Zweite Scene

[9] Mehrere Handlanger setzen sich an einen Tisch, links im Vordergrund. Datterich u.s.w. spielen fort.


ERSTER HANDLANGER zu Lisetten. Gäwwe-Se uns emol e Vertelche.

LISETTE. Mir verzappe kahn Schnaps.

ERSTER HANDLANGER. Net? Sieht seinen Kamaraden an. Zu Lisetten. No, wos howwe-Se dann?[9]

LISETTE. Nix als Wei.

ERSTER HANDLANGER. Als en Schoppe herwachse lasse, ahn for acht Kreizer.

LISETTE. Unsa Geringsta is zu zwelf.

ERSTER HANDLANGER. No, wann's net annerschter is, do hole-Se ahn.

ZWEITER HANDLANGER heimlich zu den Andern. Gell, ich hob's eich gedermt? Wehrt-er mit in's Betze gange, do hette mer dem Scheppe do sein Geburtsdook äwe so gut feiern kenne: jetz kannst- de bleche, Hannes.

ERSTER HANDLANGER. Ich wern mich doch, hol mich der Deiwel, net lumbe losse solle? Mammesell, wos kann mer dann zu esse krijje?

LISETTE. Ich will Ihne die Speiskatt bringe.

DRITTER HANDLANGER zum ersten. Du werscht die Krenk krijje!

ERSTER HANDLANGER liest halblaut die Speiskarte. Sponsau – Hahne – Be-af-steek – wos Deiwel is dann des, des laut jo wie e eigebahzt Kellerdihr – Haas – Gans – do mach ich mer all nix draus. Howwe-Se gute Hankees? bringe-Se Jedwedem ahn. – Brod brauche-Se kahns dabei. Er schenkt ein. Alleh, jetz singe mer ahns.

ZWEITER HANDLANGER. Do duhn mer owwer Die dort in ihrm Spiel stehrn.

ERSTER HANDLANGER. Des leit mer näwe enanner: mir vazehrn unser Geld grood so gut wie die. Alleh! Sie singen.


Lustig ihr Brihda,

Lustig, wos Dammstädta seyn!

Setzer eich nieda,

Trinkt ein Glas Wein!


Sie stutzen.


KNERZ sieht grimmig herüber. Wann die Kerl nor all Klees im Hals hette mit ihrm Gebrill!

DATTERICH. Des wehr-en wahß Gott kah Bosse.

ERSTER HANDLANGER. Kennt-er aach Bertrams Abschied? Singt.


Leb wohl, du deires Land, was mich geboren –

Ihr habt owwer aach werlich nor Stimme zum Keesfresse.


Singt.


Ich wor in Rom un Glickstadt sein Gefährte,

Drum will ich's nun in Ulrichstein ihm sein.[10]

DATTERICH. Der Stich is mei, – ich haw-en gedrumbt!

BENNELBÄCHER. Langsam, erlauwe-Se: Sie howwe vohrt kahn Drumb mehr bekennt. Ihne ihr Spiel is drunne.

DATTERICH. Mei vadammte korze Aage – ich hatt's for Kreiz gehalte.

KNERZ. Wie mer sich ehrlich dorch die Welt schafft, net wohr, Herr Datterich?

DATTERICH. Gott behiht, Freindche, uf Ehr, des war mei Absicht net. Ich will net hawwe, was recht is, des wisse-Se.

ERSTER HANDLANGER. Awwer etzt ufgemuckst – jetz kimmt des Schenst: des how-ich uf der Spachbricker Kerb zum erschte Mol singe hehrn. Singt.


Ridda, dreie Schwestaliebe, Schwestaliebe,

Widmet eich dies Herz, juchhe!

Widmet eich dies Herz.

Fodert keine andre Liebe, andre Liebe,

Denn es macht mir Schmerz, juchhe!

Denn es macht mir Schmerz.


DATTERICH. Gott, wos gehn die Limmel mit dem scheene Gedicht um! So ebbes sollt mer vabiete: kah Orjelmann un so Mensche derfte mer dem Schiller odder sonst Ahm von unsere Dichter sei Lieder errunner dudele, sonst deht ich-en de Takt dazu uf dem Buckel kloppe losse.

BENNELBÄCHER. Mir zu Gefalle derfte-se singe, wos-se wolle, nor sollte-se unser Spiel in Ruh losse.

DATTERICH. Jetz sinn-en Gottlob die Meiler gestoppt; sie fresse Hankees, daß-en der Stab zum Hals eraus kimmt.

BENNELBÄCHER. Iwwrigens spiel ich jetz net mehr. Mei Frah springt mer an de Kopp, wann ich noch lenger ausbleib. Lisettche, wos how-ich vadient?

LISETTE. Sechs halwe Schoppe – des macht sechs un dreißig, e Breedche – zusamme siwwen-un dreißig.

BENNELBÄCHER. Do hett ich mei Haushaldung zwah Daag mit fihrn kenne. Adjes, meine Herrn, en vagnihgte Nochmiddag!

DATTERICH. Komme-Se nach Drahse?

BENNELBÄCHER. Ehr wie net. Ab.

ERSTER HANDLANGER. Wos sinn mer schullig, Mammesell?[11]

LISETTE. Drei Kees un en Schoppe Wei – achtzeh.

ERSTER HANDLANGER. Hier. Zu den Andern, welche ebenfalls Miene machen, zu bezahlen. Ihr laßt eier Geld im Sark – heit loß ich kahn bezohle. Die drei Handlanger ab.


Quelle:
Ernst Elias Niebergall: Datterich. Berlin 1963, S. 9-12.
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