[314] Fortunatus und die Vorigen.
FORTUNATUS. Habt ihr den Vogel angetroffen?
MIRAX. Ja, mein Herr Kapitänleutenant, wir haben ihn noch ergattert.
FORTUNATUS. Was zum Henker sein das für Sachen da?
MIRAX. Das ist unsere gute Wäsche, die hat der Vogel alle mit eingepackt.
FORTUNATUS. Was ist denn dieses hier?
MIRAX. Kennt denn der Herr Kapitänleutenant das Ding nicht?
FORTUNATUS. Je, das ist ja meine Sonntagsschärpe, welche mir der Herr Graf geschenket hat. Ei, ei, bist du nicht ein Vogel?
MUMMELMÄRTEN. Laßt Euch's lieb sein, Herr Kapitänleutenant, daß Ihr sie hier antrefft. Ich habe es zu Euern Besten getan, daß ich sie so lange bei mir aufgehoben habe.
FORTUNATUS. Ei, du bist der rechte Aufheber, du.
MUMMELMÄRTEN. Warum nicht? Denn wenn Ihr sie bei der Hand gehabt, Ihr hättet sie doch nur versetzt oder um ein liederlich Geld im Wirtshause verkauft. So aber habe ich sie Euch nur aufgehoben.[314]
FORTUNATUS. Heißt denn das aufgehoben, wenn man eines andern seine Sachen heimlicherweise wegnimmt?
MUMMELMÄRTEN. Zum wenigsten wird es auch kein Diebstück sein.
FORTUNATUS. Was wär es denn sonsten?
MUMMELMÄRTEN. Je, wenn Ihr's so nehmen wollt, so seid Ihr eben auch ein Dieb.
FORTUNATUS. Je, du Vogel du, halt's Maul.
MUMMELMÄRTEN. Als wenn es irgend nicht wahr wäre mit dem Petschafte.
FORTUNATUS. Was denn vor ein Petschaft?
MUMMELMÄRTEN. Ei ja doch, habt Ihr nicht neulich des Grafens sein Petschaft in den Wirtshause einen Parückenmacher vor vier Gr. verkauft?
FORTUNATUS. Was sagst du?
MUMMELMÄRTEN. Was sagst du? Als wenn es irgend nicht wahr wäre. Der Mann hat mir's selbst gesagt, er wird mir's nicht aus den Fingern saugen. Ihr habt's ihn erstlich vor einen Thl. geboten. Hat denn der Graf davon ein Wort gewußt?
FORTUNATUS. Das ist mit des Herrn Grafens seinen Konsens geschehen, und darum hast du dich nichts zu bekümmern.
MUMMELMÄRTEN. Wo will denn der Herr Graf was davon gewußt haben, denn wie er Euch gestern, da der Befehl wegen des Hasenschießens sollte gesiegelt werden, fragte, wo sein Petschaft wäre, so sagtet Ihr heimlich zu ihme, es stünde mit versetzt. Allein ich wußte es besser. Wenn ich Euch da nun auch hätte beschämen wollen, was würden denn die Leute gedacht haben?
FORTUNATUS. Je, du Bestie du, halt's Maul. Fort, ihr Kammerdieners, zieht dem Vogel die Livrei aus, mein gnädiger Herr will es haben, und laßt den Dieb hernach an Galgen laufen. Geht ab.
PAMPHILIUS. Fort, raus mit der Jacke, der Grafe will's haben. Ziehen ihn aus.[315]
MUMMELMÄRTEN. Da, nehmt die alte Hülle immer hin, wenn ich sie nicht behalten soll. Sie ist ohnedem nicht sechs Pf. wert.
NARUFFSKY. Genug, daß es der Graf so befohlen hat.
MUMMELMÄRTEN. Da habt Ihr sie, tragt sie Euern Grafen hin und sprecht, er soll sie in seine Glücksbude hängen. Vielleicht gewinnt er damit seine Sachen wieder.
MIRAX. Mit solchen Reden kannst du Vogel nur stille schweigen, oder wir werden dir zu guter Letzt noch einen Buckel voll Schläge mit auf den Weg geben.
MUMMELMÄRTEN. Tut's, wenn Ihr's nicht lassen könnt.
PAMPHILIUS. Wir hätten keine Ehre davon. Wenn du aber ein rechtschaffener Kerl wärst wie wir, so solltest du schon längst ein paar Ohrfeigen weg haben. So aber bist du nur ein Junge.
MUMMELMÄRTEN. Wenn ich gleich ein Junge bin, so hab ich doch von dem Grafen nicht so viel Ohrfeigen gekriegt als Ihr.
MIRAX. Geht nur fort, Ihr Herrn, nehmt Euere Sachen und vermenget Euch nur nicht weiter mit ihm. Es hat keiner keine Ehre davon. Nehmen ein jeder seine Wäsche und gehen davon.
MUMMELMÄRTEN. Nehmt die lausigten Lumpen immer hin, wenn ihr mir sie nicht lassen wollt. Ich will doch wohl sehen, wo ich andere kriege. Dasmal so einen Grafen gedienet und nimmermehr wieder! Ich will zehnmal lieber bei Hofe einen Pagen aufwarten als so einen Herrn; da habe ich doch satt zu fressen und darf mir den Hunger nicht durch Stehlen vertreiben. Daß des Grafens beide Läufer ihren Abschied auch hinter der Türe genommen haben, hat sie nichts anders als der liebe Hunger darzu gebracht, und wenn er sie anträfe, er ließe ihnen die Livrei eben auch ausziehen. Aber es mag immer sein; was frage ich nach den alten schäbigten Rocke, bin ich doch mit allen Pagenjungen bekannt, und der eine ist auch mein Vetter. Zu dem will ich hingehen und ihm mein Unglück klagen, vielleicht hilft[316] er mir, daß ich auch ein Pagenjunge werde; wenn ich mich gleich von dem Pferde auf den Esel setzen müßte. Gehet ab.
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Graf Ehrenfried
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