Von Ernst das 331.

[204] Der Prior henckt dem Ring Sorg an.


Es was ein Prior in einem Kloster. Wan es Abent ward und er das Kloster beschlossen het, und was den gantzen Tag hin und her gelauffen und het gelůgt, das alle Ding recht zügiengen, als dan solche Lüt in den Klöstern vil zů schaffen haben, das er vor zeitlichem Regiment nit rüwig betten mocht, so gieng er dan zů einem Ring an einer Thüren und hänckt die Schlüsel daran und befalch dem Ring alle seine Sorg, und kart er sich zů Got in seinem andechtigen Gebet.

Das kan aber nit jederman, aber als vil als müglich ist. Wan ein Mensch wil in die Kirchen gon betten, so sol er seine zeitliche Sorg daheiman lassen und sol sprechen zů seinen Gedencken: ›Lassen mich růwig! Ich hab jetz anders zů schaffen.‹

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 204.
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