Actus 6.

[364] DER HÖRNEN SEWFRIEDT geht ein mit Crimhilden, seiner gemahel, sitzen zamen, und sie spricht.

Sewfriedt, hertzlieber gmahel mein,

Nun bist du mein, so bin ich dein,

Nun scheidt uns niemandt dann der todt.

Lob sey dem allmechtigen gott,

Der dir gab solche macht und krafft

Und das du wurdest sigenthafft

Am grosen risen Kuperon,

Den must zum vierdten mal beston,

Auch das du uberwundst den trachen,

Dardurch du mich thest ledig machen

Von meiner eilenden gefencknuß,

Grewlichen, hardtseligen zwencknuß.

Sag, von wann kam sterck und künheyt.

DER HÖRNEN SEWFRIED spricht.

Mein Crimhildt, wiß mein heimligkeyt,[364]

Das ich hab wol zwölff mannes sterck

Angeborner art, darnach merck:

In meiner jugendt sich zu-trug,

Das ich auch ein trachen erschlug,

Den ich hernach verbrendt mit fewr.

Von diesem trachen ungehewr

Zerschmaltz das horn, floß wie ein bach,

Mit dem schmirt ich mein leib hernach,

Darvon mein haudt ist hart wie horn.

Derhalb ich also kün bin worn

Gegen riesen, helden und würmen

Mit kriegen, kempffen und mit stürmen,

Das meins gleichen nit lebt auff erdt.

CRIMHILDT, DIE KÜNGIN spricht.

Sagt man doch von eim helden werdt,

Der wohn zu Beren in Welschlandt,

Der selb herr Dietrich sey genandt,

Hab auch erschlagen viel der recken,

Den könig Fasolt und den Ecken,

Die Rüetz und auch rieß Sigenot.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.

Ja, das ist war, doch wolt ich gott,

Das her-kemb Dieterich von Bern;

An dem wolt ich mein krafft bewern,

Hoff, er wer mein ehren ahn schaden.

CRIMHILDT, DIE KÜNGIN spricht.

Wilt du, so wil ich lassen laden

Hieher gehn Wurmbs an den Rein

Den Berner und den meyster sein,

Nemblich den alten Hiltebrandt,

Der listig ist mit mundt und handt;

Der gibt dem Berner weyß und lehr,

Das er mit kampff einleget ehr.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.[365]

Ja, ladt in her in rossengarten,

Da wil ich sein mit kampff erwarten.

Schreib im, so wirt er nicht außbleiben;

Künheit und hochmuht thut in treiben,

Das er sich offt in seinem leben

In groß gferligkeit hat ergeben.

CRIMHILDT die künigin, spricht.

Nun so wil ich schicken zu handt

Zu im den hertzog auß Brabandt,

Der wirt den handl außrichten wol.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.

Mitler zeit man zu-rüsten sol

Den obernanten rosengarten;

Mit höffligkeyt nach allen arten

Sol man kleiden das hoffgesindt,

Das der Berner geschmücket findt

Alle ding nach königlicher art.

CRIMHILDT, DIE KÜNGIN spricht.

Nun kumb, so schick wir auff der fart

Mein vettern hertzog auß Brabandt

Hin gebn Beren in Welschelandt,

Zu bringen diesen künen heldt,

Den du zu kampff hast auserweldt.


Sie gehen baide ab.


KÖNIG GIBICH geht ein, setzt sich nider und spricht.

Die tochter und der aiden mein

Haben geschrieben an den Rein

Herr Dietrich von Beren zu kummen;

Waiß nit, ob es in raich zu frummen.

Nun, ich muß es lassen geschehen

Und darzu durch die finger sehen.

Die sach sicht mich nit an für gut,

Weil nichts guts kumbt auß ubermut.


Der könig gehet ab.


HERR DIETRICH VON BERN gehet ein mit seinem wapenmeister, dem alten Hiltebrandt, unnd spricht.[366]

Hör zu, mein wapenmeister Hilbrandt:

Crimhildt, die künigin, hat gesandt

Von Brabandt den hertzogen her

In botschafft, und ist ir beger,

Das ich gehn Wurmbs kumb an Rein

Und sol alda kempffen allein

Mit Sewfrieden, der wöl mein warten,

Irm gmahel, in dem rosengarten.

Wie rädtstu? sol ich dahin reiten?

DER ALTE HILTEBRANDT spricht.

Ey, habt ir doch zu allen zeiten

Gefochten nur nach preiß und ehren,

Ewren rum und preiß zu mehren!

Warumb wolt irs letzt unterlassen?

Macht euch fürderlich auff die strassen,

Ich selber wil auch reiten mit.

DER BERNER spricht.

Rätst dues, so wil ichs lassen nit.

So laß uns baldt satlen zway pferdt,

Nimb schilt, helmb, härnisch und das schwert,

So wöllen wir noch heut auf sein,

Reiten gen Wurmbs an den Rein.


Sie gehen alle baidt ab.


CRIMHILDT gehet ein mit dem hörnen Sewfriedt, irm herren, unnd spricht.

All ding verordent ist auffs best.

Kemen nur baldt die werden gest!

Wann ich der zeit kaum kan erwarten,

Wie ir baidt in dem rosengarten

So ritterlichen werdet kempffen.

Thust du mit kampff den Berner dempffen,

So wirt dein lob erhöhet werden

Uber all heldt auff gantzer erden.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.

Ja, ich hoff sollichs auch zu enden,[367]

Doch steht es als in gottes henden;

Derhalb der sieg steht auff der wal.

Ich wil gehn in den innern sal.


Der hörnen Sewfriedt gehet ab.


DER BERNER kumbt, sicht ihm nach, kert sich zu Crimhilden unnd spricht.

Fraw küngin, ir habt mir geschrieben,

Von Bern mich her gen Wurmbs trieben

Und mir ein kampff gebotten an

Mit köng Sewfriden, ewrem man,

Den ich ietzundt kumb zu volenden

Mit heldenreichen, künen henden.

CRIMHILDT beudt im die handt unnd spricht.

Ja, mein edler Dietrich von Bern,

Durch diesen kampff wil ich powern,

Ob ir oder mein gmahel werdt

Der künest heldt sey auff der erdt;

Dem selben von mir werden muß

Ein umbefang und süeser kuß

Und auch ein rosen-krentzelein.

DIETRICH VON BERN spricht.

Der kampff sol zugesaget sein;

Sagt in nur ewrem herren an.

CRIMHILDT spricht.

Ja, küner heldt, das wil ich than.


Die künigin geht ab.


DER BERNER spricht zum Hiltebrandt.

Itzundt thut mich bey meinen trewen

Des kampff-zusagen heimlich rewen,

Dieweil Sewfriedt gantz hörnen ist,

Das ich vorhin nit hab gewist.

Darumb wolt ich von hertzen gern,

Ich wehr wider daheim zu Bern.

DER ALTE HILTEBRANDT spricht.

Ey, wie ein schendtlich verzagt man,[368]

Der Sewfrieden nit wolt bestan!

Wo man das saget in dem landt,

Des het ir groß laster und schandt.

Wolt gott, ich het euch nie gesehen!

DIETRICH VON BERN spricht.

Wie darffstu mich so schendtlich schmehen?

Weil du mir sprichst solch spodt und hon,

So gib ich dir auch deinen lon.


Der Berner zeucht von leder, schlecht Hiltebrandt nider und geht zornig ab.


DER HILTEBRANDT stehet auff unnd spricht.

Mein herren ich erzürnet hab,

Der ein so harten straich mir gab.

Ich habs nit ohn ursach gethan,

Den kampff er dardurch gwinnen kan.


Hiltebrandt gehet ab.


CRIMHILDT, DIE KÜNIGIN kummet, setzt sich nider unnd spricht.

Ich wil mich setzen in die rosen,

Dem kampff da zusehen und losen.

KÖNIG SEWFRIEDT kummet gewapnet, gehet auff und nider und spricht.

Wie lang muß ich im rosengarten

Auff den Dietrich von Beren warten?

Ich mein, er sey worden verzagt,

Der vor manchen kampff hat gewagt.

HERR DIETRICH VON BERN kummet gewapnet unnd spricht.

Ich wil dir kummen noch zu frw;

Darumb, Sewfriedt, rüst dich darzw.

Mich hat verachtet auch Hilbrandt,

Hat wol entpfunden meiner handt,

Das er vor mir gestrecket lag,

Das dir auch wol begegnen mag.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.[369]

Bist du so kün, drit zu mir her,

Laß schawen, wer dem andern scher.


Da kempffens mit einander, Sewfriedt dreibt den Berner umb, Hiltebrandt sicht heimlich zu, spricht gemach.


Heroldt, geh bring das bottenbrodt,

Berner hab mich geschlagen todt.

DER HEROLDT trit auff den blan unnd schreidt.

Ir herren, last den kampff mit rw,

Biß ich ein wort verkünden thw:

Hilbrandt, der alte, der ist todt,

Seiner seel wöl genaden gott,

Den sein eigner herr hat erschlagen,

Den wil man ietz zu grabe tragen.

DIETERICH VON BEREN spricht.

Ist todt der wapenmeister mein,

Den ich erschlug von wegen dein,

Sol es dir auch nit baß ergan.

Wehr dich mein, erst bin ich ein man

Und ergrimmet in meinem zorn,

Du must sterben, werst lauter horn.


Sie schlagen wider einander, Sewfriedt weicht hinder sich, der küngin in ir schoß, die wirfft ein dün tüchlein uber in, spricht.


Dietrich, bist ein tugenthaffter man,

So wirst du heut geniessen lan

Meinen herren der freyheyt groß,

Weil er mir ligt in meiner schoß.

Verschon seins lebens im allein,

Er sol nun dein gefangner sein.

DIETRICH VON BERN spricht zornig:

O nein, das thu ich nit, bey gott,

Weil mein meyster Hilbrandt ist todt,

So laß ich in auch leben nit,

Darfür hilfft weder fleh noch bit.
[370]

Er zucket das schwerdt, ihn zu erstechen.


DER ALTE HILTEBRANDT kumbt, fert unter das schwerdt unnd spricht.

Mein herr Dietrich, last ewren zorn,

Ich bin wider lebendig worn,

Hab mein todt dir kundt lassen than,

Darmit dein zoren zündet ahn,

Das von dir ging fewer und dampff,

Dardurch du oblegst in dem kampff.

DER BERNER wendt sich unnd spricht.

Nun sey gott lob zu dieser stundt,

Das du noch lebst frisch und gesundt!

Fried sey und iederman verzigen,

Weil ich thet ritterlich gesiegen

Und den preiß hie erfochten han.


Er beudt Sewfriden die handt, richt ihn auff, und Sewfriedt spricht.


Dietrich, du tugenthaffter man,

Hab danck, das du mir schenckst mein leben.

Dein krafft hab ich erfarn eben,

Hab nun erkennet auch dein trew,

Deinr freuntschafft ich mich hoch erfrew.

DIE KÜNGIN beudt dem Berner die handt unnd spricht.

Herr Dietrich, lieber herre mein,

Nembt hin das rosenkrentzelein,

Darzu mein umbefang und kuß.


Sie setzt im den krantz auff, umbfecht in, gibt im ein kuß.


HERR DIETRICH VON BERN spricht.

Erst mich mein kampff nit rewen muß;

In frawen-dienst so bin ich gern.

Nun wöl wir widerumb gehn Bern

Reiten. Gott geb euch seinen segen

Itzundt, forthin und alle wegen

Und laß euch gott mit frewden leben.

DER HÖRNEN SEWFRIEDT spricht.[371]

Wir wöllen euch das gleidt nauß geben

Und uns weiter zwischen uns beden

Mit einander freundtlich bereden,

Was wir mit kampff unser tag erleden.


Sie gehen alle ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 13, Tübingen 1870–1908, S. 364-372.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon