Neunter auftritt

[246] Longinus. Nicodemus. Haubtmann. Nathan. Amos.


LONGINUS.

So ist es würckhlich schon geschehen,

Das Magdalena ihn gesehen,

NICODEMUS.

Ja herr, der meister ist im lebn,

Sie thuet geschworne zeignuß gebn.

LONGINUS.

Ich kan mich leicht bereden lassen,

Mich heißt das wunder glauben fassen,

So durch des bluths vergoßne Macht

Mir widrum das gesicht gebracht.

JOSEPHUS ab Arimathia.

Mir kan mein Meinung niemandt rauben,

Ich mus doch seiner Mutter glauben

Die ewenfahls mich hat vergwißt,

Das er ihr selbst erschinen ist.

Die frau schwebt also in den freyden,[246]

Als wan an ihren sohn kein leyden,

Kein Marter todt, kein wuth noch pein

Jemahls sollt vorgegangen sein.

HAUBTMANN gehet heraus mit Amon und Nathan mit denen er redet.

Hier werdt ihr mehrer Zeugen finden,

Die euch mit guten wahrheits gründen

Erweisen, und bekennen frey,

Das Christus auferstanden sey.

NATHAN.

Wie? Wo? was können sie erweisen,

NICODEMUS.

Wan euch kein herz von stein, und eysen

So fiel euch von sich selbsten bey,

Das seine Urständt richtig sey.

So aber mus ich euch bekennen,

Wie das der herr der Magdalenen

Auch seiner Mutter nach dem todt

Erschinen sey als mensch, und gott.

AMOS lachet.

Mus lachen über dise lehren,

Und fablhaffte weiber mähren,

So hats ein Weib dahin gebracht,

Das ihr die sach vor richtig acht.

Ihr arme männer wie verlassen

Thuet ihr ab dem ein Urtheil fassen,

Was nur die phantasey erpreßt,

Nichts als ein lehrer traum geweßt.

Ich bitt euch eurer ehr zu schonen,

Glaubt fernere nicht so unbesonnen,

Damit euch nicht so jung als alt

Vor kurz gesinnte weiber halt.

LONGINUS.

Holla! gemach mit disem sprechen,

Sonst mus ich mit dem eysen rächen,

Die lasterzung, so hier zu vill

Vor männern sich erfrechen will.

Ich müßt auf euren nacken blüzen,

Umb die ehr gottes zu beschüzen,[247]

So euer unverschämter mundt

Zu schimpfen hier sich unterstundt.

Wie könnt ihr wohl von uns gedenken,

Wür glauben lähren weiber ränken,

Indem doch die Vernunfft uns tröst,

Das Christus mensch, und gott geweßt?

Will euren glaubn kein aussag stärken,

So glaubt doch denen wunder werken.

Glaubt disem aug, glaubt disem liecht,

Das eure dückh, und bosheit siecht.

Was soll bey so gestalten sachen,

Die Urständt wohl ohnmöglich machen?

Kan ihm, was gott doch allgemein

Wohl dises werckh ohnmöglich sein? – –


Sie schweigen.


Sagt, redet, wan ihr reden kennet,

Wan es euch das gewissen gönnet,

Das den Vernunfft euch so verblendt,

Und von dem wahren gott getrennt.

NATHAN.

Was Priester, fürsten, Rhats genossen

Einhellig aus dem Recht beschlossen,

Wo schrifft, und stimmen treffen ein,

Das kan wohl kein Verblendung sein.

HAUBTMANN.

Wo neyd und haß zusam geschworen,

Wo die Vernunfft das liecht verlohrn,

Da ist kein recht gefaßter schlus,

Kein Urtheil dem man glauben mus.

Ihr habt an ihm nichts können finden,

Das euch zu solcher Rach verbinden

Das euch, wie ihr behaubten wollt,

Zu seinen todt vermögen sollt.

Ihr habt aus seinen todt erfahren,

Wie trifftig eure stimmen waren,

Er lehrte euch durch sein gedult,

Was euer wuth an ihm verschuldt.

LONGINUS.

Was wüll man hier vill worth verlihren,

Laßt sie m der Verstockung irren,

Wür gehen hin an jenes orth

Wo man recht glaubt an gottes worth. – –


Gehen ab.
[248]

AMOS.

Wie stehst du freindt! nun in gedanken?

Will dir das herz, wie mir auch wancken?

Es bricht in mir fast alle krafft.

NATHAN.

Auch in mir aller muth entschlafft.

Die wahrheit dir dan zu bekennen,

Was ware unser ganzes sennen?

Als ergeiz, lugen, Neyd, und lüst,

Wodurch der man getödtet ist?

AMOS.

Die Priester haben uns verführet,

Sie haben uns das herz gerühret:

Sie haben uns dahin gebracht,

Das wür ein solchen schlus gemacht.

Doch wie? ist diß nicht ein versuchen,

Das mit der zeit noch zu verfluchen?

Ist dan die Urständt wirkhlich wahr?

NATHAN.

Mein freund wür stehen in gefahr,

Dan wan ich alles über lege,

Und was geschehn bey mir erwege,

So find ich, und sag ohne scheu

Das er ohn schuldt gestorben sey.

Ist eines wahr, so kan auch ewen,

Des andren wahre folg sich geben,

Wan er gestorbn als mensch, und gott,

Das er erstanden von dem todt.

AMOS.

Ja ja mir sagt mein angst und schröcken

Sein Macht thätt sich dahin erstreken,

Wür wollen sehn ob unsre freindt

Auch schon von dem berichtet seindt.

NATHAN.

Soll dises würckhlich sein geschehen,

So wird ein großer brandt entstehen,

Weh dem, der es empfinden mus.

AMOS.

Das laster hat schon ihre bues.


Ab.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 246-249.
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