Zehender Absatz

[449] Beschreibet das elende Leben Agapisti / in der Wildnuß / und wie wunderbahr[449] er gen Sophoxenien /zum Polyphilo / wieder kommen: ist eine Lehr / von der Treu und Beständigkeit / auch deren reichen Belohnung.


Er war / wie wir oben gehört / in der erschröckenden Wildnuß / von allen verlassen / und wuste keinen Rath noch Trost. Seine ermüdete Seele speisete er mit Angst und Betrübnus; und die matte Glieder erhielt das ungekochte Fleisch der wilden Thiere / kümmerlich / dann er auch dessen keinen Uberfluß hatte. Weil er aber diese so schwere Last nicht länger ertragen konte / fasset er einsmals den Sinn / die Bedrangnus seines bekümmerten Lebens / mit dem Tod / zu enden / und dem Polyphilo / weil er ja seinen Leib nicht mehr stellen könne / doch den Geist zuzuschicken / der berichten werde / wie treulich er sich in seiner Botschafft verhalten. Als er nun / in diesen Gedancken / sehr bemühet / und den selbst-erwählten Tod nicht so bald / ohne verschulden / zu Werck richten kan / ersiehet er von ferne einen alten Greisen /übernatürlicher Länge / und schröcklich anzusehen /aus dem dick-finstern Wald / gemählich auf ihn zu gehen. Agapistus / über den unverhofften Anblick /nicht wenig erschrocken / stehet behend auf / als wolte er die Flucht nehmen / die ihm aber / von dem Alten verwehret wird / daß er keinen Fuß von der Stell setzen kan. Was geschicht? Agapistus erwartet /was geschehen werde / der Alte erweiset / was geschehen solle. Dann da er zu nächst beym Agapisto war /bietet er ihm die Hand / mit freundlichen Anlachen /und folgenden liebreichen Worten: Mein Sohn! es schröcke dich keine Forcht /[450] wegen meiner Ankunfft /wiewol dieselbe dieses Orts nicht zu hoffen / viel weniger zu erwarten gewesen. Es haben sich die begütigte Götter über dich erbarmet / und deine wehklagende Seufftzer gnädig erhöret. Dusolt nicht sterben: aber Polyphilum must du verlassen / soll dich anderst nicht alles Glück verlassen. Du weist selbsten / und hasts schmertzlich gnug erfahren / wie bitter der Anfang eurer Freundschafft gewesen / so gar / daß sie /biß zum Ende / nicht wird versüsset werden: darum solt du dein besser gedencken / und dich mehr / denn einen Fremden lieben. Wirst du nun diß versprechen /und halten / so folge mir auf dem Wege / den ich dich führen will / daß du lebest.

Agapistius hätte sich selbsten lieber als bald erwürget / ehe er auch nur gesagt hätte / daß er Polyphilum verlassen wolle: will geschweigen / daß er einen sochen Schluß in seinem Hertzen machen / oder zu Werck richten solle. Er gedachte alsobald / sehe ich dich / verlangter Polyphile! durch des Glückes Neid /nicht wieder / und muß dich verlassen / wird doch dieser Ruhm der Nach-Welt kündig werden / daß ich mein Leben nicht verschonet / um einen getreuen Freund aufzugeben / und für rühmlicher gehalten /durch die Trennung der Seele von dem Leib / das Band der Liebe zu knüpffen / als durch dieses Eröffnung / jene Fessel zu bewahren. Darum beantwortete er die Rede des Alten also: So der Name eines Sohns vätterliche Gunst verdienet / und kindlichem Gehorsam fordert / darff ich mich / durch eure Anrede / euch meinen Vatter zu nennen / wohl erkühnen / wie ihr mich euren Sohn. Wolte auch wünschen / daß euer Vortrag so gestaltet wäre / daß die[451] kindlich-gebührende Pflicht / ihre Folge / im schuldigen Gehorsam /darbieten könte: aber Polyphilum / das theure Hertz zu verlassen / ist ein solcher Befehl / der mir / mich selber verlassen / heisst / weil / wann ich Polyphilum nenne / nenn ich den andern Agapistum / mein ander Hertz / meine andere Seele / ja den andern Ich. Wird also dieses Begehren / es sey eine Bitte / oder ein Befehl / eben so wenig zu hören und zu bedienen müglich seyn / als unmüglich ist / daß Agapistus sein selber vergesse / sich selber verlasse. Wolt ihr aber /mein Vatter! eurem Sohn einige freudige Hülffe erweisen / so befördert / bitte ich / nicht so wohl die Länge meines Lebens / als den sehnlichen Wunsch /Polyphilum zu sehen / ohne dem mein Leben todt ist /und führet mich dahin / wo das angenehme Liecht seiner Augen / die Finsternus meines betrübten Hertzens / gegenwärtig erleuchten kan.

Die Rede Agapisti / verursachete dem Alten / theils Wunder / theils Zorn. Wunder zwar / weil er eine solche Beständigkeit bey keinem Menschen gehoffet: Zorn aber / weil er eben die Tugend selber / in einem solchen Fall / des Lasters beschuldigte / welches dem Hertzen Agapisti / eine endliche Verzweifflung zu bringen / und ihn / ohne Verdienst / ins Verderben stürtzen würde. Daher er bewogen / etwas schärffer an ihn zu setzen / und mit viel unfreundlichern Worten die Verlassung Polyphili zu befehlen / wolle er anderst nicht den verbitterten Grimm / aller himmlischen und höllischen Götter / noch diese Stunde / kosten. Aber vergebens; wann gleich / die verfinsterte Höll selber / ihren Rachen gegen ihn aufgesperret /und der blitzende Himmel / durch seinen Donner / ihn hinunter zu stossen gedrohet / hätte er[452] dennoch die Treue seiner Beständigkeit / nicht mit versencken lassen: solche Liebe schloß das Hertz Agapisti an das Hertz Polyphili. Was geschicht? Da der Alte alles vergeblich erkannte / und weder mit guten noch bösen Worten etwas erhalten konte / ward er sehr erzürnt /und berief in einer unbekannten Sprach etliche höllische Furien / und andere Plage-Geister / die den armseligen Agapistum dermassen anfeindeten / daß der Schrecken und die Schmertzen nicht auszusprechen sind.

Wie aber die gnädige Götter / noch immerdar ein wachendes Aug haben / auf die Gerechtigkeit: gleich so muste dieses / auch dem unschuldigen Agapisto /zum Trost / ja zur Hülf kommen. Denn da er in der höchsten Bedrangnus / dem gerechten Himmel / durch einen hertzlichen und ängstigen Seufftzer / seine Noth klagte / siehe! da kommet mit einem feurigen Strahl /eine Stimm aus der Wolcken / sprechend: Philomathe! ruhe! Darauf der Alte mit allen andern Geistern als bald verschwunden / und Agapistus allein gelassen worden.

Wer der Alte gewesen / ist unschwer zu schliessen /nemlich der Geist Philomathi / der die Rache an Polyphilo / wegen der Hut Melopharmis / nicht vollbringen können / darum er den Freund desselben angefasset. Das wuste aber Agapistus nicht / weil ihm Polyphilus nie erzehlet / was sich mit Philomatho zugetragen. Daher ihm allerhand Gedancken über diesem Namen entstunden / die ihm doch nichts gewisses bedeuten kunten. Die Freude des Friedens forderte den Danck / vor die Erlösung / welchen gebührend abzulegen / Agapistus auf seine Knie nieder fiel / und die Augen / gegen den Ort des[453] Himmels wendete / daher die Erlösungs-Wort erklungen / denen er folgende Danck-Rede entgegen setzte: O ihr gnädige / ihr gütige / ihr barmhertzige Götter! O ihr allwissende / allsehende / allmächtige Götter! Und du / du Wunder-bereichter Himmel! daß ich doch / wie ich schuldig bin / euch gnug dancken könte / für die gnädige Errettung / so ihr diese Stund / meiner harten Bedrangnus /wunderthätig erwiesen! daß ich gnug rühmen könte die Allmacht / so mit einem Wort / alle grausame Geister / aufleinmal vertrieben: Ich wolte mein Hertz dichten / und meine Zunge rühmen lassen ewiglich. Aber die Unmüglichkeit dessen / gibt mir Verbot /daß ich mich keiner gefährlichen Vergeblichkeit unterwinde / oder das verlange / was menschlicher Schwachheit zu erlangen / die Vollkommenheit des Himmels selber versaget. Darum nehmet an / so viel ich vermag / und lasset euch gefallen / daß ich gerne wolte / wann ich könte; mässet den unendlichen Danck / aus dem Will / welcher auch die übermenschliche Vermögenheit zu erfassen sich bemühet. Sehet da / ihr allsehende Götter! sehet mein Hertze / daß ich euch traue; sehet meinen Leib / den ich zum Danck-Opffer bringe; sehet mich selbsten / der ich mich gantz und gar / eurer Macht und eurem Willen / zu eigen gebe. Was sag ich? Bin ich doch vor euer / und nicht mein: wie kan ich dann etwas geben / das nicht mein ist? doch ist das Leben mein / und stehet in mei ner Gewalt / mich euch / durch ein gefälliges Opffer /selber zu opffern: Nun so seyd vergnüget mit meinem Willen / und nehmet die Seele zu euch / diesen Leib aber lasset nach meinem Tod zum angenehmen Geruch werden / biß er verrauchet / sich selbst der Lufft vertrane / die ihn[454] hinauf zu euch führe. Polyphilum aber tröstet / und lasset ihn das Glück / so mich verlassen / empfangen / wie ich sein Unglück auf mich lade / und mit diesem Ende meines Lebens / und meines Glücks durch eure Begnädigung / endige. Ihr aber / ihr betrübte Seufftzer! bleibet hie / und kommet nicht zu Polyphilo / damit ihr sein Hertz nicht erschröcket: Wolt ihr aber wider meinen Willen gehen /so sagt ihm / daß er wol lebe / und sich darauf verlasse / daß meine Seele / auch in dem Sternen-Saal vor ihn wachen / und die Güte des Himmels bitten wird / daß sie ihn / in allem / beglücke. Ach ja! gütiger Himmel! erhöre meine Bitt / und beglücke Polyphilum / mit einem seeligen Leben / mich aber / mit einem endlichen Tod.

Nach vollendeter Rede / saß Agapistus fast schwerlich auf den Knien / als welche ihm / vor Müdigkeit /den Fall droheten. Gleichwol wolt er sich nicht erheben / sondern sahe den Himmel als erstummet an /ließ das Hertz inwendig reden / welches in voller Verzweifflung arbeitete. Da er aber kein Zeichen vom Himmel erwarten konte / welches sein Hertz verlangte / gibt ihm / ach! der verdammliche Mord-Geist / die verzweiffelte Gedancken in den Sinn / er solle den Göttern das Opffer / an seinem Leibe bezahlen / wie er versprochen / dessen sie in der Still erwarteten. Darum er behende aufstund / sein Schwerdt / dadurch er den Mörder gefället / in die Erden setzet / daß die Spitze seine Brust traff / und noch einmal: aber ach! wie kläglich? gen Himmel schauet / daß die Thränen die Wangen netzten / und endlich mit diesen Worten: O ihr Götter! seyd mir gnädig! sich mächtig auf das Schwert druckete / daß dasselbe in zwey Stuck zerbrach.[455]

Da sehe eins die Begnädigung des Gunst-gewogenen Himmels! auch die Schärffe des Schwerts muß sich stumpffen / und die Klinge zerspringen / daß sie nicht schneiden könne / ehe der Gerechte erliege. Agapistus fiel danieder / als erstorben / und merckete nicht / daß das Schwert zerstücket war / sondern bildete ihm fest ein / er wäre durchstochen / daß er sterbe: so wenig wusten seine ertödete Sinne / von seinem Leben.

Als er nun / eine geraume Zeit / in der Ohnmacht gelegen / kommt er endlich weder zu Sinnen / fühlet nach der Wunden / befindet sich aber unversehrt. Und weil er aus allem / die gnädige Vorsehung der allwaltenden Götter / gar leicht erkennen konte / schlug er in sich / mit Schrecken / bereuete sein Vornehmen /fiel wieder auf seine Knie / und flehete die Götter an /daß sie ihm sein Verbrechen nicht sträfflich zu rechnen wolten. Unter dem Gebet / fielen ihm die verzuckerte Gedancken bey: vielleicht wollen die Götter dein Leben fristen / und habens dißmal erhalten / daß du wieder zu Polyphilo kommest; daher er sich freudiger geberdete / als vorhin (wie ihm dann allemal der Name Polyphili / eine kräfftige Verstärckung war / in allem Leid) und gleichsam einen innwendigen Trost und Zufriedenheit fühlete / die ihm diese Wort gen Himmel schicken hieß: habt ihr mich erhalten / O ihr gnädige Götter! daß ihr mich wieder zu Polyphilo führet: Ach! so führet mich / ihr barmhertzige! durch euren Arm / daß ich meine Seele erfreue / durch seinen Anblick. Ihr wisset ja / ihr Allwissende! wo Polyphilus ist: Ach! so führet mich dahin / daß ich auch wisse / wo meine Freude lebet. Ihr sehet ja / ihr Allsehende! wie sich mein Hertz[456] sehnet nach dem / das sich gleich nach meinem neiget: Ach! so führet doch die beyde Hertzen zusammen / daß sie sich selber sehen mögen. Ihr könnet / ihr Allmächtige! mich diese Stunde führen / das ich finde / was ich so hefftig suche: Ach! wollet doch auch / ihr Gnädige / ihr Gütige / ihr Barmhertzige! was ihr könnet / damit ich nicht zweifeln müsse / an der Macht / der ich mich auf euren Willen gäntzlich verlasse / und hoffe / ich werde noch diese Stunde mit meinem Freund / Ach! dem gehertzen Polyphilo / euch den Danck bringen /vor die gnädige Hülffe.

Hat einmal das Gebet viel vermocht / so hats / in Warheit! diß vermocht. Kaum waren die-Wort ausgesprochen / als Agapistus merckte / daß er aufgehoben wurde / und mit unglaublicher Geschwindigkeit / über den Wald weggeführet: wiewol nicht ohne Anstoß /sonderlich schnitten die rauhen Winde / und der erkältete Frost ihn zimlich ins Gesicht.

Von was er geführet worden / weiß ich nicht /konts auch Agapistus selber nicht mercken: doch ist vermuthlich / daß ihn die gewaltige Hand der Götter geführet / die er angeruffen. Er wurde nahe bey dem Schloß / auf einen ebenen Weg / im Walde / niedergesetzt / mit dem Befehl: gehe ferner! so bald er zur Erden kam / fiel er nieder anzubeten / und danckete dem / der ihn geführet / biß er durch das Geleut der Schellen erschrocken / sich eilig erhebte / zu sehen /was daher komme. Es wurde aber / wieder Verhoffen /gantz still / doch ließ Agapistus nicht ab / sondern folgete dem vorigen Hall / sonderlich / weil ihn der Weg dahin führete. Und da er etwas für sich kam /fand er das Pferd Polyphili mit dem Schlitten / der zerbrochen war. Agapistus erkannte alsobald dasselbe[457] / und sahe / daß diß Pferd war / darauf er gen Soletten reisen wollen. Was er muß gedacht haben / ist leicht zu gedencken. Nicht viel fehlete / er hätte das Pferd umhalset und geküsset / so erfreuete ihn dessen Aublick. Doch schlug die Forcht zugleich in sein Hertz / weil er leicht errathen möchte / das Pferd komme vom Hof Atychintidœ / es möchte Polyphilus zu Schaden kommen seyn / welcher ohne Zweifel eine Spatzier-Fuhr angestellet; wie er ihm dann sonderlich das Schlitten fahren gefallen ließ. Das alles veranlassete Agapistum / desto mehr auf das Schloß zuzueilen / weil er nunmehr erkennete / daß diß der Weg sey / welcher auf Soletten führe: das ihn noch mehr in seiner Furcht stärckete / in dem er gedachte / vielleicht hat Polyphilus wollen zur Macarien fahren /und ist durch des Pferdes Unbändigkeit / wie es dann von Natur wild war / abgesetzet worden. Wiederum fiel ihm bey: Polyphilus sey allbereit bey Macarien: welcher Wahn daher entstund / daß das Pferd auf das Schloß zugewandt / als wanns von Soletten herkomme: doch / dacht er / kans am Pfahl / daran es behängt blieben / sich umgekehret haben / wie dann der Pferde gemeiner Gebrauch ist / daß sie sich nach der Krippen sehnen. In diesen zweiffelhafften Gedancken entschliesst er sich endlich / nicht auf Soletten / sondern Sophoxenien zuzugehen / und das Pferd mit sich zu führen / in Hoffnung / dafern er nicht Polyphilum selbst antreffe / werde er doch gewissen Bericht erhalten / wie es um ihn stehe?

So kommt nun Agapistus zu dem Schloß: tausend Segen begrüsseten den ersten Anblick / und mit vollen Freuden / eilete er auf das Thor zu. Eben[458] wolten die Gesandten ausgehen / das Pferd zu holen / da sie Agapistum mit dem Pferd kommen sahen. Wer war der erste / welcher dem Polyphilo die Zukunfft Agapisti verkündigte? Alle lieffen sie zugleich / und mit mehr als zehen Zungen wurden die Wort gesprochen: Polyphilc! Agapistus ist kommen / und hat das Pferd bracht.

Freude und Verlangen / Agapistum zu sehen / erhebte Polyphilum von seinem Sitz / daß er / aller Betrübnus vergessend / ihm / mit erhitztem Gang / entgegen lief / und freudiglich empfieng. Da solte eins die Hertzlichkeit / der tausend versüßten Umhalsung /dieser beyder edlen Jünglinge / und mehr als getreuesten Freunde / beschauet haben. Agapistus bethränete die Wangen Polyphili / Polyphilus die Wangen Agapisti. Möchte doch nur Polyphilus alsbald wissen /wie es Agapisto ergangen / daß er die Tausendfältigkeit seiner Freude / mit der Bedaurung / des treuen Freundes Agapisti / in etwas verringern könte. Was soll ich viel sagen? Wenn ich gleich Hertzen und Küssen / Drücken und Umfangen daher setze / kan ich doch dennoch nicht innerliche Hertzens Bewegungen ausdrucken / die mit solcher Brunst in ihnen beyden feuerte / daß die äusserliche Bezeugungen der innerlichen Gluth mehr ein Vorspiel / als Abdruck zu nennen war. Ach Polyphile! fieng Agapistus an / verlangter Polyphile! wie hat mich das Unglück von dir ziehen heissen? Ach Agapiste! wie / versetzte Polyphilus / allerliebster Agapiste / wie lang hat dich das Unglück von mir gerissen? Sag doch / Agapiste! wie ist dirs gangen? die jämmerliche Gestalt zeiget nichts Gutes. Wie so / sprach Agapistus / seh ich so elend? Es fehlet[459] mir nichts / nun ich Polyphilum habe: und ich habe alles / antwortete Polyphilus / nun ich Agapistum wieder habe. Solche / und dergleichen Wort viel mehr / führeten sie gegeneinander / biß sie in Polyphili Zimmer kamen / da Agapistus alles erzehlete /wie es ihm gangen / und hinwieder vernahm / was sich mit Talypsidamo und Polyphilo / die Zeit / zugetragen.

Melopharmis / samt der Königin / kamen alsobald Agapistum zu grüssen: und war alles in höchsten Freuden. Das Hertz Polyphili aber bedaurete das Unglück Agapisti / welches er um seinet Willen erlitten /verwunderte aber auch dabey / die Treue desselben /der sich / durch keine Noth / von ihm abwenden lassen: daher Polyphilus ihn noch so sehr liebete.

Wir wollen uns jetzt nicht aufhalten mit dem / was Agapistus mit Polyphilo / dann auch mit der Königin / und sonsten über Tafel / geredt / weil das meiste die Erzehlung war / seiner ausgestandenen Gefahr /die er so scheinbar vorlegen konte / daß sie alle zum Weinen und Mitleiden beweget wurden. Nach dem /und sonderlich über der Tafel / fieng die Königin mit Polyphilo an zu schertzen / wegen der Schlitten-Fuhr /deren Verhindernus / die Ankunfft Agapisti verursachet. Aber Polyphili Sinn war nicht zum Schertz gerichtet / als welcher bloß darauf bedacht war / wie er morgen glückhaffter fahre. Deßwegen er noch den Abend / ein ander Pferd wählete / und alles bestellete / daß er mit frühem Tage fortfahren könne.[460]

Quelle:
Maria Katharina Stockfleth: Die Kunst- und Tugend-gezierte Macarie, 2 Bände, Band 1, Nürnberg 1669, S. 449-461.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gellert, Christian Fürchtegott

Die zärtlichen Schwestern. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Die zärtlichen Schwestern. Ein Lustspiel in drei Aufzügen

Die beiden Schwestern Julchen und Lottchen werden umworben, die eine von dem reichen Damis, die andere liebt den armen Siegmund. Eine vorgetäuschte Erbschaft stellt die Beziehungen auf die Probe und zeigt, dass Edelmut und Wahrheit nicht mit Adel und Religion zu tun haben.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon