Einhundertundsechsundzwanzigstes Kapitel.

[183] Aber sachte! – denn hier in diesen wonnigen Ebenen, unter dieser zeugenden Sonne, wo eben jetzt zur Weinlese alles Fleisch pfeift und fiedelt und tanzt und die Vernunft bei jedem Schritt von der Phantasie mit fortgerissen wird – versuch' es da nur Einer, trotz Allem, was in diesem Werke bereits über gerade Linien gesagt ist, und wäre er der beste Kohlpflanzer, den's je gegeben, und pflanzte er vorwärts und rückwärts (was bis auf die größere Verantwortung in dem einen Falle hier nicht weiter in Betracht kommt) – versuch' es nur Einer, seinen Kohl bedächtig, kritisch und nach der Regel, einen nach dem andern in geraden[183] Linien und in stoischen Entfernungen zu pflanzen, besonders wenn die Schlitzen nicht zugenäht sind, – ob er da nicht hin und wieder über die Schnur hauen und auf Abwege gerathen wird. In Grönland und Kamtschatka und solchen Ländern mag es vielleicht möglich sein.

Aber hier in diesem sonnigen Klima der Phantasie und der Ausdünstung, wo jeder Gedanke, man mag wollen oder nicht, sich Luft macht; in diesem fruchtbaren Lande der Galanterie und Romantik, in dem ich, mein geliebter Eugenius, jetzt sitze und mein Dintenfaß losschraube, um meines Onkel Toby's Liebesabenteuer zu schreiben, wo mein Auge von meinem Studierzimmerfenster aus alle die Irrwege verfolgen kann, die Julia ging, um ihren Diego zu suchen – wenn Du da nicht kommst und mich bei der Hand nimmst –

Was für ein Werk wird das werden!

Doch fangen wir an.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 183-184.
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