Aussicht

[134] Er kommt vom Olympos, vergoldet die Hügel,

Der Tag, den zum schönsten ich längst mir erkohr;

Dann jauchz' ich, dann schweb' ich mit goldenem Flügel

Hoch über die Wolken zur Gottheit empor.


Dann weih' ich zu himmlischen hehren Gesängen,

Zum ewigen Jubellied, Harfe! dich ein;

Dort werden mich meine Geliebten umdrängen,

Mich jauchzend begrüßen, im stralenden Hain.


Unsterblichkeit! göttlicher, großer Gedanke,

Des Weisesten Wunsch und des Edelsten Ziel,

Einst, wenn ich ermattet zum Grabe hinwanke,

Dann lindre der scheidenden Seele Gefühl.
[135]

Versieget, ihr Thränen, versieget auf immer!

O warlich, die Erde ist eurer nicht werth;

Wie täuschende Farben, zerflattert ihr Flimmer

Dem Auge, das himmlische Wonne verklärt.

Quelle:
Elise Sommer: Poetische Versuche, Marburg 1806, S. 134-136.
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