Von Schimpff das 452.

[266] Nach Essens was er nit der, der an dem Morgen geprediget het.


Es was ein Priester, der het gar geistlich und gar wol gepredigt, und nach dem Imbis da treib er den Gauch mit den jungen Gesellen, als die Fulbruck springen oder Keglen etc. Das sah ein alt Weib, das sprach zů demselben Herren: ›Ir sein nit der Her, der hüt gepredigt hat.‹ Der Priester sprach: ›Warumb bin ich es nit?‹ Das alt Weib sprach: ›Darumb. Wir haben ein Priester in unserm Dorff; an dem Morgen hat er Meß, und nach dem Imbiß laufet er zů den jungen Frawen und greifft inen in den Busen, etc. Und wan man in fraget, ob er der sei, der an dem Morgen Meß hab gehebt, so spricht er, nein, er sei nit derselbig; an dem Morgen sei er ein Priester, und nach Mittag sei er ein junger Gesel. Also gedacht ich, ir weren auch nit der, der hüt gepredigt hat.‹

Das was im und ist noch allen Priestern ein Schand, das sie thůn, was sie verbieten. Hie weren vil Exempel zů geben in allen Lastern, ist aber nit not. Merck selber!

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 266.
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