1164. Geister auf dem Wielandstein.

[188] Mündlich.


Westlich von Kunstein liegen die Wielands-Höfe, noch zur Pfarrei Wellheim gehörig. Hinter diesen stand auf schroffen Felsen aus mächtigen Quadern erbaut, die Stammburg der von Wieland. Der Vergänglichkeit trotzend drückte Stein auf Stein und stolz ragte das Gebäu zum Himmel empor. Schmale Fensteröffnungen brachten schwaches Tageslicht, wenn anders solche Dämmerung Licht zu nennen ist, in das Innere des Schlosses. Ein hohes, von der Natur selbst gestaltetes Felsenthor führte durch eine Höhle zu der Burg, Wielandstein genannt. Der Köhler im Walde bekreuzigte sich, wenn er der Burg nahte, keine der Buchen wurde je gefällt, die nahe dem Schlosse standen. Oft sahen zu heiligen Zeiten Hirten, Köhler, Jäger und Bauern die schmalen Fensteröffnungen erleuchtet, hörten fürchterliches Gepolter und sahen Ritter in glänzenden Harnischen an den unten gelegenen Höfen vorüberrauschen. Leichengeruch folgte ihrer Spur. Dann winselten die Hunde, und flohen die Leute in die Häuser. So erzählten die Umwohner, so vernahm ein muthiger Reisender die Kunde und beschloß, dem Spuk auf den Grund zu kommen. Ganz allein machte er sich in die Burg, die Leute sahen ihm bedenklich nach und harrten neugierig seiner Wiederkehr. Schon wurde es Nacht und die Strahlen des Mondlichtes brachen durch die Aeste der Bäume und die Zacken der Felsen, ängstlich harreten die Leute noch immer des Verwegenen, ihr Auge fest nach der Burg gerichtet. Mit einem Male rasselte es fürchterlich und eine Last stürzt unter dumpfem Getös über den steilen Felsen hinunter. Es war der Arme, zerschmettert lag er am Boden, noch einige Worte stammelnd verschied er. Nur wenige Trümmer der Burg bestehen noch, den größern Theil derselben verwendete im Jahre 1811 der obere Bauer zum Baue seines Stadels, woran noch die gewaltigen Felsblöcke ersichtlich sind.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 188-189.
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