[435] Vor dem Schlosse.
Cassio tritt auf mit Musikanten.
CASSIO.
Ihr Herrn, spielt auf, ich zahl' euch eure Müh':
Ein kurzes Stück, als Morgengruß dem Feldherrn.
Musik. Der Narr tritt auf.
NARR. Nun, ihr Herren? Sind eure Pfeifen in Neapel gewesen, daß sie so durch die Nase schnarren? – Aber hier ist Geld für euch, ihr Herren, und dem General gefällt eure Musik so ausnehmend, daß er euch um alles in der Welt bitten läßt, keinen Lärm mehr damit zu machen.
MUSIKANTEN. 's ist gut, Herr, das wollen wir auch nicht.
NARR. Wenn ihr eine Musik habt, die gar nicht zu hören ist, in Gottes Namen; aber was man sagt, Musik hören: danach fragt der General nicht viel.
MUSIKANTEN. Solche haben wir nicht, Herr.
NARR. Dann steckt eure Pfeifen wieder in den Sack, denn ich will fort. Geht! – Verschwindet in die Lüfte. Husch!
Die Musikanten gehn ab.
CASSIO. Hörst du, mein ehrliches Gemüt? –
NARR. Nein, Eu'r ehrliches Gemüt hör' ich nicht; ich höre Euch.
CASSIO. Ich bitt' dich, laß deine Witze! Hier hast du ein kleines Goldstückchen; wenn die Gesellschaftsdame deiner Gebieterin schon munter ist, sag' ihr; hier sei ein gewisser Cassio, der sie um die Vergünstigung eines kurzen Gesprächs bitte. Willst du das tun?[435]
NARR. Munter ist sie, Herr; wenn sie sich hierher ermuntern will, so werd' ich's ihr insinuieren.
Narr ab. Jago tritt auf.
CASSIO.
Dank, lieber Freund! Ei, Jago, grade recht! –
JAGO.
So gingt Ihr nicht zu Bett?
CASSIO.
Ich? Nein, der Morgen graute,
Eh' wir uns trennten. Eben jetzt, mein Jago,
Schickt' ich zu deiner Frau, und ließ sie bitten,
Sie wolle bei der edlen Desdemona
Mir Zutritt schaffen.
JAGO.
Ich will gleich sie rufen;
Und auf ein Mittelsinn' ich, wie der Mohr
Entfernt wird, daß Ihr um so freier Euch
Besprechen mögt.
Ab.
CASSIO.
Von Herzen dank' ich dir's. – Ich kannte nie
'nen Florentiner, der so brav und freundlich.
Emilia tritt auf.
EMILIA.
Guten Morgen, werter Leutnant. Euer Unfall
Betrübt mich sehr, doch wird noch alles gut.
Der General und seine Frau besprechen's,
Und warm vertritt sie Euch; er wendet ein,
Der junge Mann sei hochgeschätzt in Cypern,
Von großem Anhang; und nach bestem Rat
Könn' er Euch nicht verteid'gen. Doch er liebt Euch,
Und keines Fürworts braucht's, als seine Freundschaft,
Euch wieder einzusetzen.
CASSIO.
Dennoch bitt' ich –
Wenn Ihr's für ratsam haltet oder tunlich –,
Schafft mir die Wohltat einer Unterredung
Allein mit Desdemona!
EMILIA.
Kommt mit mir:
Ich richt' es ein, daß Ihr in günst'ger Muße
Euch frei erklären mögt.
CASSIO.
Wie dank' ich Euch!
Sie gehn ab.[436]
Ausgewählte Ausgaben von
Othello
|
Buchempfehlung
Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.
246 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro