1331. Metallfühler.

[313] Mündlich.


In der Gegend von Obermoschel sieht man noch Reste der Burg Lewenstein, welche ehemals einem adeligen Geschlechte den Namen gab, das im siebenzehnten Jahrhunderte erlosch. Es verarmte, und die letzten Glieder desselben nahmen oft zu unwürdigen Mitteln ihre Zuflucht, ein Auskommen zu finden. Einer derselben stand im Rufe geheime Künste, insbesonders das Metallfühlen, zu verstehen. In den Tagen, als im Orleanischen Kriege die Franzosen jene Gegend bedrohten, rieth er dem Commandanten der nahen Burg Landsberg, sich auf alle Fälle gefaßt zu machen, jedenfalls aber seine Schätze zu bergen. Der Commandant that es insgeheim wirklich. Als er darauf mit dem von Lewenstein durch den Burggarten ging, blieb letzterer plötzlich aufmerksam stehen und stampfte mit dem Fuße auf den Boden, indem er sagte: »Hier habt ihr Euer Geld vergraben; aber da ist es nicht sicher, thut es an einen andern Platz.« Darob sah ihn der Commandant verblüfft an, ließ es sich aber nicht umsonst gesagt sein. In nächtlicher Stunde schaffte er seine Baarschaft[313] anderswo hin. Wenige Tage nachher kam der Metallfühler wieder, und nun fand er den Schatz unter einer Platte in der Burg. »Ihr steht mit dem Bösen im Bunde,« sagte der Commandant höchst betroffen. Der Metallfühler entgegnete: »Bewahre Gott! Ich bin nur ein Sonntagskind, und solche hat es noch mehr. Darum bringt Eure Truhe unter die große Linde neben dem Heiligenhäuschen vor dem Burgthore. Dort ist sie gefeit und auch für ein Frohnsonntagkind unsichtbar.« Der Commandant folgte dem Rathe. Aber noch in der nämlichen Nacht grub der von Lewenstein das Geld aus und lebte herrlich und in Freuden. Als der Commandant später nach seiner Truhe sehen wollte, war sie fort. Weil aber unrecht Gut nicht gedeiht, schlug das Geld auch beim Lewenstein nicht an; bald war er fertig damit und wieder so arm wie zuvor.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 313-314.
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