Vierter Auftritt.

[13] Philipp. Heinrich.


PHILIPP

Gott! er selbst!

HEINRICH.

Erkenne mich!

PHILIPP.

Du, theurer Waffenbruder,

In diesen Mauern, wo der Tod dir droht?

Wo gegen dich heut Bann und Acht erneut?! –

Dein Leben ist verwirkt! –

HEINRICH.

Ich ruh' in Freundes Arm!

PHILIPP.

Wie konntest du entflieh'n?

HEINRICH.

Als Troubadour,

Wie du mich siehst, bin heimlich ich gekommen

In dem Geleit des Herzogs von Burgund;

Doch hab' ich ihn und er mich nie gesehn.

Die Welfen nah'n – des Kaisers Heer in Welschland – –

Nichts rettet ihn vor ihrer Uebermacht;[13]

Drum eil' ich schnell in's Lager meines Vaters,

Ihn anzufleh'n, daß er sich unterwerfe.

PHILIPP.

Großherz'ger, edler Freund, so eile denn!

HEINRICH.

Zuvor zu Agnes! – Ach sie wiedersehn!

PHILIPP.

So weißt du nicht was Frankreichs Bote will?

Er wirbt um Agnes Hand für seinen Herrn.

HEINRICH.

Wie, Er, der Kaiser, raubt mein Alles mir?

Beim ew'gen Gott, es darf nicht sein!

Arie.


Dem Leben will ich gern entsagen

Doch meiner Agnes nimmerdar!

Ihr Blick soll nicht mehr für mich tagen?

Ihr Rosenmund mir nicht mehr sagen,

Was schon des Jünglings Wonne war?

Ich schau'te trunk'nen Blicks des Paradieses Freuden,

Und soll sie nun auf ewig meiden?

Kein Cherub ist's, kein Flammenschwert,

Das mich von Edens Schwelle wehrt. –

Ich will den Blüthenkranz erringen,

Den freundlich mir das Schicksal wand! –

Tyrann! Du sollst es nicht vollbringen,

Der Tod allein löst dieses Band![14]

PHILIPP.

Nicht der Verzweiflung gieb dich hin, entflieh'!

HEINRICH.

Vorher zu Agnes.

PHILIPP.

Flieh!

HEINRICH verzweifelnd.

Grausamer Freund!

Du widerstehst? – So willst du meinen Tod!

PHILIPP

Wohlan! mein Leben gilt's, – doch sei's! – zu Agnes!

HEINRICH.

Die Freundschaft siegt!

PHILIPP.

Gedenkst du noch des Schwurs?

Duett.


PHILIPP.

Als wir, von Blut umflossen,

Den Bund der Waffen schlossen,

Da ward ich dein, du mein!

HEINRICH.

Als wir im Feld der Todten

Die Bruderhand uns boten,

Da galt das Herz allein.[15]

BEIDE.

Dies Band soll ewig binden!

So soll der Tod uns finden

Auf uns'rer letzten Wacht.

Und wenn kein Tag mehr scheinet,

So schlafen wir vereinet

In eines Zeltes Nacht.


Beide Arm in Arm ab.


Verwandlung.

Agnesens Gemach.


Quelle:
Gaspare Spontini: Agnes von Hohenstaufen. Berlin 1837, S. 13-16.
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