Von Schimpff das 651.

[362] Seiner Můter bracht einer Brot.


Es was ein Landschweiffer, het ein arme Můter in einem Dorff. Die sprach zů irem Sun: ›Du bist alwegen fol, und leid ich so großen Hunger. Das Korn ist thür, ich wolt doch gern einmal genůg Brot essen.‹ Der Sun sprach: ›Ich will dir Brotz genůg schaffen uff acht Tag.‹ Und gieng in die Stat, gesellet sich in eins Thůmherren Hauß, gieng uß und yn, als ob er sein Knecht wer. Uff einmal da gieng er zů des Herren Brotbeck, bracht ein Sack und sprach: ›Mein Her hat vil Gest geladen und spricht, ir sollen mir den Sack vol Brotz geben und den Knaben mit mir lassen gon, so wil er euch das bar Gelt schiken.‹ – ›Gern‹, sprach der Beck. Diser nam das Brot uff sich und zoch dahin, der Knab mit im. Da er kam zů einer Mistlachen, da ließ er zwei Weißbrot fallen, die warden beschissen, wan der Sack was darzů gmacht. Er stalt das Brot uff ein Laden und sprach: ›Ich gedar meinem Herren die Brot nit bringen. Lauff bald heim und wechsel mir die! Ich wil dein hie warten.‹ Der Knab det es. Da er hinweg kam, da warff der den Sack mit Brot uff ein Karren, der stůnd daselbst. Und ward das Brot der Můter, da het sie ein Weil daran zů essen.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 362-363.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Schimpf und Ernst
Sinnreiche Und Unterhaltende Geschichten Aus Frater Johannes Pauli's Schimpf Und Ernst
Schimpf und Ernst