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[98] – – Und in der Mitte sah man
Mit einer majestät'schen Miene
Ein Fräulein, wie zur Königin bestimmt
Durch Wuchs und Schönheit – –
Und wie ein Reiz sie alle übertraf,
So war ihr Anzug edler auch als aller –
Ein Diadem von rothem Gold umschloß
Die Stirn – zwar einfach – aber dennoch reich
Als Zeichen ihrer Herrschaft führte sie
Den Agnus-Castuszweig in ihrer Hand
Die Blume und das Blatt.
(Chaucer.)
Die Marschälle William de Wyvil und Stephan de Martival waren die ersten, welche dem Sieger ihre Glückwünsche darbrachten, und ihn zugleich baten, sich den Helm abnehmen zu lassen, oder wenigstens sein Visier aufzuschlagen, ehe sie ihn zu dem Prinzen führten, damit er den Preis des Turniers erhalte. Der enterbte Ritter schlug diese Bitte mit aller Höflichkeit ab, indem er angab, er dürfe für jetzt sein Gesicht nicht sehen lassen, aus Gründen, die er beim Eintritt in die Schranken den Herolden bereits angegeben habe. Die Marschälle waren vollkommen mit dieser Antwort zufrieden, denn unter den häufigen und seltsamen Gelübden, wodurch sich die Ritter in jenen Tagen zu binden pflegten, war keines häufiger als das, daß sie sich verbindlich machten, auf eine gewisse Zeit unerkannt zu bleiben, bis ein bestimmtes Abenteuer vollbracht sei. Die Marschälle drängten sich daher nicht weiter in das Geheimniß des enterbten Ritters, sondern kündigten dem Prinzen[99] Johann den Wunsch des Siegers an, unerkannt zu bleiben, und baten um die Erlaubniß, ihn vor Seine Hoheit führen zu dürfen.
Johanns Neugierde war erregt durch das Geheimniß, welches der Fremde beobachtete, und da er schon unzufrieden über den Ausgang des Turniers war, so antwortete er den Marschällen hochfahrend: »Bei unserer Dame, dieser Ritter hat seine Höflichkeit ebenso gut wie seine Besitzungen durch die Enterbung verloren, da er vor uns mit bedecktem Gesicht zu erscheinen wünscht. – Wißt ihr, Mylords,« sagte er zu seiner Begleitung gewendet, »wer dieser Tapfere sein mag, der sich so stolz beträgt?«
»Ich kann es nicht errathen,« antwortete de Bracy, »auch habe ich nicht gedacht, daß es innerhalb der vier Seen, welche Britannien einschließen, einen Kämpfer geben könne, der diese fünf Ritter an einem Tage zu besiegen vermöchte. Meiner Treu, ich vergesse in meinem Leben nicht, mit welcher Gewalt er de Vipont niederwarf. Der arme Hospitaliter wurde aus dem Sattel geworfen, wie ein Stein aus der Schleuder.«
»Prahlt nur nicht damit,« sagte ein Johanniterritter, »Euer Templer hatte kein besseres Glück! Ich sah es wohl, wie sich Bois-Guilbert dreimal überschlug und jedesmal mit den Händen in den Sand griff.«
Bracy, der es mit den Templern hielt, wollte erwidern, wurde aber von Prinz Johann verhindert, welcher sagte: »Still, ihr Herren! Wir streiten uns hier nutzlos!«
»Der Sieger,« begann de Wyvil, »wartet noch immer, ob es Eurer Hoheit gefällig wäre –«
»Es ist uns gefällig,« versetzte Johann, »daß er so lange warten soll, bis einer hier seinen Namen und Rang errathen hat. Sollte er bis zur Nacht hier bleiben, so wird er genug zu thun haben, sich warm zu halten.«
»Eure Hoheit,« sagte Waldemar Fitzurse, »erweist dem Sieger weniger als die schuldige Ehre, wenn Ihr ihn zu warten nöthigt, bis wir Euch sagen, was wir nicht errathen können. Ich wenigstens wüßte nicht, auf wen ich rathen sollte – es müßte denn einer von den wackern Kämpen sein, die König Richard begleiteten, und die jetzt im Begriffe sein sollen, aus dem gelobten Lande heimzukehren.«
»Es könnte der Graf von Salisbury sein,« sagte Bracy, »der hat ungefähr dieselbe Größe.«[100]
»Eher wohl Sir Thomas de Multon, der Ritter von Gilsland,« sagte Fitzurse, »Salisbury hat stärkere Knochen.«
Ein Geflüster erhob sich jetzt unter dem Gefolge, es könne ja der König Richard selber sein, doch erfuhr man nicht, von wem es herrühre.
»Bewahr uns Gott!« sagte Prinz Johann, und wandte sich todtenbleich und wie vom Blitz getroffen plötzlich um, indem er sagte, »Waldemar, Bracy, tapfere Ritter und Edle, denkt an Euer Versprechen und steht mir treulich bei.«
»Die Gefahr ist noch nicht so nahe,« sagte Waldemar Fitzurse, »seid Ihr denn so wenig mit der riesenhaften Gestalt von Eures Vaters Sohn bekannt, daß Ihr glaubt, er lasse sich in den Umfang einer solchen Rüstung wie die des Fremden einschließen? – Ihr, de Wyvil und Martival, würdet dem Prinzen einen Dienst leisten, wenn Ihr den Sieger sogleich zum Throne führtet, und so einen Irrthum endetet, der alles Blut aus den Wangen des Prinzen getrieben hat. Seht ihn nur genauer an,« fuhr er zu dem letzteren gewendet fort, »Eure Hoheit wird dann finden, daß ihm noch drei Zoll an Richards Höhe und zweimal so viel an der Breite der Schultern fehlen. Das Roß, welches er reitet, hätte auch den König Richard nicht in einem einzigen Gange zu tragen vermocht.«
Die Marschälle führten unterdeß den enterbten Ritter zu dem Fuße einer hölzernen Treppe, die aus den Schranken zu Johanns Throne hinaufführte. Immer noch durch den Gedanken beunruhigt, daß sein Bruder, der so beleidigte Bruder, dem er so sehr verpflichtet war, plötzlich in sein Vaterland zurückgekehrt sein möchte, konnte er selbst trotz der von Fitzurse angegebenen Unterscheidungszeichen seine Befürchtungen nicht ganz unterdrücken; und indem er, nach einer kurzen und befangenen Lobrede auf des Ritters Tapferkeit, befahl, ihm das als Preis ausgesetzte Schlachtroß zu überliefern, fürchtete er, aus dem noch immer geschlossenen Visiere des geharnischten Mannes eine Antwort der tiefen und achtunggebietenden Stimme des löwenherzigen Richard zu vernehmen.
Doch der enterbte Ritter erwiderte kein Wort auf des Prinzen Compliment, er dankte nur durch eine tiefe Verbeugung.
Dann wurde das Roß von zwei reich gekleideten Dienern in die Schranken eingeführt. Es war mit dem reichsten Geschirr versehen,[101] wodurch es indeß in den Augen der Kenner nichts an Werth gewinnen konnte. Der enterbte Ritter legte sogleich die eine Hand auf den Sattelknopf, schwang sich mit der andern, ohne den Steigbügel zu berühren, auf den Rücken des Thieres, und ritt mit geschwungener Lanze und der Geschicklichkeit eines vollendeten Reiters zweimal um die Schranken.
Der Schein von Eitelkeit, den dies sonst wohl hätte erwecken können, wurde dadurch aufgehoben, daß er sich das Ansehn gab, als wolle er den Preis, den er soeben von dem Prinzen empfangen hatte, im vortheilhaftesten Lichte zeigen, und so gewann der Ritter auch dadurch den Beifall der ganzen Versammlung.
Indeß hatte der unruhige Prior von Jorvaulx den Prinzen leise erinnert, daß der Sieger nun auch, nachdem er seine Tapferkeit an den Tag gelegt, seinen Geschmack darin zeigen müsse, daß er unter den Schönheiten, welche die Gallerien zierten, eine Dame wählte, die den Thron der Königin der Liebe und Schönheit einnehmen und den Preis des Turniers am folgenden Tage ertheilen könnte. Als der Ritter daher im zweiten Umgang um die Schranken an ihm vorüberkam, machte er ein Zeichen mit dem Stabe, worauf sich jener sogleich nach dem Thron wandte, und während er die Lanze bis auf einen Fuß vom Boden senkte, das feurige Roß aus der vollen Belegung zur Ruhe einer Bildsäule zu bringen wußte.
»Herr enterbter Ritter,« sagte Prinz Johann, »denn nur mit diesem Titel können wir Euch anreden, es ist jetzt Eure Pflicht, sowie Euer Vorrecht, die schöne Dame zu ernennen, welche als Königin der Ehre und Schönheit bei der Festlichkeit des nächsten Tages den Vorsitz führen soll. Wenn Ihr, als Fremder in unserm Lande, des Urtheils anderer bedürfen solltet, um das Eurige zu leiten, so können wir Euch nur sagen, daß Alicia, die Tochter unsers tapfern Ritters Waldemar Fitzurse, an unserm Hofe längst als die erste Schönheit anerkannt ist. Dennoch ist es Euer unbezweifeltes Vorrecht, diese Krone zu verleihen, wem Ihr wollt; durch die Ueberreichung derselben an die Dame Eurer Wahl ist die Königin auf morgen in aller Form bestimmt. – Erhebt Eure Lanze!«
Der Ritter gehorchte, und Prinz Johann steckte an die Spitze derselben einen mit einem Goldreif umfaßten Kranz von grünem Seidenzeug, dessen oberer Rand mit Pfeilspitzen und Herzen besetzt[102] war, die so wechselten wie die Blätter und Kugeln auf einer Herzogskrone.
Zu dem handgreiflichen Winke hinsichtlich Waldemar Fitzurses Tochter hatte Johann mehr als einen Beweggrund, die alle aus einem Gemüthe entsprangen, das eine seltsame Mischung von Sorglosigkeit, Anmaßung, niedrigen Kunstgriffen und Verschlagenheit darstellte. Er wünschte aus der Erinnerung der Ritter, die ihn umgaben, den unpassenden und unschicklichen Scherz hinsichtlich der Jüdin Rebekka zu verbannen, er wünschte ferner Alicias Vater sich zu verbinden, vor dem er eine gewisse Furcht empfand, und der sich im Verlaufe des Tages mehr als einmal unzufrieden gezeigt hatte. Auch hegte er den Wunsch, sich bei der Dame in Gunst zu setzen, denn Johann war wenigstens ebenso ausschweifend in seinen Vergnügungen als ungebändigt in seinem Ehrgeiz. Aber außer all diesen Gründen war er begierig, dem enterbten Ritter, gegen den er bereits einen heftigen Widerwillen hegte, einen mächtigen Feind in der Person des Waldemar Fitzurse entgegenzustellen, der, wie er dachte, die seiner Tochter zugefügte Beleidigung ohne Zweifel nicht ungerächt lassen werde, im Fall der Sieger, was nicht unwahrscheinlich war, eine andere Wahl treffen sollte.
Und so geschah es. Der enterbte Ritter sprengte an der Gallerie vorüber, die sich dicht neben der des Prinzen befand, und in welcher Lady Alicia in dem vollen Stolze triumphirender Schönheit saß. Indem er jetzt so langsam wie vorhin rasch um die Schranken ritt, schien er sich des Rechtes bedienen zu wollen, die zahlreichen schönen Gesichter zu prüfen, die jenen glänzenden Kreis schmückten.
Endlich hielt der Ritter unter dem Balcon still, auf welchem Lady Rowena saß, und die Erwartung der Zuschauer war aufs äußerste erregt.
Man muß gestehen, daß, wenn Theilnahme an dem Erfolge den enterbten Ritter hätte bestechen können, der Theil der Schranken, bei dem er jetzt hielt, diese Auszeichnung verdient haben würde. Cedric, der Sachse, überglücklich wegen der Niederlage des Templers, und noch mehr über die Niederlage seiner beiden übelwollenden Nachbarn, Front de Boeuf und Malvoisin, hatte sich mit halbem Leibe über die Schranken gelehnt, und war dem Sieger auf jedem Gange nicht bloß mit den Augen, sondern auch mit ganzem Herzen und ganzer Seele gefolgt. Lady Rowena hatte auf das Geschick[103] des Tages zwar mit gleicher Aufmerksamkeit geachtet, doch ohne denselben lebhaften Antheil merken zu lassen. Selbst der unbewegliche Athelstane schien seine gewöhnliche Apathie vergessen zu wollen, denn er hatte sich einen vollen Becher reichen lassen und ihn auf das Wohl des enterbten Ritters geleert.
Eine andere Gruppe unter der von den Sachsen besetzten Gallerie hatte einen nicht geringeren Antheil an dem Schicksal des Tages genommen.
»Vater Abraham!« sagte der Jude Isaak, als der erste Gang zwischen dem Templer und dem enterbten Ritter vorüber war, »wie stolz der Heide reitet! Das schöne Roß aus der Barbarei, wahrhaftig, er geht damit um, als wenns ein Waldesel wäre – und die edle Rüstung, die dem Joseph Pareira, dem mailändischen Waffenschmiede, so manche Zechine werth war, siebzig Procent Gewinn abgerechnet, um die kümmert er sich so wenig, als wenn er sie auf der Straße gefunden hätte!«
»Wenn er seine eigene Person und Glieder bei einem so furchtbaren Gefechte in Gefahr setzt, Vater,« sagte Rebekka, »da kann man wohl nicht erwarten, daß er an Roß und Rüstung denken werde.«
»Kind,« versetzte Isaak etwas erhitzt, »Du weißt nicht, was Du sprichst. Sein Hals und seine Glieder sind sein eigen, aber das Pferd und die Rüstung gehören – heiliger Jakob, was wollte ich sagen! – Nun, er ist doch ein guter Junge, sieh' Rebekka, sieh', er ist wahrlich willens, noch einmal den Gang mit dem Philister zu versuchen! Bete Kind, bete für die Rettung des guten Jünglings und um Schonung des Rosses und der reichen Rüstung. – Gott meiner Väter!« rief er abermals aus, »er hat gesiegt, und der unbeschnittene Philister ist vor seiner Lanze gefallen, wie Og, der König von Baschan, und Sihon, der König der Ammoniter vor dem Schwerte unserer Väter fielen! Gewiß wird er nun ihr Gold und ihr Silber, und ihre Streitrosse, und ihre Rüstungen von Erz und Stahl als Beute und Lohn bekommen!«
Die nämliche ängstliche Theilnahme zeigte der würdige Jude während jedes Ganges, welcher stattfand, und selten verfehlte er zu berechnen, wie viel das Pferd und die Rüstung werth sein könne, welche dem Sieger nach dem Gesetze zufielen. Man sieht daraus, daß diejenigen, welche den Theil der Schranken einnahmen,[104] vor welchem der enterbte Ritter jetzt eben verweilte, keinen geringen Antheil an seinem Glücke genommen hatten.
Aus Unentschlossenheit oder irgend einem andern Grunde blieb der Sieger des Tages länger als eine Minute unbeweglich, während die Augen der schweigenden Versammlung fest auf ihn geheftet waren; endlich senkte er langsam und mit Grazie die Spitze seiner Lanze und legte die Krone, die daran hing, zu den Füßen der schönen Rowena nieder. Augenblicklich ertönten die Trompeten und die Herolde riefen Lady Rowena als Königin der Schönheit und Liebe für den folgenden Tag aus und drohten denen mit angemessenen Strafen, welche ihrer Herrschaft nicht den gebührenden Gehorsam leisten würden. Hierauf wiederholten sie ihre Bitte um Largesse und Cedric beantwortete diese in der Freude seines Herzens durch eine reichliche Gabe, welcher Athelstane, obgleich minder schnell, ein gleich großes Geschenk beifügte.
Unter den Damen von normännischer Abkunft ließ sich zwar einiges Gemurmel vernehmen, denn sie waren ebenso wenig gewohnt, einer sächsischen Schönheit den Vorzug zu Theil werden, als ihre Edelherren in den Spielen, die sie selber eingeführt hatten, eine Niederlage erleiden zu sehen. Indessen wurden die Aeußerungen des Mißfallens durch den lauten Ruf des Volkes unterdrückt: »Es lebe die Lady Rowena, die erwählte, gesetzmäßige Königin der Liebe und Schönheit!« Manche fügten sogar noch hinzu: »Lange lebe die sächsische Prinzessin! Lange lebe der Stamm des unsterblichen Alfred!«
Wie unangenehm diese Töne auch dem Prinzen Johann und seiner Umgebung sein mochten, so sah er sich doch genöthigt, die Wahl des Siegers zu bestätigen; er stieg sogleich zu Pferde und ritt in Begleitung seines Gefolges wieder in die Schranken. Der Prinz verweilte einen Augenblick unter der Gallerie der Lady Alicia, der er sein Compliment machte, indem er zugleich zu seiner Umgebung sagte: »Wahrlich, ihr Herren, wenn des Ritters Thaten heute auch bewiesen, daß er Glieder und Muskeln hat, so zeigt doch seine gegenwärtige Wahl, daß seine Augen eben nicht die klarsten sind.«
Bei dieser Gelegenheit, sowie in seinem ganzen Leben, hatte Prinz Johann das Unglück, den Charakter derer zu verkennen, die er für sich zu gewinnen wünschte. Waldemar Fitzurse fühlte sich[105] mehr beleidigt als geschmeichelt dadurch, daß der Prinz so laut äußerte, seine Tochter sei verschmäht worden.
»Ich kenne kein Recht der Ritterschaft,« sagte er, »so köstlich und unveräußerlich als das jedes freien Edlings, die Dame seiner Liebe durch eigenes Urtheil zu wählen. Meine Tochter strebte nach keiner solchen Auszeichnung und wird in ihrem eigenen Charakter und in ihrer eigenen Sphäre hinreichend finden, was man ihr schuldig ist.«
Prinz Johann erwiderte nichts, sondern spornte sein Roß an und sprengte auf die Gallerie zu, wo Lady Rowena noch immer mit der Krone zu ihren Füßen saß.
»Empfangt, schöne Dame,« sagte er, »das Zeichen Eurer Herrschaft, welcher niemand aufrichtiger huldigen kann als ich selbst, Johann von Anjou; und gefällt es Euch, heute nebst Eurem edlen Vormund und Euren Freunden unser Bankett im Schlosse Ashby zu beehren, so werden wir die Herrscherin kennen lernen, der wir morgen unsere Dienste weihen sollen.«
Rowena schwieg, und Cedric antwortete an ihrer statt in seiner sächsischen Muttersprache: »Eála, hlaf-veard mîn, die Lady Rowena versteht die Sprache nicht, in der sie auf Eure Artigkeiten antworten sollte, auch weiß sie ihre Rolle bei Eurem Feste nicht zu spielen. Ich und der edle Athelstane von Coningsburgh sprechen auch nur die Sprache unserer Väter, so wie wir auch nur ihre Sitten kennen. Wir müssen daher mit Dank Eure höfliche Einladung zu dem Bankette ablehnen. Morgen aber wird Lady Rowena die Stelle übernehmen, zu der sie durch die freie Wahl des siegenden Ritters, die der Zuruf des Volks bestätigt hat, berufen ist. God beó vith eóv.«
Mit diesen Worten hob er die Krone auf, und setzte sie Rowena zum Zeichen der Annahme der ihr ertheilten zeitlichen Würde auf das Haupt.
»Was sagt er?« fragte Prinz Johann, sich stellend, als verstehe er die angelsächsische Sprache nicht, in der er doch recht wohl erfahren war. Man übersetzte ihm daher Cedrics Rede ins Französische. »Gut,« sagte er, »so wollen wir morgen selbst diese stumme Herrscherin zum Sitz ihrer Würde führen! Ihr aber, Herr Ritter,« setzte er zu dem Fremden gewendet hinzu, der noch immer[106] dicht bei der Gallerie geblieben war, »Ihr werdet doch wenigstens heute unser Gastmahl theilen?«
Der Ritter sprach jetzt zum ersten Male in leisem und flüchtigem Tone und entschuldigte sich, indem er Ermüdung und die nöthigen Vorbereitungen zu dem morgenden Kampfe vorschützte.
»Es ist gut,« sagte Prinz Johann mit Stolz, »wenn auch an abschlägige Antworten nicht gewöhnt, wollen wir versuchen, unser Mahl zu verdauen, so gut es gehen will; selbst wenn der glücklichste Kämpfer und seine erwählte Königin der Schönheit uns nicht beehren.«
Mit diesen Worten verließ er nebst seinem glänzenden Gefolge die Schranken, und das war das Zeichen zum Aufbruch und zur Zerstreuung für sämmtliche Zuschauer.
Indeß hatte Prinz Johann mit dem rachsüchtigen Gedächtnisse, das verletztem Stolze eigen ist, besonders wenn es sich mit dem Bewußtsein verbindet, daß es ihm an eignem Verdienst fehlt, kaum einige Schritte gethan, als er, sich umsehend, das Auge voll düsteren Zornes auf dem Landsassen ruhen ließ, der ihm den ersten Theil des Tages so sehr mißfallen hatte, und den Bewaffneten, die bei ihm waren, den Befehl zurief: »Bei eurem Leben, laßt mir den Kerl nicht entschlüpfen!«
Der Landsasse stand, den glühenden Blick auf den Prinzen geheftet, mit derselben unveränderlichen Festigkeit da, die sein früheres Benehmen bezeichnet hatte, und sagte mit Lächeln: »Ich gedenke überdies Ashby nicht vor übermorgen zu verlassen; ich muß doch sehen, wie Staffordshire und Leicestershire ihre Bogen spannen, Needwood und Charnwood müssen auch gute Schützen liefern.«
»Und ich,« sagte Prinz Johann zu seinem Gefolge, ohne geradezu auf jene Rede zu antworten, »ich will sehen, wie er seinen eigenen Bogen spannt; und wehe ihm, wenn seine Geschicklichkeit nicht einigermaßen seine Ungeschliffenheit entschuldigt.«
»Es ist hohe Zeit,« sagte Bracy, »daß die outre-cuidance dieses Landvolks durch eine exemplarische Strafe gebändigt wird.«
Waldemar Fitzurse, der vermuthlich meinte, daß sein Herr nicht den geradesten Weg zur Volksgunst einschlüge, zuckte die Schultern und schwieg. Prinz Johann zog sich aus den Schranken zurück, und nun wurde das Auseinandergehen der Menge allgemein.
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