Zweyter Auftritt.

[4] PAPAGENO kommt den Fußsteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, die hoch über den Kopf geht, worin verschiedene Vögel sind; auch hält er mit beyden Händen ein Faunen-Flötchen, pfeift und singt.


Arie.


Der Vogelfänger bin ich ja,

Stets lustig, heißa! hopsasa!

Der Vogelfänger ist bekannt

Bey Alt und Jung im ganzen Land.

Weiß mit dem Locken umzugeh'n,

Und mich aufs Pfeifen zu versteh'n.

Drum kann ich froh und lustig seyn;

Denn alle Vögel sind ja mein.


Pfeift.[4]


Der Vogelfänger bin ich ja,

Stets lustig, heißa! hopsasa!

Der Vogelfänger ist bekannt,

Bey Alt und Jung im ganzen Land.

Ein Netz für Mädchen möchte ich;

Ich fing' sie dutzendweis für mich.

Dann sperrte sie bey mir ein,

Und alle Mädchen wären mein.


Pfeift, will nach der Arie nach der Pforte gehen.


TAMINO nimmt ihn bey der Hand. He da!

PAPAGENO. Was do!

TAMINO. Sag mir, du lustiger Freund, wer du seyst?

PAPAGENO. Wer ich bin? Für sich. Dumme Frage! Laut. Ein Mensch, wie du. – Wenn ich dich nun fragte, wer du bist? –

TAMINO. So würde ich dir antworten, daß ich aus fürstlichem Geblüte bin.

PAPAGENO. Das ist mir zu hoch. – Mußt dich deutlicher erklären, wenn ich dich verstehen soll!

TAMINO. Mein Vater ist Fürst, der über viele Länder und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz.

PAPAGENO. Länder? – Menschen? – Prinz? –[5]

TAMINO. Daher frag' ich dich! –

PAPAGENO. Langsam! laß mich fragen. – Sag du mir zuvor: Gibt's außer diesen Bergen auch noch Länder und Menschen?

TAMINO. Viele Tausende!

PAPAGENO. Da ließ sich eine Speculation mit meinen Vögeln machen.

TAMINO. Nun sag' du mir, in welcher Gegend wir sind. –

PAPAGENO. In welcher Gegend? Sieht sich um. Zwischen Thälern und Bergen.

TAMINO. Schon recht! aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? – wer beherrscht sie? –

PAPAGENO. Das kann ich dir eben so wenig beantworten, als ich weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin.

TAMINO lacht. Wie? Du wüßtest nicht, wo du geboren, oder wer deine Ältern waren? –

PAPAGENO. Kein Wort! – Ich weiß nicht mehr, und nicht weniger, als daß mich ein alter, aber sehr lustiger Mann auferzogen, und ernährt hat.

TAMINO. Das war vermuthlich dein Vater? –

PAPAGENO. Das weiß ich nicht.

TAMINO. Hattest du denn deine Mutter nicht gekannt?[6]

PAPAGENO. Gekannt hab' ich sie nicht; erzählen ließ ich mir's einige Mahl, daß meine Mutter einst da in diesem verschlossenen Gebäude bey der nächtlich sternflammenden Königinn gedient hätte. – Ob sie noch lebt, oder was aus ihr geworden ist, weiß ich nicht. – Ich weiß nur so viel, daß nicht weit von hier meine Strohhütte sieht, die mich vor Regen und Kälte schützt.

TAMINO. Aber wie lebst du?

PAPAGENO. Von Essen und Trinken, wie alle Menschen.

TAMINO. Wodurch erhältst du das?

PAPAGENO. Durch Tausch. – Ich fange für die sternflammende Königinn und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel; dafür erhalt' ich täglich Speis' und Trank von ihr.

TAMINO für sich. Sternflammende Königinn! – Wenn es etwa gar die mächtige Herrscherin der Nacht wäre! – Sag mir, guter Freund! warst du schon so glücklich, diese Göttinn der Nacht zu sehen?

PAPAGENO der bisher öfters auf seiner Flöte geblasen. Deine letzte alberne Frage überzeugt mich, daß du aus einem fremden Lande geboren bist. –

TAMINO. Sey darüber nicht ungehalten, lieber Freund! ich dachte nur –

PAPAGENO. Sehen? – Die sternflammende[7] Königinn sehen? – Wenn du noch mit einer solchen albernen Frage an mich kommst, so sperr' ich dich, so wahr ich Papageno heiße, wie einen Gimpel in mein Vogelhaus, verhandle dich dann mit meinen übrigen Vögeln an die nächtliche Königinn und ihre Jungfrauen, dann mögen sie dich meinetwegen sieden oder braten.

TAMINO für sich. Ein wunderlicher Mann!

PAPAGENO. Sehen? – Die sternflammende Königinn sehen? – Welcher Sterbliche kann sich rühmen, sie je gesehen zu haben? – Welches Menschen Auge würde durch ihren schwarz durchwebten Schleyer blicken können?

TAMINO für sich. Nun ist's klar; es ist eben diese nächtliche Königinn, von der mein Vater mir so oft erzählte. – Aber zu fassen, wie ich mich hierher verirrte, ist außer meiner Macht. – Unfehlbar ist auch dieser Mann kein gewöhnlicher Mensch. – Vieleicht einer ihrer dienstbaren Geister.

PAPAGENO für sich. Wie er mich so starr anblickt! Bald fang' ich an, mich vor ihm zu fürchten. – Warum siehst du so verdächtig und schelmisch nach mir?

TAMINO. Weil – weil ich zweifle, ob du Mensch bist. –

PAPAGENO. Wie war das?[8]

TAMINO. Nach deinen Federn, die dich bedecken, halt' ich dich – Geht auf ihn zu.

PAPAGENO. Doch für keinen Vogel? – Bleib zurück, sag' ich, und traue mir nicht; – denn ich habe Riesenkraft, wenn ich jemand packe. – Wenn er sich nicht bald von mir schrecken läßt, so lauf' ich davon.

TAMINO. Riesenkraft? Er sieht auf die Schlange. Also warst du wohl gar mein Erretter, der diese giftige Schlange bekämpfte?

PAPAGENO. Schlange! Sieht sich um, weicht zitternd einige Schritte zurück. Was da! ist sie todt, oder lebendig?

TAMINO. Du willst durch deine bescheidene Frage meinen Dank ablehnen – aber ich muß dir sagen, daß ich ewig für deine so tapfere Handlung dankbar seyn werde.

PAPAGENO. Schweigen wir davon still – Freuen wir uns, daß sie glücklich überwunden ist.

TAMINO. Aber um alles in der Welt, Freund! wie hast du dieses Ungeheuer bekämpft? – Du bist ohne Waffen.

PAPAGENO. Brauch keine! – Bey mir ist ein starker Druck mit der Hand mehr, als Waffen.

TAMINO. Du hast sie also erdrosselt?

PAPAGENO. Erdrosselt! Für sich. Bin in meinem Leben nicht so stark gewesen, als heute.[9]


Quelle:
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Zauberflöte, von Emanuel Schikaneder, Wien 1791, S. 4-10.
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