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[126] 1779.
Wenn des Abends Rosenflügel
Kühlend über Thal und Hügel,
Über Wald und Wiese schwebt,
Wenn der Tau die Bäume tränket,
Sich in bunte Blumen senket,
Und an jungen Ähren bebt;
Wenn im Schalle heller Glocken
Heimwärts sich die Schafe locken,
Und im Gehn das Lämmchen saugt,
Wenn das Geißblatt süße Düfte
In dem Wehen leiser Lüfte
Labend mir entgegen haucht;
Wenn die schweren Kühe brüllen,
Gern die blanken Eimer füllen,
Und die Dirne melkend singt,
Dann auf ihrem bunten Kranze,
Leicht, als schwebte sie im Tanze,
Süße Milch nach Hause bringt;
Wenn die Erlen duftend säuseln,
Wenn die Mücken Teiche kräuseln,
Wenn der Frosch sich quäkend bläht,
Wenn der Fisch im Wasser hüpfet,
Aus der kalten Tiefe schlüpfet,
Aus der Schwan zu Neste geht;
Wenn im Nachtigallenthale
Hesper mit verliebtem Strahle
Heimlich meine Quelle küßt,
Wenn, wie eine Braut errötend,
Luna freundlich kömmt, und flötend
Philomele sie begrüßt:
[127]
Dann umschweben süße Freuden,
Hand in Hand mit stillem Leiden,
Meinen Geist, mein Auge weint;
Wenn die Thrän' in Lunas Schimmer
Bebet, weiß ich selbst nicht immer,
Was die stille Thräne meint?
Manche nannt' ich Freudethränen,
Die vielleicht geheimes Sehnen
Dem getäuschten Auge stahl,
Mancher leise Wunsch entbebte
Seufzend meiner Brust, und schwebte
Ungesehn im Mondenstrahl.
Ich beschwör' euch, süße Düfte,
Ich beschwör' euch, kühle Lüfte,
Hesper, Luna, Nachtigall,
Sagt, beschleichet dieses Sehnen
Mich allein mit solchen Thränen
Im geheimen Mondenstrahl? –
Mädchen, frage nicht die Lüfte;
Mädchen, nicht die Abenddüfte,
Hesper, Luna, Nachtigall
Fühlen deiner Seele Sehnen,
Können deuten deine Thränen
Im geheimen Mondenstrahl.
Ich nur kann's! ich kann's, du Süße!
Mädchen, eil' in meine Küsse!
Sauge Lieb' um Liebe ein!
Wer da einsam will genießen,
Wird mit bittern Thränen büßen;
Laß mich dein auf ewig sein!
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