[427] Ein anderes Zimmer im Palast.
Pisanio tritt auf mit Briefen.
PISANIO.
Wie? Ehebruch? Weshalb denn schreibst du nicht,
Welch Scheusal sie beschuldigt? – Leonatus!
Oh, Herr! Was für ein fremder Pesthauch goß
Sich in dein Ohr? Welch falscher Italiener
(Mit Zung' und Hand vergiften sie!) besiegte
Den allzu leichten Sinn dir? – Treulos? Nein!
Für ihre Treu' wird sie gestraft, und duldet,
Mehr einer Göttin gleich als einer Frau,
Andrang, dem wohl der meisten Kraft erläge. –
Oh, mein Herr!
So tief steht dein Gemüt jetzt unter ihr,
Als sonst dein Glück stand! – Wie! Ich sie ermorden?
Bei Lieb' und Treu' und Pflicht, die deinem Dienst
Ich angelobt? – Ich, sie? – Ihr Blut vergießen?
Nennst du dies guten Dienst, nie heiße man
Mich guten Diener! Wie denn seh' ich aus,
Daß ich so bar von Menschlichkeit erscheine,
So sehr, wie diese Tat es fodert?
Er liest.
»Tu' es,
Gelegenheit wird ihr Befehl dir geben,
Auf meinen Brief an sie.« Verdammtes Blatt!
Schwarz, wie die Tint' auf dir! Fühlloser Fetzen,
Bist Mitverschworner dieser Tat, und scheinst
So jungfräulich von außen? Ach! Sie kommt.
Imogen tritt auf.
Ich tu', als wüßt' ich nichts von dem Befehl.
IMOGEN.
Was gibt's, Pisanio?
PISANIO.
Hier ist ein Brief von meinem Herrn, Prinzessin.
IMOGEN.
Wer? Dein Herr? Das ist mein Herr, Leonatus?
Oh, weise wär' der Astronom, der so
Die Sterne kennte, wie ich diese Schrift;
Ihm wär' die Zukunft klar. – Ihr güt'gen Götter,
Laßt, was dies Blatt enthält, von Liebe sprechen,
Vom Wohlsein, der Zufriedenheit des Gatten, –[427]
Doch nicht mit unsrer Trennung, nein, die schmerz' ihn;
Denn mancher Schmerz ist heilsam: so ist dieser,
Er stärkt die Liebe; – drum Zufriedenheit,
Nur damit nicht! – Erlaube, liebes Wachs –
Gesegnet seid, ihr Bienen, die ihr knetet
Der Heimlichkeiten Schloß! Der Liebende
Und Schuldbedrängte betet sehr verschieden;
Den Ausgeklagten werft ihr ins Gefängnis,
Hold riegelt ihr das Wort Cupidos ein! –
Gebt gute Nachricht, Götter!
Sie liest. »Die Gerechtigkeit und der Zorn deines Vaters, wenn er mich auf seinem Gebiete ergriffe, könnten nicht so grausam gegen mich sein, daß dein Blick, Geliebteste, mich nicht in das Leben zurück riefe. Wisse, daß ich in Cambria, in Milford Hafen bin. Was deine Liebe dir auf diese Nachricht raten wird, dem folge! Hiermit wünscht dir alles Glück, der seinem Eide getreu und der Deinige bleibt in stets wachsender Liebe,
Leonatus Posthumus.«
Oh ein geflügelt Roß! – Hörst du, Pisanio?
Er ist in Milford Hafen: lies, und sprich,
Wie weit von hier? Quält mancher sich um Nicht'ges
In einer Woche hin, könnt' ich denn nicht
In einem Tag hingleiten? – Drum, du Treuer
(Der, so wie ich, sich sehnt, den Herrn zu schaun:
Sich sehnt, – doch minder, – nicht, nicht so, wie ich: –
Dennoch sich sehnt, – doch schwächer: – nicht wie ich;
Denn meins ist endlos, endlos), sprich, und schnell
(Amors Vertrauter müßte des Gehörs
Eingänge rasch, bis zum Ersticken füllen),
Wie weit es ist, dies hochbeglückte Milford;
Und nebenher, wie Wales so glücklich wurde,
Solch einen Hafen zu besitzen. Doch, vor allem,
Wie stehlen wir uns weg? Und wie den Riß
Der Zeit, von unserm Fortgehn bis zur Rückkehr,
Entschuldigen? – Doch erst, wie komm' ich fort?
Warum vor dem Erzeugen schon gebären
Entschuldigung? Das sprechen wir nachher.
O bitte, sprich,[428]
Wie vielmal zwanzig Meilen reiten wir
In einer Stunde?
PISANIO.
Zwanzig an einem Tag
Ist Euch genug, Prinzeß, und viel zu viel.
IMOGEN.
Ei, der zum Richtplatz ritte, Freund, er könnte
So säumen nicht; von Pferdewetten hört' ich,
Wo Rosse schneller liefen als der Sand
Im Stundenglas. – Doch dies ist Kinderei: –
Geh, meine Kammerfrau soll krank sich stellen,
Und heim zu ihrem Vater wollen. Du
Schaff' mir ein Reitkleid, besser nicht als ziemlich
Der Pächterfrau!
PISANIO.
Fürstin, bedenkt doch lieber –
IMOGEN.
Nur vorwärts blick' ich, weder rechts noch links,
Noch rückwärts: dort ist Nebel überall,
Der mir die Augen schließt. Ich bitte, fort;
Tu', was ich sage: – laß so Furcht wie Hoffen,
Nach Milford einzig ist der Weg mir offen.
Sie gehn ab.
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