Von Schimpff das 145.

[99] Einer verbot seiner Frawen Dencken.


Wir lesen von einem Man, der verbot seiner Frawen, das sie nichtz solt gedencken. Es fügt sich uff ein Zeit, das sie in seinem Abwesen ein Hůn briet, das aß sie allein, und mit Forteil ließ sie die Hünerbeinlin uff dem Tisch ligen. Da der Man kam, da sahe er sie an und sprach: ›Frau, du möchtest mir doch etwas von dem Hůn behalten haben.‹ Die Frau sprach: ›Du hast mir doch dencken verbotten; darumb so dorfft ich nit an dich gedencken.‹ Also ließ er das Verbot ab.

Es sein vil Man, die gern wolten wissen, was ire Weiber würden thůn nach irem Dot, und sie wissen nit, was sie thůn, dieweil sie noch leben und bei[99] inen in dem Huß sein. Sie erzögen einander grose Liebe, dieweil sie noch bei einander sein, und ist aber bald uß nach irem Dot. Ee eins recht kalt würd, so haben sie ein andern Man oder ein andere Frawen.

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Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 99-100.
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