Erster Auftritt


[334] Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich darauf Seni, der Astrolog, wie ein italienischer Doktor schwarz und etwas phantastisch gekleidet.

Er tritt in die Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er die Himmelsgegenden bezeichnet.


BEDIENTER mit einem Rauchfaß herumgehend.

Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache

Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.

ZWEITER BEDIENTER.

Warum denn aber ward die Erkerstube,

Die rote, abbestellt, die doch so leuchtet?

ERSTER BEDIENTER.

Das frag den Mathematikus. Der sagt,

Es sei ein Unglückszimmer.

ZWEITER BEDIENTER.

Narrenspossen!

Das heißt die Leute scheren. Saal ist Saal.

Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?

SENI mit Gravität.

Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.[334]

Das Erste aber und Hauptsächlichste

Bei allem irdschen Ding ist Ort und Stunde.

DRITTER BEDIENTER.

Laß dich mit dem nicht ein, Nathanael.

Muß ihm der Herr doch selbst den Willen tun.

SENI zählt die Stühle.

Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt,

Zwölf Zeichen hat der Tierkreis, Fünf und Sieben,

Die heilgen Zahlen liegen in der Zwölfe.

ZWEITER BEDIENTER.

Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.

SENI.

Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet

Die zehn Gebote.

ZWEITER BEDIENTER.

So! Und warum nennt Ihr

Die Fünfe eine heilge Zahl?

SENI.

Fünf ist

Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem

Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe

Die erste Zahl aus Grad und Ungerade.

ERSTER BEDIENTER.

Der Narr!

DRITTER BEDIENTER.

Ei, laß ihn doch! Ich hör ihm gerne zu,

Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.

ZWEITER BEDIENTER.

Hinweg! Sie kommen! Da! zur Seitentür hinaus.


Sie eilen fort. Seni folgt langsam.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 334-335.
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