Zweite Scene

[49] Marie. Frau Schwartze.


FRAU SCHWARTZE. Du, Mariechen, ich hab mir für alle Fälle doch die andre Haube aufgesetzt. Die mit den Bändern. Sieh mal, sitzt das so?[49]

MARIE. Ja, Mamachen, das sitzt.

FRAU SCHWARTZE. Ist Tante Fränzchen noch nicht oben?

MARIE. Nein.

FRAU SCHWARTZE. Gott, ach Gott! ich hatt' ja die beiden Herren ganz vergessen. – Und Papa hat sich eingeschlossen ... der will nichts hören und sehen. Ach Gott, wenn der General uns böse wird! Das ist ja unser vornehmster Umgang. Das wär' ja ein Unglück.

MARIE. Wenn er erfährt, um was es sich handelt, Mamachen.

FRAU SCHWARTZE. Ja – ja – ja. Und der Herr Pfarrer kommt auch gar nicht. Du, Mariechen, noch eins! – Wenn sie dich fragen sollte –

MARIE. Wer?

FRAU SCHWARTZE. Na, Magda.

MARIE. Magda!

FRAU SCHWARTZE. Wie das so ist zwischen uns beiden – was man so nennt: Stiefmutter – das bin ich doch nicht?[50]

MARIE. Ganz gewiß nicht, Mamachen.

FRAU SCHWARTZE. Siehst du, damals ... ich konnt' mich eben nicht daran gewöhnen, gleich zwei große Töchter zu haben ... Aber das hat sich doch ausgeglichen? Marie nickt. Und wir haben uns doch lieb?

MARIE. Ja, Mamachen, wir haben uns sehr lieb. Küßt sie.


Quelle:
Hermann Sudermann: Heimat. Stuttgart 61893, S. 49-51.
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Heimat; Schauspiel in vier Akten