Zehender auftritt

[249] Die Apostlen zu welchen Cleophas und Lucas. Hernach Christus endlichen Thomas. Der schlus wirdt aufgezohen, die Junger Christ (ausgenommen Thomas) sizen in dem speis saal umb den tisch, auf welchen ein bratfisch, und ein hönigseim.


PETRUS.

Ach gott! was haben wür verbrochen,

Das, was du doch so offt versprochen

Dein Urständt uns so lang verhüllst,

Und unser hoffnung nicht erfühlst?

Du fühlst ja unser banges sennen,

Du sichest unsre heiße thrännen,

Durch welche wür dich unser licht

Erwarthen, und erwarthen nicht.

Ich bin schon hin, und her geloffen,

Hab dich doch nirgends angetroffen,

Mein Meineyd ist hald schuldt daran,

Das ich dich nicht erbliken kan.

Doch was hat dise schaar verübet,

Die dich allzeit so trey gelübet?

Bin ich nur würdig meiner Noth,

So zeig dich ihnen großer gott.

Jedoch ich hoff, was ich verbrochen,

Sey durch mein nasse Reu gerochen,

Du denckst nicht mehr, was nicht mehr ist,

Weill du mit mir barmherzig bist.

So halt, was du dir vorgenommen

Und thue doch einmahls zu uns kommen

Verweile nicht mehr, dan firwahr

Ein jede stund ist uns ein jahr.


Cleophas gehet schnell herein.


CLEOPHAS.

Ach! liebste Brüder euch erfreyet,

Den herrn lobt, und Benedeyet,

Weill er erstanden von dem todt,

Als ein sigreicher, starker gott.

PETRUS.

Diß ist, was wür so sehr beginnen,

CLEOPHAS.

Er ist uns auf den weeg erschinen,

Nach Emmaus, und gieng ganz allein

Mit uns bis in die statt hinein.[250]

ANDREAS.

Wie? euch erschinen?

PETRUS.

Und dermaßen?

PHILIPPUS.

Nacher Emmaus?

JACOBUS ¸.

Kans nicht fassen.

JACOBUS M.

Der herr soll euch erschinen sein?

SIMON.

Er gieng mit euch zum thor hinein?

LUCAS.

Ja Brüder jedoch auf der straßen

Wollt er sich nicht erkennen lassen.

Indem er sich zu uns gemacht,

In einer fremden Pilger dracht.

Den ganzen weeg den wür da machten,

War nur die red von der vollbrachten

Creuzigung, und wie der herr

Ohn alle schuldt gestorben wär.

Da hat er uns bey allen disen

Ganz gründlich aus der schrifft erwisen,

Das damahl schon die ganz geschicht

Uns die Propheten vorbericht.

PETRUS.

Und ihr habt ihn noch nicht erkennet?

CLEOPHAS.

Nein: weill er sich niemahls genennet.

Und unser aug noch immerdar

Verblendt, und eingehalten war.

Das herz war freylich ganz entzündet,

Da er uns dises alls verkündet.

Doch fiele keinen aus uns bey,

Das diser unser Meister sey.

BARTHOLOMÄUS.

Wie könnt ihr es dan also sagen?

CLEOPHAS.

Beym essen hat sichs zu getragen.

Da er das vorgelegte brodt

Namm in die handt, und danckte gott.[251]

Er brach es wie vorhin geschehen

Aus welchen wür ihn Clar ersehen.

Doch kennten wür kaum sein gestalt,

Verschwandt er vor uns alsobaldt.

Wür eylten also was wür kunten,

Anhero, wo wür euch gefundten,

Euch gründlichen Bericht zu gebn,

Das unser Meister sey im lebn.

PETRUS.

Gott sey gelobt, gott sey geprisen,

MATHÄUS.

Was soll ich glaubn bey allen disen?

JUDAS THADÄUS.

Ihr redet zwahr mit großer Crafft,

Doch scheint es mir noch zweiflhafft.

JACOBUS ¸.

Das er baldt da, baldt dorth verschwinde,

Das ist, woran ich anstoß finde.

Die frauen, was ihr hier vortragt,

Die haben ewen diß gesagt.

LUCAS.

Doch ist es also:

PETRUS.

Diser dingen

Kan man kein andre Zeignuß bringen,

Als was das eigne aug gesehn,

CLEOPHAS UND LUCAS.

Ihr darfft gar nicht im Zweifl stehn.

CHRISTUS gehet ganz unvermerkt durch einen Vorhang ein: stellt sich mitten unter die jünger am tisch, und spricht im gehen: die Jünger aber verhoffen, da sie ihn sehen.

Der frid sey mit euch: laßt zumahlen

Die forcht, und euren schröcken fallen,

Was bildet ihr euch von mir ein?

Ihr glaubt mich einen geist zu sein?

Betrachtet mich an händt, und füßen,

Berühret mich, dan könnt ihr schlüßen,

Ob ich es bin? berühret mich,

Ein geist hat ja kein fleisch wie ich?[252]

Faßt ein mahl bessere gedanken,

Und pflegt in glauben nicht zu wanken,

Seht (das ihr mich doch recht erkennt)

Secht die verwundte füß, und händt.

PHILIPPUS.

Er ist es doch:

SIMON.

O wunder suchen!

ANDREAS.

Hier ist kein Zweifl mehr zu machen,

JACOBUS.

Ich glaub es auch:

JACOBUS M.

Wer glaubt es nicht?

Wan er den wahren meister sicht?

PETRUS.

Ach Meister! herr, und Gott! aus freyden

Weis ich die worth nicht zu entscheiden,

Das ich dich lieb, das weis ich wohl,

Doch nicht, was ich hier reden soll.

Die wunder werckh, die du verübest,

Weill du uns mehr dan menschlich liebest,

Die seindt so hoch, das jedermann

Ja selbe nicht leicht fassen kan.

Vergib sodan das unsre sinnen

So schwärlich waren zu gewinnen,

Du sichst aus freyden übermaaß

Wie allen nun die augen naß.

Der trost hemmt allen ihre zungen,

Das es uns endlich hat gelungen,

Das wür dich hier nach deinen todt

Lebendig sehn: o großer gott!

CHRISTUS.

Wohl dan, es seye euch vergessen,

Doch sagt, habt ihr was hier zu essen?

PHILIPPUS.

Ein Honigseim steht auf den tisch,

Ingleichen ein gebrattner fisch.

ANDREAS.

Ach herr! wie thätten wür verlangen,

Dich mit was bößren zu empfangen![253]

Allein dir ist gar wohl bekandt,

Das wür in gar geringen standt.

SIMON.

Sech Meister! Villmehr auf den willen,

Der in dem werckh nicht kan erfüllen,

Was über seine kräfften ist,

Wie wohl du alles würdig bist.

PETRUS.

Hier mus ich ja aufs neu in thrännen,

Dich Jesu! in der thatt erkennen,

Weill uns dein demuth hier vergwißt,

Das du der wahre Meister bist.

Du würdigst dich allhier mit deinen

Zu essen, nicht nur zu erscheinen,

Damit der glauben wurde vest,

Und aller Zweifl ausgelöst.

O herr! zu loben deine gaaben,

Müßt ich vill tausendt Zungen haben.

Ja vill mehr sagt mir meine pflicht,

Es kleckten Millionen nicht.

CHRISTUS was übrig, das reicht er ihnen.

Nemmt hin, und esset, und gedenkt,

Das worth, so ich euch hab geschänckt,

Durch die nun meher verfloßne jahr,

In welchen ich stätts bey euch war.

Das nemlich alles müß geschehen,

Was die Propheten vorgesehen,

Was Moyses im gesaz erweist,

Und David in dem Psalmen preist.

Ich habe, wie ihr offt gehöret,

Euch den Verstandt der schrifft gelehret,

In welcher, wie ihr also wüst

Mein leyden Clar enthalten ist.

So muste nemlich Christus leyden,

Durch disen todt von euch abscheiden,

Am 3ten tag must man ihn sehn

Von todten widrum auferstehen.

Es muß in seinem Nahm auf erden,

Gleichfahls die bus gepredigt werden.

Wie auch Vergebung aller sindt,

Wo immer sich ein Volckh befindt.

Der anfang aber soll geschehen,

Befor die stimm thut weiter gehen[254]

Und andrer Völckher herz bequemm

Von diser statt Jerusalem.

Und ihr, ihr sollt mir diser dingen

An alle orth die Zeugnuß bringen,

Weill ich euch, wie nunmehr erhellt

Zu disem ambt hab auserwehlt.

Diß werckh dan glückhlich zu vollenden,

Werdt ich euch die Verheißung senden.

Die mir mein Vatter hat gegebn,

Befor ich kamm in dises lebn.

Und also keiner von hier gehe,

Bis mit der krafft ihr aus der höche

Vollkommen werdet angethan

Nach disem fangt die sendung an.


Christus verschwindet.


PETRUS.

Wie? ist der meister schon verschwunden?

ANDREAS.

Ich habe solchen trost empfunden,

Das ich nicht ware mehr bey mir,

Noch sahe, wie er kamm von hier.

THOMAS kommet herein mit einen korb, als wan er vom Marckh hergehete, und stellet selben nider.

Jezt ist es so leicht nicht geschehen,

Umb seine Nahrung umzusehen.

Die menge macht, das trankh, und speis

Bey disem fest sehr hoch im preis.

JACOBUS ¸.

Ach Thomas! weill du warst von hinnen,

Ist uns der Meister hier erschinen,

2 Augenblickh kommst du zu spath,

Da er sich uns entzohen hat.

THOMAS.

Der Meister? sichtbar, und genesen,

Ist er allhier bey euch gewesen?

PETRUS.

Ich schwöre dir.

THOMAS.

Ich glaub es nicht,

JACOBUS M.

Glaub Thomas, was ein jeder spricht.[255]

JUDAS THADÄUS.

Wür alle müssen es bezeigen,

MATHÄUS.

Ist dir dan nur der unglaub eigen?

THOMAS.

Diß glaub ich euch doch nimmermehr,

PETRUS.

Doch ist es wahr:

WÜRTH.

Ach Gott! wie sehr

Ist alles umb des meisters wegen,

In diser armen statt verlegen,

Ich bitte, haltet euch hier still,

Weill ich nun alles schlüßen will.


Wirdt zugezohen.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 249-256.
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