Dritte Scene

[137] Die Vorigen. Der Pfarrer.


PFARRER wirft sich mit einem Ausruf des Schreckens dazwischen.

MAGDA vom Alten freigelassen, geht langsam, die Blicke auf den Pfarrer geheftet, zurück und sinkt in den Sessel links, wo sie während des Folgenden fast regungslos bleibt.

PFARRER nach einem Schweigen. Um Gottes willen!

SCHWARTZE. Ja, ja, ja, Pfarrerchen ... Das war wohl eben ein schönes Familienbild. Hä? Sehen Sie mal die da. Besudelt hat sie meinen Namen. Jeder Lump kann mir den Degen zerbrechen. Das ist meine Tochter. Das ist – meine –

PFARRER. Lieber Herr Oberstlieutenant, es gibt hier Dinge, die ich nicht weiß und nicht wissen will ... Aber ich sage mir – es muß doch etwas zu thun sein, anstatt daß man – man –

SCHWARTZE. Ja, zu thun – ja, ja – hier ist viel zu thun ... Ich hab' auch viel zu thun ... Ich seh' auch gar nicht ein, warum ich hier steh ... Es ist ja schlimm – is ja schlimm – er kann mir ja sagen, der Herr, du bist – ein Krüppel – mit deiner zitternden Hand ... Mit so was schlägt man sich nicht ... hat man auch tausendmal[138] die Tochter zur ... aber ich werd's ihm beweisen ... ich werd's ihm beweisen ... Wo ist mein Hut?

FRAU SCHWARTZE. Wo willst du hin, Leopold? Magda erhebt sich.

SCHWARTZE. Mein Hut! –

FRAU SCHWARTZE bringt ihm Hut und Stock. Hier, hier.

SCHWARTZE. So! – Zu Magda. Lern du dem Herrgott danken, an den du nicht glaubst, daß er dir deinen Vater bis heute gelassen hat. Heute holt er dir deine Ehre zurück!

MAGDA in dem Sessel niederkniend und seine Hand küssend. Vater, thu's nicht! Das verdien' ich nicht um dich!

SCHWARTZE neigt sich weinend auf ihren Scheitel nieder. Mein armes, armes Kind! Zur Thür.

MAGDA ihm nachrufend. Vater!


Schwartze rasch ab.


Quelle:
Hermann Sudermann: Heimat. Stuttgart 61893, S. 137-139.
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Heimat; Schauspiel in vier Akten