Zehnte Scene

[41] Die Vorigen. Marie mit dem Blumenkorbe. Therese.


MARIE. Papa, Papa, hör nur, was Therese – Ach, ich störe wohl?

SCHWARTZE sich sammelnd. Was gibt es?

MARIE. Ich hatte heut wieder anonyme Blumen bekommen, und als ich Therese damit zur Gärtnerei zurückschickte, erfuhr sie, daß es kein Herr, sondern eine Dame gewesen ist, die sie bestellt hat ... Und da sie doch nicht mehr verkauft werden konnten, hat sie sie wieder mitgebracht.


Die andern wechseln Blicke.


PFARRER. Nun sagen Sie mal, Therese, hat man Ihnen diese Dame beschrieben?

THERESE. Sie ist groß gewesen – mit große, dunkle Augen – und soll sehr was Feines und Fremdländisches an sich gehabt haben.

PFARRER führt Marie mit dem Blumenkorbe heran und legt Schwartze die Hand auf den Arm. Sie brauchten ein Liebeszeichen!

SCHWARTZE die Blumen anstarrend. Von ihr![42]

FRAU SCHWARTZE. Die kosten ja ein Vermögen.

MARIE. Nun hat aber Therese noch etwas sehr Merkwürdiges erfahren.

PFARRER. Na, nun reden Sie mal, Therese. Ganz frisch weg!

THERESE. Wenn der Herr Pfarrer meinen! Also wie ich wieder 'raufkomme, hält mich der Portier an und erzählt, daß gestern abend um die Schummerstunde eine Ekwipage vor der Thür gehalten hat ... da ist eine Dame dringewesen. Die ist aber nicht ausgestiegen, sondern hat immerzu nach den Fenstern von unsere Wohnung 'raufgesehn, wo eben Licht angesteckt gewesen ist. Und als er gegangen ist, fragen, was sie eigentlich will, da hat sie dem Kutscher was gesagt und der ist rasch zugefahren! Bewegung.

PFARRER. Es ist gut, Therese! Therese ab.


Quelle:
Hermann Sudermann: Heimat. Stuttgart 61893, S. 41-43.
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Heimat; Schauspiel in vier Akten