich die Welt die Augen und die Herzen,

Und ich schaff' ihnen Lust, ich seh' sie gerne scherzen.

Die Fülle meiner Zeit schenkt allen Überfluß,

Und diese würkt den Dank im fröhlichen Genuß.

Preßt meiner Trauben Saft, brecht Früchte, sammelt Garben,

Daß ihr nach meiner Zeit an keinem Gut dürft darben.

Mein Strom der Güter steht in seinem Lauf nicht still,

Indem ich das Geschöpf damit erhalten will;

Mein himmlisch Feuer wird beim irdischen ergötzen,

Erkennt ihr die Natur, euch in Verwundrung setzen.

Seid ihr durch Schuldigkeit in eurer Pflicht gelehrt,

So seid ihr auch dadurch der schärfsten Einsicht wert.

Ihr habt sie durch den Dank schon an den Tag gegeben,

Es füllet eure Brust ein heilig sanftes Beben;

Und ihr erinnert euch, was in der Zeit geschehn,

Und noch geschehen wird. Ihr wollt es nicht gestehn.

Weil ihr gehorsam seid; doch Freude, Treu' und Liebe

Und die Verehrung sagt mir eure wahre Triebe;

Des will ich Zeuge sein, mein Zeugnus gilt und bleibt

Bis in die späte Zeit, an die man alles schreibt.

Fahrt fort in diesem Trieb. Es soll euch nichtes stören;

Die Nachwelt wird man noch darüber jauchzen hören.

Bleibt nur der Tugend Freund, liebt euch vernünftig treu,

Und liebt auch mich zugleich. Ich werde für euch neu

Und komme euch zugut.

TREUE.

Freund: darf ich sie vertreten,

Ihr sanftes, gutes Herz hat mich darum gebeten.

Ja, weil sie meine Hand als wahre Treue führt,

Muß ich ihr Fürspruch sein. Dein Wort hat sie gerührt;

Sie freuten sich auf dich mit Ehrfurcht, mit Verlangen,

Und sonnen eifrigst drauf, dich würdig zu empfangen;[292]

Sie haben deiner Zeit die Stunden nachgezählt

Und keinen herrlichen, noch großen Tag verfehlt.

Sie schickten Lieb' und Treu' und Freude dir entgegen;

Ja, sie verspürten schon das zärtlichste Bewegen,

Noch ehe deine Zeit, dein prächtig Licht erschien,

Allein sie fühlten auch, daß alles ihr Bemühn

Verborgnes Feuer blieb, das keinen Schein könnt' zeigen.

FREUDE.

Ja! Freund, ihr rührendes, ihr still verehrend Schweigen

Verschließet zwar den Mund, jedoch das Herze nicht.

Die Freude, die durch mich zugleich aus ihnen spricht,

Hofft aus dem Überfluß von deinen reichen Gaben

Auch deiner Wiederkunft den öftern Trost zu haben.

LIEBE.

Der Liebe Zärtlichkeit hemmt Lob- und Freudenlieder;

Sie schlägt die Helden oft, geschweig' die Demut nieder;

Doch ringt sie um den Ruhm, wer besser lieben kann,

Und legt dem stärksten Trieb der Klugheit Zügel an.

VEREHRUNG.

Wann alle Pflichten recht um ihren Vorzug ringen

Und jede sich zuerst will in Erfüllung bringen,

So wirkt gemeiniglich doch dieser Grad nur still,

Weil man sich aufmerksam dabei verhalten will.

Laß meinen Freunden auch den Trieb zustatten kommen,

Die dich, noch eh du kamst, verehrend aufgenommen.

Gesetzt, sie täten nichts, als was die Unschuld tut,

Die ohne Forcht im Schoß der höchsten Weisheit ruht,

Und hätten weiter nichts als brennendes Verlangen,

Dich so in deiner Pracht mit Ehrfurcht zu empfangen,

So würden sie doch wert, daß in dem hellen Schein

Von dir auch ihre Pflicht könnt' jedem kenntlich sein.

OKTOBER.

Ihr denkt und redet wahr und sucht mit euren Gründen

Fast aller Menschen Herz recht feurig anzuzünden.

Ich find' euch allerseits, wie ich euch finden soll,

Und mach' euch nun entzückt das Maß der Freuden voll.

Ich weiß, warum ihr heut nur Schäferaufputz traget

Und kein heroisches, kein tragisch Lied gewaget.

Die Demut kleidet sich in Unschuld, Lieb' und Treu'

Und zeugt, daß ihr mein Licht zu hoch und herrlich sei,[293]

In prächtiger Gestalt sich in die Höh' zu schwingen;

Ihr wollt nur redliche und wahre Lieder singen;

Ihr denkt: die Sonne strahlt auf Wiesen und auf Klee

Und zieht das Niedrige auch liebreich in die Höh'.

VEREHRUNG.

Wir können dir zum Ruhm zwar sonst nichts weiter wagen,

Als Ehrfurcht für die Zeit in stiller Brust zu tragen;

Dein Segen fließt auch gern in ein gereinigt Tal.

Komm, unschätzbare Zeit, komm noch unzähligmal!

Dein reicher Überfluß und dein gekrönter Segen

Soll unser Herz durch sich zur Dankbarkeit bewegen.

Du zeigst in deiner Pracht die goldene Natur

Und zeichnest in dem Glanz der Freuden schönste Spur;

Ja, wir ergötzen uns sogar an deinem Schatten,

Du lehrst den besten Wunsch, an dem wir Mangel hatten.

Daß wir durchs Sichtbare den unsichtbaren Schein

Von deiner höhern Kraft

ALLE.

Demütigst dankbar sein.


Ende.
[294]

Quelle:
Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen. Reihe Aufklärung. Band 3Leipzig 1933–1935, S. 291-295.
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