Actus 7.

[372] Günther, Gernot und Hagen, drey brüder Crimhilden, gehen ein, und Günther spricht.


Hört zu, ir lieben brüder mein,

Wir sindt verachtet gar allein

Von unserm schwager, dem Sewfriedt,

Er achtet unser aller nit.

Unser Schwester hat in erwelt,

Mit schmeichlerey er sich auff-helt

Zu Gibich, unserm vatter alt,

Uns sün vertringet mit gewalt.

Als was er thut ist wolgethon,

Uns lest man wie die narren gohn,

Als ob wir wern nit königs sün.

GERNOT, DER ANDER PRUEDER spricht.

Ir brüder, sey wir nit so kün,

Das wir diesen Sewfriedt außtreiben,

Lassen also zu hoff in bleiben

Mit solchem gwaltigen anhang?

Es sey geleich kurtz oder lang,

Stirbt unser herr vatter in den mern,

So wirt er gewieß künig wern;

Wann er hat schon in seiner hendt

Wol halb das könglich regiment.

Raht, wie man dem fürkummen sol.[372]

HAGEN, DER DRIT BRUDER spricht.

Er ist nit außzutreiben wol,

Dieweil er unser schwester hat;

Ob im helt könglich mayestadt.

Wie, wenn unsr einer an der stedt

In ein kampff in auff-forden thet,

Und das sich denn das glück zu-trüg,

Das einer in mit kampff erschlüg?

So kem wir sein mit ehren ab.

GÜNTER, DER ELTEST BRUDER spricht.

Darauff ich wol gesunnen hab.

Welcher aber wil mit im kempffen,

Der in wiß in dem kampff zu dempffen,

Dieweil sein haudt ist lauter horn

Unden und oben, hindn und vorn.

Allein zwischen dem schulter-blat

Zwayer span breidt bloß flaisch er hat,

Daselb ist er allein zu gwinnen.

GERNOT, DER ANDER BRUDER spricht.

Lang hab ich dem auch nach thun sinnen.

Ir brüder, es ist gwiß die sag,

Das Sewfriedt allmal umb mittag

Hienauß spacieret in den waldt,

Legt sich zu einem brunnen kaldt

Ins graß und wohlschmeckenden blumen,

Thut darinn ein wengschlaffn und schlummen.

Da möcht man in heimlich erstechen

Und denn zu hoff mit ehren sprechen,

Es hettens die mörder gethan.

HAGEN, DER DRIT BRUDER spricht.

Bruder, dein fürschlag nem wir an;

Wir wöllen fleissig auff in sehen

Und bey dem brunnen in außspehen,[373]

Darbey wil ich in selb erstechen

Und uns drey brüder an im rechen.

GÜNTER, DER ELTEST BRUDER spricht.

Da wöllen wir zam schwern ein aidt,

Ich und darzu ir alle baid,

Gernot und du, bruder Hagen.


Sie legen die finger auff ein bloß schwerdt.


HAGEN spricht.

Nun, diese that die wil ich wagen,

Doch schweiget darzu alle stil,

Heudt ich die sach noch enden wil.


Sie gehen alle drey ab.


DER HÖRNEN SEWFRIEDT kummet in königlichem gewandt, legt sich unnd spricht.

Ich wil mich legen zu dem brunnen

Hie an den schatten vor der sunnen,

Unter die linden, an den rangen,

Den schmack der guten würtz empfangen.

Und liegen da in stiller rue.

Wie senfft gehn mir mein augen zue!


Die drey brüder kummen, die zwen deuten auff Sewfrieden. Hagen schleicht hinzu, sticht im den dolchen zwischen sein schultern, würfft den dolch hin, Sewfriet zabelt ein wenig, ligt darnach still.


HAGEN spricht.

Nun hat auch ein endt dein hochmuet,

Der uns fort nicht mehr irren thuet.

Nun wöllen wir zu hoff ansagen,

Wie Sewfriedt mördtlich sey erschlagen

Von den mördern bey dem brunnen;

Da hab ein jeger in gefunnen.


Sie gehen ab, decken in mit reissig zu.


CRIMHILDT, DIE KÜNGIN geht ein mit dem heroldt und eim jeger und spricht.

Man hat zu hoff gesaget an,

Wie das mein lieber herr und man

Todt lieg bey diesem brunnen kalt.[374]

Ich hoff, es hab nicht die gestalt.


Sie decket die reiß von im ab, schlecht ir hendt ob dem haubt zamb und spricht.


Da ligt mein lieber herr, ist todt;

Das sey dir klaget, lieber gott!


Sie sincket auff in nider, halset unnd küsset ihn und spricht.


Ach du hertz-lieber gmahel mein,

Der du auß trew das leben dein

Für mich gewagt hast in den todt,

Das du mich lössest auß der noht!

Verflüchet sey der mörder hendt,

Die dich ermörten an dem endt

Die dich im schlaff haben erstochen.

Wil gott, es bleibt nit ungerochen.


Sie ersicht den dolch, hebt den auff, besicht ihn unnd spricht.


Der dolich noch da liegen thut,

Der ist geröt mit seinem blut;

Er ist Hagen, des bruders mein,

Der wirt meins gmahels mörder sein

Sambt sein brüdern, die im ahn maß

Haben tragen groß neidt und haß

Von wegen tugendt und redligkeit,

Der er sich fließ zu aller zeit,

Hielt auch die straß sauber und rein,

Straffet das unrecht groß und klein.

Diß mort wil ich vor meinem endt

Rechen mit meiner eigen hendt

An mein brüdern, solt ich drumb sterben,

So müssens auch am schwerdt verderben.

Nun tragt den todten leib hinab,

Das man in künglich begrab.

Nun wil ich fort ainig allein

Leidtragen und ein witfraw sein,[375]

Dieweil ich hab das leben mein.


Sie tragen den todten ab, die küngin geht trawrig hienach.


DER ERNHOLT kumbt unnd beschleust.

So habt ir gsehen und gehort

Die histori mit dat und wort.

Zum bschluß so wil ich euch vermanen

Die art in gemelten personen:

Erstlich zeigt könig Sigmundt nun:

Eltern, so ein unghraten sun

Haben, den ist gar weh und bang,

Fürchten mit im bösen außgang.

Zumb andern deut Sewfriedt die jugent

On zucht guter sitten und tugendt,

Verwegen, frech und unverzagt,

Die sich in all gferligkeit wagt.

Zum dritten zeigt das zwerglein an

Einen diensthafft getrewen man.

Zum vierdten der rieß bedeuten ist

Ein man wanckel, untrewer list.

Zum fünften so zeigt an der trach:

Ein herrschafft, die in aller sach

Nur fert mit frevel und gewalt,

Die wirt mit gleichem werdt bezalt.

Zum sechsten deut Dietrich von Bern

Ain fürsten, der strebet nach ern,

Treibt kein schinterey umb reichtumb,

Helt sich gerecht, auffricht und frumb.

Zumb siebenden der alt Hilbrandt

Uns eins trewen hoffmans ermandt,

Der eim fürsten bey-wonet steht

Durch trewe that und weisse reht.

Zum achten Crimhildt, das schön weib,

Deut ein weib, das der fürwitz treib

Zu manchem hochmütigen stück.

Der kumbt viel unrats auff den rück.

Zum neunten deutn ir brüder das:[376]

Ein dücksch gselschaft vol neidt und haß,

Die anrichtet viel ungemachs.

Vor der bhüt uns got, wünscht H. Sachs.

Quelle:
Hans Sachs. Band 13, Tübingen 1870–1908, S. 372-377.
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