8. Szene.

[33] DOKTOR FAUST allein. Ithuriel! Ithuriel! Du bist da! ich höre deine Stimme, ich höre den leisen Schlag deiner goldenen Fittiche. Weh! Weh mir! O Ewigkeit! Zukunft! Furchtbarer Riese, warum trittst[33] du dräuend in meine Bahn? Hat denn vergebens die Natur meiner Seele diese Schwingen angesetzt? Warum glüht's in diesem Hirne? Warum tobt's in diesen Adern? Fort! – Aber Tugend? – Ohnmächtiger, was kannst du noch für sie, als jammern und sterben? Triumphiert nicht hier der Bösewicht? Ist hier nicht Unschuld die Beute des Lasters, der Schwache die Beute des Stärkern? – O hinweg! Ich will der Hölle ihre Macht abborgen und ihre Flammen verlöschen. Ich will rächen das Klaggeschrei der gemißhandelten Tugend und diese nur von Tränen betaute Wüste zum fruchtbaren Elysium wandeln. – O fort, meine Seele hat neue Fittiche. Fort! Mein Entschluß ist gefaßt. Erscheine! Beim allmächtigen Siegel Salomonis, erscheine!


Quelle:
Soden, Julius von: Doktor Faust. Neustadt a.d. Aisch 1931, S. 33-34.
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