Viertes Kapitel.

Wiederfinden.

[83] Es mußte schon spät sein, als Helmstedt am andern Morgen erwachte. Die Sonne hatte sich durch die geschlossenen Jalousien Bahn ins Zimmer gebrochen und das Feuer, das wie es schien bei Zeiten angezündet worden, war schon fast herunter gebrannt. Er sprang rasch auf und vermißte einmal wieder mit Schmerzen seine gestohlene Uhr. Bald war er in den Kleidern und ging nach dem Speisezimmer, wo Sarah bereits mit dem Aufräumen der Frühstücksreste beschäftigt war. Sie zeigte ihm lächelnd ihre blitzweißen Zähne und machte ein frisches Gedeck zurecht.

»'S ist wol schon ziemlich spät?« fragte Helmstedt, »es thut mir leid, daß ich nicht früher aufgewacht.«

»Erst neun Uhr vorüber, Sir!« erwiderte die Schwarze, »Mr. Elliot wollte haben, daß Sie nicht gestört würden.«

Helmstedt trat ans Fenster und sah bereits zwei Pferde gesattelt, an einen Baum gebunden, stehen – er machte[83] sich eilig an das aufgetragene Frühstück und hatte nicht einmal ein Auge für die graziösen Wendungen, in denen sich Sarah geschäftig um ihn bewegte und ihre seine Taille zeigte. »Wollen Sie wol Miß Ellen sagen, daß ich bereit bin?« sagte er nachdem er eben nur das Notwendigste zu sich genommen, und als die Schwarze das Zimmer verlassen, trat er hinaus ins Freie. Der Morgen war kalt, auf dem Rasen waren trotz der hochstehenden Sonne noch überall Reifstreifen bemerkbar, die rothen und braunen Baumblätter hingen schlaff an den Zweigen, der Frost einer Nacht schien sie vollständig geknickt zu haben – darüber aber spannte sich ein reiner tiefblauer Himmel aus und verhieß einen prachtvollen Tag. – Das Rauschen von Kleidern ließ Helmstedt sich umdrehen. Ellen trat eben frisch und lachend wie der junge Morgen aus dem Portico heraus und nickte ihrer Mutter, die zu einem der Frontfenster heraussah, einen Abschiedsgruß zu. Ein blaues Reitkleid saß knapp um den obern Theil ihres Körpers und ein schwarzes mit einer einzigen Feder geschmücktes Hütchen keck auf ihrem Kopfe; die linke Hand, mit einem seinen Stulpenhandschuhe versehen, hielt das Kleid vom Boden und an der rechten hing eine kleine zierliche Reitpeitsche. »Fertig, Mr. Helmstedt?« sagte sie mit demselben klaren Lächeln vom Abend zuvor und sprang leicht auf die kleine erhöhte Platform, welche zum bequemern Aufsitzen für reitende Damen neben dem Portico errichtet war. Der junge Mann beeilte sich, ihr Pferd vorzuführen, und kaum hatte sie sich zurechtgesetzt, als sie auch schon nach einem kräftigen Schlage mit der Reitgerte davon sprengte. Helmstedt stand einen Augenblick nachschauend und bewunderte die Sicherheit mit der sie ihr lebhaftes Thier regierte, dann aber schwang er sich selbst in den Sattel und galoppirte nach. Bald ritten beide, ihre Pferde zu ruhigerem Schritte zwingend, auf der Straße nebeneinander her, Ellen mit frei aufgerichtetem Kopfe die Gegend überblickend, Helmstedt sich mit[84] seinem Pferde beschäftigend. Er hätte gern ein Gespräch angeknüpft, aber ihm waren, als er die schlanke Gestalt seiner Begleiterin betrachtete, deren Haltung und Aeußeres vollkommen ihre Stellung im Leben ausdrückte, Isaacs Bemerkungen vor die Seele getreten und daneben schoß ihm die Erinnerung durch den Kopf. »Dick kann dich auf deinem Ritte nicht begleiten,« hatte Elliot den Abend zuvor gesagt – »so mag's Mr. Helmstedt thun!« – Er war im Grunde doch nur der begleitende Diener, der Unterschied lag nur in der Hautfarbe.

»Sehen Sie dort drüben das weiße Haus?« begann jetzt Ellen; »dort wohnt Mrs. Morton, die Sie gestern Abend gesehen; wollen wir den Weg dahin einschlagen, daß wir doch wenigstens ein Ziel haben?«

»Sie haben nur zu befehlen, Miß!«

»Befehlen!« rief sie, den Kopf rasch nach ihm wendend, »sind Sie immer so steif, Sir? Mir war's, als ich Sie gestern Abend mit dem Vater ankommen sah, als müßte nun ein Leben voll lauter Lust und Unterhaltung losgehen, und nun sprechen Sie kein Wort.«

»Ich wußte wirklich nicht, Miß Elliot, ob Ihnen ein Gespräch angenehm sein würde!« erwiderte Helmstedt, dem eine Empfindung das Blut ins Gesicht trieb, er wußte nicht, war's Freude oder Aerger über sich selbst.

»Ich glaube, Sie haben einen ganzen Sack voll New-Yorker seinen Ton nach unserem Hinterwalde mitgebracht!« rief sie lachend, »was wollen denn zwei Menschen anders thun als sprechen, wenn sie allein mit einander auf der Straße sind? Lassen Sie uns schärfer zureiten, daß wir warm werden, dann wird das Plaudern vielleicht besser gehen!« und mit einem neckischen Seitenblicke nach ihm trabte sie auch schon von seiner Seite. Ihr Begleiter ließ seinem Pferde den Zügel und folgte. »Sitzen Sie wol fest, Sir?« rief sie muthwillig, als er heran kam, und ließ ihr[85] Pferd in Galopp übergehen; – »die Straße ist wunderhübsch eben für ein kurzes Rennen!«

»Versuchen Sie, was ich leisten kann!« erwiderte er, und dahin sausten die beiden Pferde, Helmstedt das seinige genau nach der Schnelle des ihrigen regelnd und dann und wann einen Blick in ihr Gesicht werfend, aus dem das lebendige Vergnügen strahlte. Sie sprengten eben an einer Waldecke in die gänzlich offene Gegend hinaus, als das junge Mädchen ihr Pferd so plötzlich zügelte, daß Helmstedt eine kurze Strecke vor ihr vorbeischoß. Umwendend sah er, wie sie ihr schnaufendes Thier zum Stillstand nöthigte und scharf nach einem Gegenstande vor ihnen auf der Straße blickte. »Dort kommt der unangenehmste Mensch, den ich nur kenne,« sagte sie und strich sich das Haar aus dem erhitzten Gesichte, »er muß uns schon gesehen haben, sonst wendete ich geradewegs wieder um! Bitte, Mr. Helmstedt, bleiben Sie hart an meiner Seite, damit er mich wo möglich gar nicht anspricht.«

Ein Stück vor ihnen kam ein Reiter auf sie zu, es waren bekannte Gesichtszüge für Helmstedt, wenn er auch nicht gleich wußte, wo damit hin, bis ihm plötzlich die Erinnerung den Abend vor seiner Beraubung in New-York vorführte – es war Baker, Seiferts damaliger Begleiter. Zu weiteren Gedanken hatte er nicht viel Zeit, denn Ellen ritt bei Bakers Nahen hart an die Feldeinzäunung längs des Weges, augenscheinlich um an dieser Seite keinen Platz neben sich zu lassen, und forderte ihren Begleiter mit einem Blicke zum Folgen auf. »Jetzt ist die Zeit zum Plaudern da, Sir,« sagte sie und bog sich, als wären sie schon jahrelange Bekannte, zu ihm, »ich werde Ihnen erst eine ganze Menge erzählen, wenn auch nicht viel Sinn darin ist; die Hauptsache ist, daß wir gar nicht thun, als bemerkten wir den Mann; und nun geben Sie mir auch eine Antwort, daß die Sache natürlich aussieht.«

»Wohnt der Herr hier in der Nachbarschaft?« fragte[86] Helmstedt, der jetzt keiner Erfindung zur Aufnahme des Gesprächs bedurfte, – »ich habe ihn kürzlich in New-York gesehen –«

»Ich weiß wirklich gar nichts, als daß er der unausstehlichste Mensch ist,« unterbrach ihn das Mädchen, »und daß meine Mama den schlechten Geschmack hat, ihn liebenswürdig zu finden und mich mit seiner Gesellschaft zu quälen.«

»Guten Morgen, Miß Elliot!« klang Bakers Stimme, der mit seinem Pferde vor dem ihrigen hielt, daß es zum Stillstand gezwungen war, »ich wollte mir eben das Vergnügen machen, Ihnen in Oaklea einen Besuch abzustatten.«

»Well, Sir, Sie finden Mama zu Hause,« erwiderte das Mädchen, ohne ihn anzublicken, »wollen Sie uns nur jetzt den Weg frei machen!«

Helmstedt sah ein halbspöttisches Lächeln um Bakers Gesicht zucken. »Ich wollte aber eben nur Sie sehen, Miß Elliot, und Sie werden doch sicher so höflich sein, ein paar Worte von mir anzuhören?«

Ellens Gesicht begann sich höher zu färben, aber ihrer Entgegnung kam Helmstedt zuvor.

»Wollen Sie so freundlich sein, der Dame freien Weg zu geben, die unter meinem Schutz ist? Oder gedenken Sie hier irgend einen Zwang auszuüben?« sagte er mit fester Ruhe und trieb sein Pferd einen Schritt weiter vor.

Baker warf einen Blick auf ihn, als bemerke er ihn erst jetzt. »Lächerlich!« sagte er, die Achseln zuckend, »Zwang! ich spreche Miß Elliot mit Genehmigung ihrer Eltern und so wird sie mir wahrscheinlich jetzt für ein paar Minuten den Platz an ihrer Seite erlauben!«

»Nein, sie wird nichts erlauben, Sir!« rief jetzt Ellen, das blitzende Auge auf ihn richtend, aber mit einem Zittern der Stimme, das ihre innere Aufregung verrieth. »Sprechen Sie mich mit Genehmigung meiner Eltern, so mögen Sie's auch in ihrer Gegenwart thun – lassen Sie mich vorüber!«

»Well, Miß, Sie sind noch so jung und dabei doch so[87] verständig, wie ich in der letzten Zeit oft gesehen,« sagte Baker mit halblauter Stimme, sich über den Hals seines Pferdes biegend, »jetzt aber übermannt Sie das junge Blut – Sie wissen ja nicht, wie wichtig das ist, was ich Ihnen zu sagen habe, aber in Gegenwart eines mir Fremden nicht kann, vielleicht der Interessen Ihrer eigenen Familie halber nicht sagen darf – zu Haus weichen Sie mir aus –«

»Eben weil ich zu solchen wichtigen Dingen noch zu jung bin!« rief sie und gab im Aerger ihrem Pferde einen Schlag, daß es sich bäumte, Helmstedts Pferd bei Seite drängte und auf die Mitte der Straße sprengte; Baker wollte an ihre Seite gelangen, aber Helmstedt hatte sein Pferd schon dazwischen geschoben. »Halt an, Sir, Sie haben die Meinung der Dame gehört, thun Sie keinen Schritt weiter, oder ich behandle Sie nicht als Gentleman!« rief er. Baker zog die Brauen zusammen und maß ihn mit finsterem Blicke. »Well, Sir,« sagte er, »ich werde das Vergnügen haben, Sie an einem andern Orte zu treffen, vorläufig erbitte ich mir Ihren Namen!«

»Thut mir leid, daß Sie ihn vergessen haben, Sir; Ihr Freund Seifert machte Sie schon einmal damit bekannt. Ich heiße Helmstedt und wohne jetzt im Hause des Mr. Elliot.«

Bakers Gesicht überflog eine leichte Blässe. »Seifert?« wiederholte er, »soll es eine neue Beleidigung sein, daß Sie mich und den Spieler zu Freunden machen? Haben Sie mich vielleicht einmal im Riverhause getroffen, obgleich ich mich dessen nicht einmal entsinne, was berechtigt Sie, den Menschen zu meinen Freunden zu zählen?«

Helmstedts Augen wurden größer. »Also ist er doch hier mit Ihnen?« sagte er nach einem Augenblicke langsam, »Sie haben wol vergessen, daß Sie Beide New-York mit einander verließen? 'S ist genügend, was ich weiß, im Uebrigen stehe ich Ihnen zu irgend einer Zeit zu Diensten!« Damit wandte er sein Pferd und trabte davon, um[88] seine Begleiterin einzuholen, welche, ohne die beiden Männer aus den Augen zu lassen, sich bereits ein Stück entfernt hatte. Baker sah ihm mit aufeinander gebissenen Lippen nach, warf dann sein Pferd herum und verfolgte seinen früheren Weg weiter.

»War ich doch so froh heute Morgen, und nun muß mir die Begegnung die ganze Laune verderben,« sagte Ellen, als Helmstedt wieder an ihrer Seite ritt, »ich weiß nicht, was sie zu Hause alle an dem Manne finden, Vater, Mutter und selbst Sarah; ich kann's gar nicht ausdrücken, was ich fühle, wenn er nur sein Auge auf mich heftet – bisweilen komme ich mir vor wie eine arme hilflose Fliege, um die eine Spinne anfängt ihre Fäden zu schlingen.« Sie gab wie in innerem Unmuth ihrem Pferde einen neuen Schlag und galoppirte davon, zügelte es aber bald wieder und ließ ihren Begleiter herankommen. »Nicht wahr, Sie lachen mich nicht aus?« sagte sie mit einem so zutraulich bittenden Blick im Auge, daß in Helmstedts Herzen jedes drückende Gefühl über seine Stellung, das noch zurückgeblieben sein mochte, wie leichter Schnee vor der Sonne zerrann, »ich meine, Sie lachen nicht innerlich über mich, daß ich mich so gegen Sie gehen lasse?«

»Sprechen Sie nur, Miß Elliot, wenn es Sie dazu drängt,« erwiderte er, »und denken Sie, Sie hätten einen verschwiegenen Bruder neben sich; ich verstehe Ihre Empfindung gegen den Menschen vollkommen, und wenigstens in einer unbeschreiblichen Abneigung gegen ihn haben Sie in mir einen Bundesgenossen.«

»Haben Sie ihn schon früher gekannt?« fragte Sie lebhaft, »Vater sagt, er sei reich, er solle aus dem Süden des Staates sein; Mutter spricht von seiner Liebenswürdigkeit und« – sagte sie stockend, während ein hohes Roth ihr Gesicht übergoß, »und ich mag gar nicht daran denken, wozu sie mir das sagen.« Sie trieb ihr Pferd an, als[89] wolle sie Helmstedts Blicken entgehen, der erst nach einer Weile wieder an ihrer Seite ritt.

»Ich weiß nicht, ob Sie Ihr Gefühl gegen den Mann nicht vollkommen richtig leitet, Miß,« begann er, seinem Pferde die Mähne glatt streichend, »ich habe eine Ahnung, daß mit ihm nicht alles ist, wie es sein soll, und ich glaube, ich kann mir bald Gewißheit verschaffen, wenn Sie meinen Dienst nur annehmen wollen.«

»Glauben Sie das?« rief sie rasch aufschauend, »ich wollte Ihnen so von Herzen danken – aber wie wollen Sie Gewißheit erhalten? Vater würde ohne die gründlichsten Beweise nur wieder über mich spotten.«

»Well, Miß,« erwiderte er nach augenblicklichem Nachdenken, »ich will Ihnen nichts versprechen, bis ich nicht selbst einen bestimmten Anhalt habe; das aber, denke ich, soll geschwind geschehen – haben Sie bis dahin Vertrauen zu mir.«

»Ich habe ja schon so viel, daß ich selbst davor erschrecke!« sagte sie, ihm das Gesicht zukehrend, in dem sich ein helles Lächeln wieder Bahn brach. Sie zog die Hand aus dem Stulpenhandschuhe und reichte sie ihm hinüber, »ich bin ja froh genug, daß ich mit meinem Widerwillen gegen den Mann nicht mehr allein in unserm Hause stehe.«

Helmstedt hielt einen Augenblick die kleine, weiche Hand in der seinigen, und wollte sie dann an seine Lippen führen, sie aber zog sie rasch hinweg. »Das ist keine Mode in unserm Hinterwalde!« rief sie, auflachend wie ein Kind, und ließ das Pferd wieder im Galopp davon gehen.

Beide ritten schweigend eine Strecke weiter, als sich aber Mortons Landhaus, das Ziel ihres Rittes, in kurzer Entfernung zeigte, hielt Helmstedt sein Pferd an. »Einen Augenblick, Miß Elliot,« sagte er, »wie lange gedenken Sie bei Ihrer Freundin zuzubringen?«

»Nach der Begegnung von vorhin blieb ich am liebsten den ganzen Tag da!« erwiderte sie, »ich bin gewiß, daß[90] dieser Baker nicht eher unser Haus verläßt, bis er einsieht, daß ich vor spät Abends nicht wiederkomme.«

»Well, Miß, kennen Sie einen Ort, der das Riverhaus heißt? Ich denke dort etwas über unsern Mann erfahren zu können und möchte die Zeit zu einem Ritte dahin benutzen.«

»Ich habe wol schon von dem Orte gehört,« erwiderte das Mädchen nachsinnend, »das müssen aber wenigstens sieben bis acht Meilen von hier sein. Er liegt drei Meilen seitwärts der Stadt, am Flusse, so viel ich weiß, und wenn Sie von Mortons Hause nach der Hauptstraße hinüber biegen, so können Sie wenigstens den Weg nach der Stadt nicht verfehlen, wo Sie jedenfalls die genauere weitere Richtung würden erfragen müssen.«

»Sie wollen warten, bis ich zurück bin, Miß?«

»Sicherlich, Sir!«

Sie hatten die weiße Einzäunung des Landhauses erreicht; Helmstedt sprang vom Pferde, um das Gartenthor für seine Begleiterin zu öffnen und als er zwei Damen aus dem Hause treten und dem Gaste entgegeneilen sah, schwang er sich wieder in den Sattel und schlug die nächste breite Fahrstraße, die seitwärts abging, ein. Ein Neger, der im vollen Feststaate, die dampfende Cigarre zwischen den dicken Lippen, umher spazierte, benahm ihn auf seine Frage jeden Zweifel, daß er auf dem rechten Wege sei, und im scharfen Trabe verfolgte er die Richtung weiter.

Was Helmstedt mit seinem jetzigen Ritte erzielen wollte, war ihm eigentlich selbst noch nicht ganz klar. Bei Bakers Anblick hatte er zuerst nur an Seifert als den Dieb seines Geldes gedacht, und deshalb nach diesem gefragt; dann aber war ihm des Mannes momentane Verlegenheit, sowie dessen Bestreben, die Bekanntschaft mit Seifert von sich zu weisen, aufgefallen, und dies in Verbindung mit der Weise, in welcher er ein Gespräch mit Ellen Elliot anknüpfen wollte, hatte ein dunkles Gefühl in Helmstedt erzeugt, als gewahre er das äußerste Ende eines verborgenen Spitzbubenstreiches, und[91] Ellens Gleichniß von der Spinne und der Fliege, welches ihm das häßliche Lächeln, das er in New-York an Baker bemerkt, wieder vor die Seele führte, verstärkte den Eindruck nur noch. Stand der Mensch noch in Verbindung mit Seifert, mit dem er von New-York abgereist war, so waren seine Angelegenheiten sicherlich nicht klar, es kam eben nur darauf an, Seifert zu treffen, und zum Reden zu bringen. Helmstedt hatte den Namen des »Riverhauses« im Zusammenhange mit dem »Sciferts« aufgefangen, und so lange er neben Ellen herritt, hatte er gar keinen Zweifel gehegt, durch diesen Anknüpfungspunkt Allem, was nur nothwendig sei, auf die Spur zu kommen – je weiter er aber jetzt seinen Weg verfolgte, je mehr Schwierigkeiten tauchten vor ihm auf. Wenn das Riverhaus nicht Seiferts Wohnung und nur ein Spielhaus war, wie es sich fast nach Bakers Aeußerungen vermuthen ließ, so konnte er auch sicher sein, nach der Mode in solchen Häusern dort das Allerwenigste von ihm zu hören, und bekam Seifert eine Ahnung von seiner Nähe, so war er gewiß eben so geschwind aus der Gegend verschwunden, wie damals aus New-York, – daneben fing es Helmstedt jetzt auch an zu scheinen, als ob der Verdacht, der ihm so plötzlich gegen Baker gekommen, auf keiner Seite recht Stich halten wollte – sicherlich mußten doch die Familien, bei denen er aus-und einging, wissen, mit wem sie es zu thun hatten; er mochte liederlich sein und sich Seiferts als Werkzeug bedienen, das erklärte Vieles, – und doch, wenn sich Helmstedt die kaum durchlebte Scene wieder vergegenwärtigte, kam ihm genau das frühere Gefühl wieder. Keinesfalls konnte es etwas schaden, sich vorsichtig nach Seifert umzusehen, schon des verübten Diebstahls halber; trotzdem war es Helmstedt, als könne er dem Spitzbuben jetzt Alles vergessen und vergeben, wenn er durch ihn nur etwas gegen Baker ermitteln könne. Was der Grund war, der ihn sein eigenes Interesse so weit vergessen ließ, darüber grübelte er nicht.[92]

Es war kalt, trotz des herankommenden Mittags; Helmstedts Pferd aber schwitzte vom anhaltenden Trabe und den Reiter schienen seine eigenen Gedanken warm zu halten. Es war kaum Mittag vorüber, als er das Städtchen mit seinen weiß gefirnißten hölzernen Häusern und grünen Jalousien vor sich liegen sah. Bei seiner gestrigen Ankunft in Alabama hatte er hier schon einen halben Tag zugebracht, bis ihn Elliot durch den Schwarzen hatte abholen lassen, und er ritt jetzt demselben Hotel zu, in welchem er schon vorher abgestiegen war. Die Stadt schien der Sammelplatz aller Schwarzen aus der Umgegend zu sein; ganze Caravanen von Männern und Frauen zu Pferde in den buntesten Aufzügen durchzogen lachend und spaßend die Straßen; vor den Tanzlokalen, aus denen die alten schottischen Reals von Geige und Tamburin vorgetragen wurden und das Stampfen der tanzenden Paare klangen, standen andere Haufen, derbe Späße treibend: der Ausdruck auf allen den schwarzen Gesichtern war der einer angeborenen Lustigkeit, die unverwischlich zwischen den fleischigen Backen eingegraben zu sein schien, und Helmstedt zog unwillkürlich einen Vergleich mit dem Anblicke, den ihm die Belustigungsorte der ärmsten Klassen in Berlin und Paris geboten, mit den verhärmten weißen Gesichtern, die mit Gewalt sich zur Fröhlichkeit zu zwingen schienen oder anzeigten, daß die Wochensorgen zu kurzem Vergessen in Schnaps ertränkt worden waren. Wo er durch einzelne Haufen hindurch reiten mußte, wurde ihm mit einer gutmüthigen grinsenden Höflichkeit Platz gemacht, die viel eher an Familiarität als an sklavische Scheu, wie er sich das Wesen der Schwarzen früher vorgestellt, mahnte. – An dem großen steinernen Hotel angelangt, band Helmstedt sein Pferd an einen der dazu bestimmten Pfosten, und beschloß zuerst hier seine Nachfragen über Seifert zu beginnen – Hotels waren immer das eigentliche Lebens-Element für Leute von dessen Gattung gewesen. Die »Office,« nach der er sich beim Eintreten zuerst wandte, fand[93] er augenblicklich verlassen und so schritt er nach dem Billardzimmer; aber kaum hatte er einen Blick durch die offene Thür desselben geworfen, als er auch wie eingewurzelt stehen blieb.

Drinnen stand, mit dem Queue in der Hand, Seifert selbst in Lebensgröße. Helmstedt trat wieder zurück, um nicht gesehen zu werden und überlegte. So sehr ihn das Zusammentreffen auch jeder weiteren Mühe überhob, so wenig war er doch noch darauf vorbereitet, – nach kurzer Weile schien er indessen mit sich einig zu sein und schritt, wenigstens äußerlich ruhig, durch die Thüröffnung. Im Zimmer, das sein Auge rasch überflog, befanden sich außer den Spielern an den beiden Billards, nur einzelne aufmerksame Zeitungsleser. Seifert kehrte ihm den Rücken zu und pointirte den Fortschritt seines Gegners im Spiele. Helmstedt klopfte ihm leicht auf die Schulter. »Aah –!« rief dieser, sich umkehrend, als erwarte er einen Bekannten zu sehen; sobald er aber seinen Mann mit dem Blicke gefaßt, begannen seine Augen groß und starr zu werden, als sähe er ein Gespenst; das Blut ging aus seinem Gesichte, »Mister –?« begann er endlich mit unsicherer Stimme und augenscheinlich nach Fassung ringend. »Helmstedt, if you please, Sir!« erwiderte dieser lachend, »kennen Sie mich denn nicht mehr, Seifert? Sie sehen,« fuhr er deutsch fort, »Berg und Thal kommen nicht zusammen, aber Menschen können sich wiederfinden.«

»Helmstedt?!« erwiderte der Andere und in seinem Gesichte zeigte sich ein sonderbarer Kampf, sollte er die Bekanntschaft anerkennen oder nicht.

»Ja natürlich, wer denn sonst, Mann? Ich freue mich, einmal wieder einen Bekannten zu treffen. – Sie haben mir in New-York wirklich gefehlt, wo Sie verschwanden, ohne mir nur einmal ein Wort von Ihrer Abreise zu sagen. Aber lassen Sie sich jetzt nicht stören, wir sprechen, wenn Sie mit Ihrer Partie durch sind und trinken dann eine Flasche Wein zusammen, oder irgend einen andern Stoff.«[94]

»Well, Sir,« erwiderte Seifert englisch und in seiner Sprache war keine Spur von Befangenheit mehr vernehmbar »ich spreche allerdings deutsch, kann mich aber im Augenblicke nicht entsinnen, wo ich Sie schon gesehen hätte, ich bin schon viele Jahre im Lande, bin aber erst einmal eine kurze Zeit in New-York gewesen – irren Sie sich nicht vielleicht in der Person?«

Helmstedt starrte den Menschen einen Augenblick überrascht an – so viel Frechheit hatte er nicht erwartet. »Sie sind diesmal ein Narr, Seifert,« sagte er dann, »ich will noch zwei Worte deutsch reden und dann englisch, wenn Sie's wünschen. Hätte ich Böses gegen Sie im Sinne, so wäre ein gerichtlicher Haftbefehl gegen Sie in meiner Hand gewesen, ehe ich Sie angesprochen. Sie sind ein Spieler von Profession, ich bin jetzt Familien-Mitglied eines der ersten Pflanzer hier, dessen Einfluß mir vollkommen zu Gebote steht, verstehen Sie wohl, – ich komme zu Ihnen als alter Bekannter, der Sie vielleicht sogar um einen Dienst bitten möchte, – spielen Sie jetzt ehrliches Spiel mit mir und ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich Ihren Spitzbubenstreich gegen mich vergessen und begraben will – wollen Sie nicht, nun, Herr Seifert, so habe ich englisch sprechen gelernt.«

»Sie reden so überzeugend, Herr von Helmstedt,« erwiderte Seifert, ohne eine Miene zu verziehen, »daß wirklich in meinem Gedächtniß eine Erinnerung aufdämmern will – aber entschuldigen Sie, mein Gegner wird ungeduldig, ich stehe Ihnen nachher weiter zu Diensten!« und damit wandte er sich, von Helmstedts leisem Kopfschütteln gefolgt, dem Billard wieder zu. Dieser ließ sich durch den Aufwärter Cigarren bringen und setzte sich, dem Spiele zusehend, in einen der leerstehenden Divans, bis Seifert mit einigen brillanten Stößen die Partie endigte, den gemachten Aussatz einzog und sich neben Helmstedt placirte. »Wie gesagt,« begann er, und brannte sich eine der daliegenden[95] Cigarren an, »es wird mir immer klarer, daß wir uns wirklich gekannt haben mögen.« –

»Lassen Sie einmal den Unsinn, Seifert,« unterbrach ihn Helmstedt, sich aufrecht setzend, »Sie wissen, ich habe immer unverblümt mit Ihnen gesprochen, das will ich auch jetzt thun; vielleicht wissen Sie auch, daß ich ein gegebenes Wort unter allen Umständen halte, und so können Sie sich auch im Guten oder Bösen auf das verlassen, was ich Ihnen jetzt zusagen werde. Sie haben mich in New-York um Alles bestohlen, was ich hatte, ohne Mitleid, obgleich Sie wußten, daß ich dadurch hilfloser als jeder Andere dastehen mußte –«

»Erlauben Sie einen Augenblick.« fiel Seifert ein, »wenn dies der Weg sein soll, meinen Erinnerungen zu Hilfe zu kommen, so weiß ich wirklich nicht, ob es ein glücklicher ist.«

»Die Beweise dafür sind natürlich durch Zeugenaussagen vor dem New-Yorker Polizeigericht vollständig festgestellt,« fuhr Helmstedt, ohne sich unterbrechen zu lassen, fort – »mir ist aber die Sache zum Glück ausgeschlagen, und so habe ich hier nicht daran gedacht, etwas gegen Sie zu unternehmen. Ich weiß ziemlich genau, was Sie hier treiben, kenne Ihr Riverhaus und Ihre dortigen Verbindungen, mir liegt aber, einer Angelegenheit halber, die nur mich allein betrifft, an einer Auskunft über Ihren – ich weiß nicht recht, wie ich ihn nennen soll – Ihren Genossen, den Mr. Baker, und wenn Sie hierin aufrichtig zu mir sprechen wollten, würde ich Ihnen Alles vergeben, was Sie mir gethan, würde sogar meine Anklage unter einem plausiblen Vorwande in New-York zurücknehmen, wohin Sie doch über kurz oder lang wieder gehen möchten.«

Seifert blies eine große Rauchwolke von sich. »Je mehr ich mir Ihre Worte überdenke, Herr von Helmstedt, je vernünftiger scheinen Sie mir für den Mann zu sein, den Sie damit vor Augen haben; ich weiß aber wirklich noch nicht, ob ich auch dieser Mann bin – ich hatte zum Beispiel[96] einen Bruder in New-York, der mir sehr ähnlich sah – lassen Sie aber einmal hören, über wen Sie Auskunft wünschen.«

Helmstedt unterdrückte eine Bewegung der Ungeduld.

»Ueber Ihren Freund Baker, mit dem Sie New-York verließen,« sagte er; »ich versichere Ihnen dabei, daß Niemand erfahren wird, woher ich meine Informationen erhalten habe. Seine Verbindung mit Ihnen kenne ich bereits und ich möchte Sie nur nochmals bitten, ehrlich gegen mich zu sein, lieber zu sagen, Sie wollen sich nicht aussprechen, als mich belügen.«

»Wenn Sie Alles das wissen, was Sie andeuten,« erwiderte Seifert, die Asche von seiner Cigarre klopfend, »so weiß ich eigentlich nicht, was ich Ihnen sagen soll, es scheint mir beinahe, als wüßten Sie mehr als ich selber.«

»Gut, Seifert, also ein paar bestimmte Fragen. Wo ist der Mann her und was wissen Sie über seine Verhältnisse? Sodann: in welcher Beziehung steht er zu Ihnen?«

»Ich muß Ihnen gestehen, Herr von Helmstedt, weil Sie es wünschen, daß die Beantwortung mir aus hundert Gründen unmöglich ist. Der erste davon ist, daß ich selbst nichts Genaues über den Mann weiß und so werden Sie mir wol die Aufführung der übrigen neun und neunzig erlassen.«

Helmstedt sah ihn einen Augenblick scharf an und erhob sich sodann. »Well, Sir,« sagte er kalt, »Sie wollen sich mit mir nicht in Freundlichkeit ausgleichen, so mögen Sie hinnehmen, was auf einer andern Seite kommt, und sich nicht über mich beklagen.« Er setzte sich den Hut fester und ging, wie mit einem Entschlusse fertig, nach der Thür, ohne dem Andern noch einen Blick zu gönnen. Es lag keine Berechnung in Helmstedts jetziger Bewegung, er fühlte, daß er dieser geriebenen Spitzbubennatur gegenüber zu schwach sei und wollte somit wenigstens sein eigenes Interesse durch polizeiliche Hilfe zu wahren suchen.[97]

Seiferts Auge folgte ihm einen Augenblick mit gespanntem Ausdrucke! »Herr von Helmstedt!« sagte er dann halblaut – aber der Gerufene hörte nicht und erreichte die Thür. »Einen Augenblick noch, Sir!« rief jetzt Seifert und sprang auf. Helmstedt hielt an und drehte sich halb um: »Ich glaube, wir sind mit einander fertig!« – »Nur noch einige Worte,« erwiderte der Andere und ging auf ihn zu. »Die Auskunft über den Mann scheint Ihnen von ziemlicher Wichtigkeit zu sein,« fuhr er fort, »und da es vielleicht sein mag, daß ich etwas gegen Sie gut zu machen habe, auch nicht gern im Bösen von Ihnen scheiden möchte, so will ich Ihnen die gewünschten Notizen unter einer Bedingung geben, – die früher auf Ihr Ehrenwort gemachten Propositionen natürlich einbegriffen.«

»Ich sage Ihnen einfach, daß Sie mich nicht mehr täuschen, Seifert!« erwiderte Helmstedt. »Wollen Sie mir die Wahrheit mittheilen, gut, so will ich Ihnen jetzt noch halten, was ich versprochen; merke ich, daß Sie mich belogen haben, so bin ich an nichts gebunden.«

»Lassen Sie uns wieder Platz nehmen, es ist nicht nöthig, die Aufmerksamkeit der Gäste auf uns zu lenken, selbst wenn sie uns nicht verstehen. Meine Bedingung,« fuhr Seifert fort, als sie wieder an dem früheren Orte saßen, »ist, daß Sie bis zum Neujahrstage keinen Gebrauch irgend einer Art von meinen Mittheilungen machen; ich habe mit dem bewußten Manne selbst ein kleines Geschäft und mein Interesse würde, käme er früher in übeln Geruch, am meisten leiden. Ich gestehe Ihnen, daß ich mit meiner Stellung nicht zufrieden bin und mir den längsten Termin einer Verbindung mit ihm bis Neujahr gestellt habe. Sie werden also die gestellte Bedingung nur billig finden.«

»Ich gehe sie ein,« erwiderte Helmstedt nach kurzem Nachdenken, »und gebe Ihnen mein Wort sie zu halten.«

»Ich kenne Sie, Herr von Helmstedt, und baue darauf[98] – 's ist wirklich was Schönes, um so ein bloßes Wort, wenn man seines Mannes sicher ist – das Schlimmste dabei ist nur, daß die Worthalter in der Regel dasselbe Vertrauen zu Andern haben, und so am meisten betrogen werden – 's ist wol darum auch nie ein Gericht für mich gewesen. Well, Sir, unser Mann gilt hier für einen reichen Alabamaer aus dem Süden, ist aber nur insofern von mir unterschieden, als er außer meiner Leidenschaft, leicht und schnell Geld zu machen, auch noch eine andere hat, nämlich in Liebe mit jungen reichen Mädchen zu speculiren, was übrigens dann und wann, wenn ihm eine Ueberrumpelung gelungen, ganz hübsche Interessen abwirft. Im Augenblicke scheint er durch eine reiche Heirath diesen Geschäftstheil zum Abschluß bringen zu wollen, ich weiß aber wirklich nicht, wie weit er damit gediehen ist. Daß ich hier als Spieler von Profession gelte, wissen Sie schon, es ist aber eigentlich sein Geschäft und ich repräsentire nur die Firma der Oeffentlichkeit gegenüber, damit er als seiner Gentleman unbeargwohnt Kunden zuführen und seiner zweiten Leidenschaft nachgehen kann. Er hat mich zu diesem Zwecke von New-York hergelockt, und wenn auch das Geschäft durchaus nicht schlecht gewesen ist, so bin ich doch des hiesigen Lebens und der Handlangerdienste herzlich müde; Neujahr wird, wie gesagt, jedenfalls eine Aenderung darin eintreten.«

»Er hat also keine Besitzungen in Alabama?«

»Eben so wenig wie ich und Sie, er mag aber früher sich viel im Süden herumgetrieben haben und die Verhältnisse genau kennen. 'S ist ein New-Yorker Kind und ich möchte wol seine Terrainkenntniß, durch die er sich dort in den ersten Familien bewegt, haben. – Well, Sir, ich glaube, das dürfte Ihnen vielleicht genügen, ich habe Ihnen so weit reinen Wein eingeschenkt, und es sollte mir leid thun, wenn weitere Fragen meine speziellen Interessen beträfen, die ich nicht ebenso beantworten könnte.«[99]

»Gut, Seifert,« erwiderte Helmstedt nach kurzem Besinnen, »ich glaube, es ist vorläufig genug. Sie werden es aber natürlich finden, wenn ich hier und da in Ihre Wahrhaftigkeit ein bescheidenes Mißtrauen setze. Bestätigen sich Ihre Angaben nach Neujahr, so nehme ich dann meine Anklage in New-York zurück. Haben Sie noch etwas zuzusetzen oder zurückzunehmen, so thun Sie es jetzt.«

»All right, Sir!« rief Seifert, laut genug, um von allen Gästen gehört zu werden und sich mit der Miene eines befriedigten Geschäftsmannes erhebend. »Spielen wir vielleicht eine Partie?«

Helmstedt schüttelte den Kopf. »Werde schwerlich Zeit haben; ich will nur ein paar Bissen zu mir nehmen – habe heute fast noch nichts im Leibe – und dann heimreiten.« –

Es war ein wunderbares Gefühl, was den jungen Mann beherrschte, als er nach kaum einer halben Stunde wieder zur Stadt hinaustrabte. Dachte er an Ellen, die auf ihn wartete, so durchwehte es ihn wie heranziehender Frühling, und doch war es ihm, als werfe eine schwarze Wolke im Hintergrunde einen Schatten in seine Welt hinein.

Quelle:
Otto Ruppius: Der Pedlar. Leipzig [um 1910], S. 83-100.
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