[70] Vorige. Agnes. Heinrich, von französischen Rittern begleitet. Später ein schwarzer Ritter. Dann der Erzbischof.
CHOR DER FÜRSTEN UND RITTER sobald sie Heinrich erblicken.
Er ist's, er kommt!
CHOR DER FRAUEN.
Die Fürstin ist's!
DIE FRANZÖSISCHEN RITTER.
Wir fanden auf der Flucht dies Paar,
Schon im Begriff, sich einzuschiffen.
HEINRICH.
Ich flieh'n? Ihr lügt!
Nur mein ist dieser Kampf!
KÖNIG.
Ha, endlich Feiger!
KAISER für sich.
Teuflischer Verrath!
AGNES
O Mutter hilf!
IRMENGARD.
Weh! hier mein armes Kind!
DER SCHWARZE RITTER.
Wohl mir! noch ist es Zeit![70]
DIE FRANZÖSISCHEN RITTER zu einander.
Habt Acht auf unsern königlichen Herrn!
Ihm droht Gefahr! – die Faust an's Schwert!
DIE DEUTSCHEN RITTER.
Der Welfe siegt! – die Franken sind ergrimmt!
Mit Vorsicht schaut umher, uns droht Verrath!
KÖNIG. dessen Schwert im Kampfe zerspringt.
Ein Schwert! ein Schwert!
HEINRICH.
Du stirbst!
DIE FRANZÖSISCHEN RITTER zu Heinrich.
Zurück!
Der König ist's!
ALLE.
Wie? – Frankreichs König?!
KAISER.
Wie? – darf ich's glauben? – In dem Abgesandten
Seh' ich den König selbst? –
KÖNIG.
Ich bin's.
Vergebt! – Ich wollte ungekannt,
Der Fürstin Liebe mir gewinnen.
HEINRICH.
Den Retter meines Lebens wollt' ich morden? –[71]
KÖNIG.
Ja, undankbarer, ehrvergess'ner Fürst!
HEINRICH.
Vergebung, hoher Herr, ich sah Euch nie,
Und wußte nicht, daß Ihr der König seid!
KAISER zum König.
Wie gleich ich aus, was Euch geschehn?
AGNES zum König flehend.
Vergebet ihm, o sprecht ein Wort der Gnade!
Er fehlte unbewußt, bereut die That.
HEINRICH.
Vergebet mir! o sprecht ein Wort der Gnade!
Ich fehlte unbewußt, bereu' die That!
KAISER.
Wie? – sollt er ihm die Frevelthat vergeben? –
Doch nein, sie fordert des Verräthers Blut!
KÖNIG für sich.
Und wäre Schwäche nicht solch' eine Gnade? –
Doch soll mit ihm auch Agnes untergehn? –
IRMENGARD, PHILIPP UND CHOR.
Es ist um ihn geschehn, wenn nicht die Gnade
Des Königs ihm erläßt die schwere Schuld![72]
DER KAISER zu Agnes.
Hinweg mit Dir!
AGNES.
So wißt, – ich bin – –
KAISER.
Hinweg, die schmachvoll sich entehrt! –
HEINRICH.
Entehrt?!
ALLE.
Weh' ihr! entehrt!
AGNES.
Weh' mir!
KÖNIG zum Kaiser.
Ihr seid zu streng!
PHILIPP.
Weh' ihr!
Für sich.
Grausamer Bruder!
IRMENGARD.
Wer sagt entehrt? – nicht schweig' ich länger; –
Die Ehre will's. – Sie ist vermählt.
ALLE.
Vermählt?!
HEINRICH.
Mit mir im Angesicht des Herrn!
KAISER.
Ha, neuer Trug mich zu berücken!
DER ERZBISCHOF.
Mit Heinrich, den ihr Herz gewählt,
Vereinte sie des Himmels Segen.[73]
KAISER.
Vermess'ner Priester! zitt're vor des Kaisers Zorn!
ERZBISCHOF.
Der Gottgeweihte steht in Gottes Hand!
IRMENGARD.
Nur ein Tyrann kann glauben,
Es sei so leicht, ein Kind der Mutter rauben;
Sie lasse stürzen in ein frühes Grab
Das einz'ge Kind, das ihr der Himmel gab!
KAISER auf Agnes zeigend.
Hinweg mit ihr! In Klostermauern
Soll sie des Lebens Rest vertrauern.
ALLE.
Welch Schreckenswort!
KAISER.
Auf, reißt sie fort!
KÖNIG zum Kaiser.
Hemmt Euern Zorn!
IRMENGARD.
O Tytannei!
Zum Kaiser.
Ihr mordet hier das Kind dem Vater
Der fern für Euch sein Leben wagt.
DIE FÜRSTEN zum Kaiser.
In Welschland für Siciliens Thron.[74]
IRMENGARD.
Ha, Fürsten, könnt Ihr das erdulden?
Fluch ist es, Mutter dann zu sein!
Agnes umschlingend.
Doch wag' es Einer, sie ist mein!
KAISER.
Und bleibt es auch; wie ihr Verschulden
Theilt auch ihr Loos.
KÖNIG.
Ha, blinde Wuth!
FÜRSTEN.
Wir dulden's nicht. Es fließe Blut.
KAISER zu den Fürsten.
Ihr Meut'rer zittert! Euch zum Hohn
Empfange Heinrich den verdienten Lohn.
Er sterbe! – fort!
Die Trabanten schreiten vor, um Heinrich zu ergreifen, und ihm sein Schwert zu entreißen. Der schwarze Ritter faßt zornig an das seine. Agnes sinkt bewußtlos in ihrer Frauen Arme.
ALLE.
Welch' blut'ger Hohn!
FÜRSTEN zum Kaiser.
Ihr habt Euch selbst den Stab gebrochen.
KAISER.
Das Todeswort habt Ihr gesprochen!
KÖNIG.
So werden Eide hier gebrochen?
IRMENGARD UND ERZBISCHOF.
Welch' schwarzer Tag ist angebrochen![75]
PHILIPP.
Welch frevelnd Wort ward ausgesprochen!
FÜRSTEN UND DEUTSCHE RITTER.
Ha, widerruft den Blutbefehl!
KAISER.
Trabanten auf! –
FÜRSTEN UND DEUTSCHE RITTER die Schwerter gegen die Trabanten ziehend, die auf sie eindringen wollen.
Blut dann für Blut!
DIE UEBRIGEN MIT DEN FRAUEN.
Hemmt Eure Wuth!
HEINRICH zu den Fürsten, von denen mehrere gegen den Kaiser vordringen, indem er mit gezogenem Schwert vor ihn tritt, um ihn zu schützen.
Erst soll, wer ihn berührt, mein Biut verspritzen!
FÜRSTEN UND DEUTSCHE RITTER zu Heinrich.
Wie? – der Dich morden will, den willst Du schützen?
PHILIPP.
Treu bleibt er, wo man heil'ge Eide bricht!
KAISER das Schwert ziehend.
Rebellen! weicht zurück! – – –
HEINRICH zu den Fürsten.
Ja, freudig geb' ich hin mein Haupt, daß Ihr[76]
Dem Kaiser nicht die Fürstentreue brecht.
Mit tiefster Wehmuth den Blick gen Himmel gerichtet.
O theurer Vater! – O geliebte Gattin! –
Lebt ewig wohl!
Schreitet entschlossen auf die Trabanten zu, um sich ihnen zu übergeben.
Jetzt fort zum Tode!
DER SCHWARZE RITTER.
Nein, nicht zum Tode; bleib!
AGNES.
Gott! – – –
HEINRICH
Mein Vater!
KAISER.
Verruchte Frevler!
ALLE.
Ha, der Löwe!
HEINRICH DER LÖWE.
Seht hier den Schreckensboten, der im Lager
Verkündete mir Euren Blutbefehl,
Dem nach mein Sohn dem Henkerbeil verfallen!
HEINRICH DER SOHN UND THEOBALD.
Gerettet hat Dich / mich Gott!
HEINRICH DER LÖWE.
Und zweifelt Ihr, daß in der Brust des Löwen
Das Vaterherz sich regte? daß wie Sturmwind[77]
Mit seiner Heldenschaar er kühn herbeiflog? –
Indeß Ihr hier bei'm blut'gen Feste weilt,
Hat Mainz die Thore meinem Heer geöffnet!
Ihr seid in meiner Macht!
KAISER.
Ha, stirb Verruchter!
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