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[40] Ein gedrittes Lied, Im langen Thon Marners.
Die fröligkeit erkent man sein,
An den Menschen auff Erd,
An Thier vnd Vogeln groß vnd klein,
So fliegen vnterm Himel werd,
Gemeiniglich an dem Gesang,
Wenn sie singen mit heller stimm.
Auch gefelts Gott dem HERRN rein,
Vnd Gsang von vns begert
Wenn wir jm Psalmen singen sein,
Wie Dauid sang war vnbeschwerd,
Von bannen kam der Harffen klang,
Seitenspiel vnd Glocken vernim.
Damit man Gottes lob anzeigt,
Darumb mit Hertz vnd Mundt,
Schreyet zu Gott, Singet vnd lobet jn all stundt,
Wie auch die Engel thun,
Die im Himel sungen Gott lob,
Auch Jhesu Christo seinem Suhn,
Deßgleichen auch dem heilign Geist
Den geliebt Gsang allzeit,
Darumb bereit,
Bin ich zu erkleren gar weit,[40]
Wie man mit Meistergsang außbreit,
Gottes Wort vnd sein Lob vnd Preiß,
Darumb ich der Straff vnterscheidt,
Was jr Tabulatur anlang,
Wil vermelden ohn haß vnd grimm.
2.
Die Singer sollen achtung han,
Auff die hoch Deudsche sprach,
Das sie sie bringen auff die bahn,
Sie schlecht der Grammatica nach,
Vnd zeiget an rechten verstandt,
Mehr als die andern Sprachen all.
Falsch Kätzerisch meinung las man,
Falsch Latein ist gros schmach,
Blinde meinung die thut von dann,
Blinde wort sind strefflich zu rach,
Halbe wort sind strefflich allsand,
Darauff hat achtung in dem fall.
Die falschen Laster straffet auch,
Welche verendern hie,
Die Vocales dergleichen auch die Diphthongi,
Falsches Gebänd dergleich,
Auch Gantz vnd Halb Aequiuocæ,
Blosse Reimen sind streffickleich,
Dergleichen auch Stutz oder Pauß,
Wo kein Pausa sol sein,
Auch strafft allein,
Zwen Verß in einem Odem rein,
Auch straffet die Milben gemein,
Wenn man eim Wort das N abbricht,
Zu Kurtz zu Lang straffet auch sein,
Hintersich vnd Fürsich genand,
Das sol man straffen alle mal.
3.
Zu Lind vnd Hert straffet auch fein,
Auch straffet welcher bringt,
Zu Hoch vnd Nidrig das Lied sein,[41]
Auch straffet welcher Redt vnd Sngt [so für: Singt].
Auch straffet der Thön Verendrung,
Straffet auch Falsche Melodey.
Falsch Blum vnd Coloratur klein,
Straffet wenn sie erklingt,
Außwechßlung der Lieder gemein,
Wer Irr wird vnd vom Stul entspringt.
Das seind die Straffen nach Ordnung,
Nun hört der Versen Sechßerley.
Der mus man fleissig nemen war,
Die Stumpff Versen versteht,
Haben gerad, wofern nicht ein Pauß vorher geht,
Klingende Versen han,
Vngrad wo nicht vorgeht ein Pauß,
Waisen im gantzen Lied bloß stan,
Ein Korn bind sich durch all Gesetz,
Pausen ein sylbig sind,
Schlag Versen Lind,
Die haben zwen Sylben ich sind,
Wer vermeid all die Straffen gschwind,
Auch die Sechßerleh Verß im Gsang,
Mit Zal vnd Maß recht singt vnd bind,
Der Singer sey Alt oder Jung,
Den mag man reumen kunstreich frey.
Anno salutis 1568. 28. Nouembris.
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