Von Schimpff das 444.

[261] Uß eim Feind macht er ein Fründ.


Es was ein Burger, der was einem andern Burger feind, und was er im wüßt zů Leid zů thůn, das thet er. Und gewan dannocht nichtz an im; erthet im alwegen zweimal als vil dargegen. Der Burger beklaget sich uff einmal gegen seiner Hußfrawen, wie er seinem Feind nichtz an möcht gewinnen. Die Frau sprach: ›Ich wil dir ein gůten Rat geben. Thů du, wie die Artzet thun! Wan sie kalte Matery bruchen und wil sie die kalte Matery nit helffen, so bruchen sie heisse und hitzige Materi. Also thu du auch! Du kanst in nit überwinden mit Boßheit; so versůch die Gütikeit und Früntlichheit, so würstu in überwinden.‹ Der Man thet es, und die zwen wurden in kurtzer Zeit wol eins und gůte Fründ mit einander.

Also die Frawen künnen auch etwan gůte Rät geben, aber selten. Der erst Rat, den ein Frau gibt, der ist gemeinlich der best. Wan wen sie sich lang sol bedencken und sagen, welcher Rat der best sei, besunder wa zwen oder drei Weg sein, so weiß sie nit, welcher der best ist.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 261-262.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Schimpf und Ernst
Sinnreiche Und Unterhaltende Geschichten Aus Frater Johannes Pauli's Schimpf Und Ernst
Schimpf und Ernst