Von Schimpf das 65.

[48] Zwölf Nunnen für zwölf Pfaffen.


Uf das so wir vil von den München gesagt haben, so zimpt sich wol, das wir auch etwas von den Nunnen schreiben; wan als die Lerer sprechen, so gehören Münch und Nunnen zůsammen. Es was ein Kloster, sol man es anders ein Kloster heissen, ein Stifft, da waren Freifrawen yn, als ir vil in unsern Landen sein, der Edlen Spittal etc. Da was ein Edler, der dem Gotzhauß ab wolt ziehen und nemen, das sein Eltern dar hetten geben. Sie lagen in dem Rechten mit einander, und was vil daruff gangen. Der Eptissin ward geraten, sie solt fier die allerhübschesten Frawen, die sie het, wol ußstreichen und solt sie mit ir nemen und mit inen selber für den Fürsten kumen, sie würd ein gnedigen Herren finden. Sie volgt dem Rat.

Da sie nun also für dem Fürsten stůnd mit den fier stoltzen Frawen, da fragt sie der Fürst und sprach, wie vil gestielter und Chorfrawen het. Die Eptissin antwurt dem Fürsten und sprach mit Züchten: ›Unser sein 24 Frawen.‹ Der Fürst sprach: ›Wie vil haben ir Pfaffen und Caplön?‹ Die Eptissin antwurt und sprach: ›Gnediger Her, wir haben zwölff Pfaffen.‹ Der Fürst lacht und sprach: ›Das ist übel geordnet, es solt umbgekert sein.‹ Die Eptissin verstůnd, wa der Fürst hinuß wolt, und das er sie Hůren schatzt. Da sprach dy Eptissin: ›Nein, gnediger Her, es ist wol geordnet. Es sein zwölff Pfaffen, und hat jeglicher sein Frawen, und die überigen zwölff Nunnen sein für die Gest.‹ Da lacht der Fürst und sprach: ›Frau Eptissin, ir haben wol geantwurt. Gon heim, so wöllen wir mit dem Edelman verschaffen, das er euch mit Friden laßt!‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 48.
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