l.

[200] Einst wurde zu Großenmeer ein Verbrecher an einem Kreuzwege gehängt und unter dem Galgen eingescharrt. Viele Jahre nachher ritt ein Landmann aus Oldenbrok in trunkenem Zustande abends spät vom Oldenburger Pferdemarkte nach Hause. Als er an die Grabstätte des Gehängten kam, rief er: »Jan, wolltu mit?« »Ich kam all,« scholl eine Antwort zurück, und gleich darauf fühlte der Reiter jemand hinter sich auf dem Pferde, der ihn mit beiden Armen umfaßte. Da gab er seinem raschen Fuchse die Sporen, und scharf setzte sich derselbe in sausenden Galopp. Ein Glück für den Reiter, daß er seinem Hause so nahe war, doch leider war der Rollbaum vor dem Gehöfte geschlossen. Aber der Fuchs ging in mächtigem Satze über ihn hin und stand bald keuchend vor der noch offenen Haustür. Der Reiter sprang rasch vom Pferde und sah zurück, da stand der Unhold, der ihn begleitet hatte, über den Rollbaum gelehnt und winkte ihm Abschied nehmend zu. Nie hat dieser Landmann später den Gehenkten wieder zum Mitreiten eingeladen. –

Vgl. 184 i-m.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CC200.
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