[33] Bürgermeister Lechner tritt von rechts ein, mit dem Hut auf dem Kopfe. Thomas bleibt sitzen.
BÜRGERMEISTER. S' Good, Paulimann!
THOMAS. S' Good.
BÜRGERMEISTER. I bin heut scho amal da g'wesen und hab dir[33] nachg'fragt.
THOMAS gleichgültig. So?
BÜRGERMEISTER. Weil i mit dir a weni was z' red'n hätt. Host d' Zeit?
THOMAS immer kurz angebunden. Vo mir aus red!
BÜRGERMEISTER nimmt den Hut ab und behält ihn in der Hand. I kimm net als Bürgermoasta, i kimm g'rad aso ... Er setzt sich auf einen Stuhl, der neben der Türe steht. Bal's dir recht is, sitz i mi a weng nieder.
THOMAS. Meinetweg'n ...
BÜRGERMEISTER. Wie geht's dir nacha? Bist d' halt recht verlass'n?
THOMAS. M – hm.
BÜRGERMEISTER. Es is a Kreuz, oaschichtig sei, wenn ma'r amal älter werd und ma is dös halt gar nimmer g'wohnt.
THOMAS schaut ihn an, ohne zu antworten.
Pause.
BÜRGERMEISTER. Es hat uns allesamt recht bedauert, daß dei Mariann so bald sterb'n hat müass'n. Allesamt im Dorf.
THOMAS. So?
BÜRGERMEISTER. Weil ma des Weibet's gern g'habt hat; is scho wahr.
THOMAS. Du aa?
BÜRGERMEISTER. I mach da koan Ausnahm; derfst d'as g'wiß glaab'n.
THOMAS. I ho's g'merkt.
BÜRGERMEISTER ohne darauf zu hören. Weil a jeder sagt, daß sie a brav's Leut g'wes'n is, und a richtig's Leut, und a fleißige Hauserin. Durchaus!
THOMAS. Sagt's ös?
BÜRGERMEISTER. Alle mitanand. Und red't ihr neamd was Schlecht's nach weg'n dera Sach.
THOMAS feindselig, aber ruhig. Was für a Sach?
BÜRGERMEISTER. No – woaßt d' scho. Aba ma denkt si, dös hätt an andern aa passiern könna, und is scho de best'n Leut' g'schehg'n, daß amal a Kind net g'rat.
THOMAS. Was geht's denn enk o?
BÜRGERMEISTER. Z'letzt g'hört ma do z'samm in der Gmoa und bekümmert si um dös, wann den ander'n an Unglück trifft.
THOMAS höhnisch. A – freili![34]
BÜRGERMEISTER. Und nacha red't ma halt; net? Weil ma'r a Derbarmnis hat mit enk. Mit dir aa. Derfst d'as g'wiß glaab'n, Paulimann!
THOMAS. Bist du desweg'n kemma?
BÜRGERMEISTER. Han?
THOMAS. Ob du desweg'n kemma bist, daß d' mir dei Derbarmnis da eina bringst in d' Stub'n? De ko'st drauß'd lassen. I mag 's net.
BÜRGERMEISTER. Du host an Zorn auf mi, aba da host du koan Ursach dazua.
THOMAS bitter. Na! Gar koane.
BÜRGERMEISTER. Was i als Bürgermoasta hab toa müass'n, des sell derfst d' mir net für übl hamm ... dös waar des gleiche g'wen bei an jed'n.
THOMAS. Net wahr is.
BÜRGERMEISTER begütigend. Ja no, über dös kon i net streit'n, Paulimann. Aber des sell muaßt du glaab'n, i derf als Bürgermoasta net hantier'n, wia'r i mog. I ho meine Vorschrift'n.
THOMAS winkt verächtlich mit der Hand ab. Hör' ma'r auf!
BÜRGERMEISTER. Du werst as net anderst wiss'n.
THOMAS. I woaß, daß ma's so und a so macha ko.
BÜRGERMEISTER. Dös is! Dös hat ma davo, bal ma si für an Amt hergibt.
THOMAS. Is scho recht, ja!
BÜRGERMEISTER. I sag mei Sach', wia'r i's denk, weil i an aufrichtiga Mensch bi ... und i moan dir's nur guat, und hat koana a größers Bedauern mit dir, als wia'r i.
THOMAS. Na mach i mei Danksagung ... Er steht auf. San mir jetzt firti?
BÜRGERMEISTER. I hab ja no gar net o'g'fangt.
THOMAS setzt sich wieder. Ah so ... Host d' no was anders zu'n auspack'n als wia dei Kümmernis?
BÜRGERMEISTER lauernd. Ma hört, daß du verkaff'n willst?
THOMAS. I?
BÜRGERMEISTER. Ja. Daß da Jud Männlein dein Hof kriag'n soll zum Z'trümmern?
THOMAS. Da woaßt du mehra wia'r i.
BÜRGERMEISTER. Hat ma's da Männlein selber ei'b'stand'n ...
THOMAS. Desweg'n braucht's it wahr sei.[35]
BÜRGERMEISTERS. Ma hört dös nämli von alle Leut ... Und ... ah ... da hab i mir denkt, vor dei Anwes'n z'trümmert werd, es kunnt's oana in der Gemeinde kaff'n und beinand lass'n.
THOMAS. Host d' dir denkt?
BÜRGERMEISTER. A richtiga Mensch, der wo a Geld auf da Hand hot und di baar auszahl'n ko.
THOMAS. Der richtige Mensch waarst du?
BÜRGERMEISTER. I sag net na ...
THOMAS. Da hätt'st du aa de Fahrt, über de mir g'stritt'n hamm ...
BÜRGERMEISTER. Ah mei!
THOMAS. Wo's d' an Prozeß vaspielt host.
BÜRGERMEISTER. Dös hon i lang vagess'n.
THOMAS. Du bist der net, der wo so was vergißt ... Host's aa wieder hoamzahlt.
BÜRGERMEISTER. Dös hat koan Bezug auf dös ... Da Thomas verächtlich mit der Hand abwinkt. Na! Durchaus gar it! Und de G'schicht'n hamm koan Wert. Du kennst mi, daß i zahl'n ko, und machst a schön's Angebot.
THOMAS barsch. I mach koans.
BÜRGERMEISTER begütigend. Überlegst da's halt. Es muaß ja net heut sei!
THOMAS. Es werd gar nia.
BÜRGERMEISTER wie oben. So muaßt d' jetzt aa net red'n, schau! Und net g'rad bockboanig sei! Du derfst ma's glaab'n, i moans nur guat mit dir.
THOMAS höhnisch. Des sell woaß i.
BÜRGERMEISTER. Und verkaff'n muaßt d' ja do.
THOMAS. So? Muaß i?
BÜRGERMEISTER. Was willst d' denn sunst? Du bist alt, tuast dir hart mit'n Wirtschaft'n, und morg'n ko'st d' sterb'n. Was is denn nacha, bal de ander ... Mit dem Kopf nach der Türe links hinnickend. 's Anwes'n erbt? Und muß's auf Schnall und Fall hergeb'n. Da werd s' net viel dafür kriag'n.
THOMAS. Wenn sie's hergibt.
BÜRGERMEISTER. Du bild'st dir do net ei', daß de am Haus bleib'n ko?
THOMAS. Dös werst d' ihr net verbiat'n kinna.
BÜRGERMEISTER. I alloa net.[36]
THOMAS erregter. Und alle mitanand net.
BÜRGERMEISTER. I sag net vom Verbiat'n, aba i moan, si tat si a weng hart, wenn's neamd im Dorf leid'n will.
THOMAS lauter. Ah! So viel Kuraschi habt's ös geg'n an oa'schichtig's Weibsbild!
BÜRGERMEISTER. Geh zua! Dös Dischkrier'n hat koan Wert.
THOMAS schreit. Na muaßt ma du net so kemma, als wann's d' ma du 's Häusl abdrucka kunntst!
BÜRGERMEISTER. Von dem hon i nix g'sagt.
THOMAS. Hint'n rum, wia ma's g'wohnt is von dir ...
BÜRGERMEISTER. Es is net guat red'n über de Sach, und dir brauch i nix sag'n; du woaßt as so guat als wia'r i!
THOMAS. Gar nix woaß i!
BÜRGERMEISTER erregter. Wenn's d' as net anderst hamm willst, na sag' i dir's pfei'g'rad. Deutet mit der Hand nach der Türe. De Schand tuat uns weh, daß so oane im Dorf is.
THOMAS schreit laut. Dir?
BÜRGERMEISTER. Da gibt's koan, vom Pfarra bis zum letzt'n, der net dös nämli sagt.
THOMAS. Vo mir aus red't's zua!
BÜRGERMEISTER. Weil ma dös net woaß, so lang Berghofen steht.
THOMAS. Red't's zua, sag i! Schimpft's beim Bier, wenn s' b'suffa seid's ... Da! Er schnalzt mit Daumen und Mittelfinger. Net so viel paß i auf.
BÜRGERMEISTER. Du bist aa net alloa Herr auf da Welt!
THOMAS schlägt auf die Bank. Aba da herin! Wen kümmert dös, was in mein Haus is?
BÜRGERMEISTER. Sie geht aa naus unter d' Leut ...
THOMAS. Net wahr is!
BÜRGERMEISTER. War s' net in der Kirch'n?
THOMAS zwingt sich zur Ruhe. Beim Begräbnis von ihra Muatta. Hätt s' enk frag'n müass'n, ob s' ihr de letzt Ehr geb'n derf?
BÜRGERMEISTER kalt, die Achseln zuckend. Ma siecht's net gern.
THOMAS schreit. Waarst d' halt wegblieb'n! Du und de ander Bande! I hätt enk net braucht.
BÜRGERMEISTER immer zurückhaltend. Mit'n Schimpf'n is gar[37] nix g'richt. Du tuast g'rad so, als wenn's d' mi net verstand'st ... I möcht di hör'n, wenn dös bei an andern fürkemma waar.
THOMAS. Da wurd'st weni hör'n ...
BÜRGERMEISTER. M ... hm ... is scho recht ...
THOMAS. I hab mi um mei Sach kümmert, und net um ander Leut. Und dir stand's aa besser o!
BÜRGERMEISTER höhnisch abwinkend. Ah – was!
THOMAS. Paß no du auf dei Haus auf!
BÜRGERMEISTER wie oben. Geh zua! Für dös kriagst d' nix!
THOMAS. Magst d'as net hör'n? Gel? Hat net dei Madl a ledigs Kind?
BÜRGERMEISTER. Dös geht neamd was o.
THOMAS. Ah so! Da is 's anderst!
BÜRGERMEISTER erregter. G'stell di net a so! Du woaßt recht guat, daß dös net herg'hört.
THOMAS. Da hat dir dei G'scheitheit nix g'holf'n.
BÜRGERMEISTER. Daß junge Leut' Dummheit'n macha, dös woaß ma, und wenn's oan aa net freut, dös kummt amal vom Jungsei ... aba desweg'n is mei Resi do rechtschaff'n.
THOMAS höhnisch. Und brav!
BÜRGERMEISTER sehr erregt. Und brav! Jawohl! De hat ihra Lebtag von der ehrlich'n Arbet g'lebt und net vo da Schlechtigkeit. Und was sunst is, dös geht den o, der wo s' amal heiret ... aba sunst neamd.
THOMAS. Na muaßt d' di aa net um mi bekümmern.
BÜRGERMEISTER. I tat mi scho net kümmern, wann i net a Verantwortung hätt'.
THOMAS. A Verantwortung host du für mi?
BÜRGERMEISTER. Na, aba für dös, daß de Sach' net gar z'weit geht. Du woaßt net, gel, daß mir bei alle Gemeinden rundum an Nama kriag'n, weil's des erstmal is, im ganz'n Bezirk, daß so oane da is.
THOMAS. Was liegt denn da mir dro?
BÜRGERMEISTER. Aber ins! Geh' nüber ins nächste Dorf! Schrei'n dir's de Buab'n auf da Straß'n nach, was mir san.
THOMAS. No zua!
BÜRGERMEISTER. Ja! No zua! Unsere Bursch'n derleid'n net gar so viel!
THOMAS schreit. Ah so! Host da s' scho wieda abgricht? Host[38] da s' scho wieda aufg'hetzt?
BÜRGERMEISTER. Da braucht's koa Hetz'n ... de steck'n scho lang d' Köpf z'samm und frag'n, warum g'rad unser Dorf dös schlechtast sei muaß. Und dös geht mi o als Bürgermoasta.
THOMAS. Freili! Wenn's d' dir a so nimma gnua bist für a Schlechtigkeit, na kimmst d' als Bürgermoasta.
BÜRGERMEISTER. Du werst mir koa Schlechtigkeit nachweis'n kinna!
THOMAS immer erregter. Sei staad ... du! Di kenn i guat. Du host ma's nia verziech'n, daß amal der kloa Bauer Recht kriagt hat geg'n den groß'n ...
BÜRGERMEISTER. Jetzt kam er mit dem daher!
THOMAS. Weil's wahr is! Lüag du ander Leut' o mit deine scheinheilig'n Sprüch! Mi net. I woaß lang, was du für oana bist!
BÜRGERMEISTER. Hab i dei Weibsbild aufzog'n?
THOMAS. Auf da Paß bist g'stand'n und host g'wart, ob's d' mi net treff'n ko'st.
BÜRGERMEISTER. Hab i dei Weibsbild aufzog'n?
THOMAS. Und g'rad taugt hat's dir ... gel? Wia de G'leg'nheit kemma is ... Du host g'wißt, wia arm und krank mei Wei da herin g'leg'n is ... und host a Lustbarkeit g'macht aus meiner Schand!
BÜRGERMEISTER. Bin i schuld ...?
THOMAS laut schreiend. 's Mäu halt! Bist du net von oan Haus zum andern g'loff'n, und host 's ei'g'sagt, wia r' a Hochzeit?
BÜRGERMEISTER. Dös muaßt du beweis'n!
THOMAS. Ja du! Und mitt'n beim Tag hat's sei müass'n, damit das ganze Dorf sein Spaß g'habt hat ...
BÜRGERMEISTER. Schimpf de in da Stadt, de s' raus g'schickt hamm!
THOMAS. Waar's an anderer g'wesen, du hätt'st Mittel und Weg g'fund'n ...
BÜRGERMEISTER. I bin net bewandert g'wesen in dera Sach. 's nachst Mal mach i 's besser, wenn s' da s' wieder amal hoamschick'n ...
THOMAS geht auf den Bürgermeister los. Derfst du mi auszahna? Der Bürgermeister tritt zurück. Wenn s' ma s' 's nachst Mal hoamschick'n, sagst du? Und z'erscht host ma droht mit[39] deine Lausbuab'n, de des Weibsbild net da lass'n woll'n!
BÜRGERMEISTER. I laß mi vo dir schlecht macha ...
THOMAS. Und i mi zum Lapp'n! In mein eigna Haus! 's nachst Mal machst d'as anderst, host d' g'sagt? Mach's wieder so! Er macht noch einen Schritt auf den Bürgermeister zu. Aber es is nimma wia selbigsmal, wo i mi net rühr'n hab derf'n.
BÜRGERMEISTER. Schrei zua! I geh ...
THOMAS. Und sag de andern, sie soll'n ma wieda Haberfeldtreib'n ... aber der erst, der mir zum Fensta rei schreit ... den schiaß i nieder wia'r an Hund ... Packt den Bürgermeister an der Brust. Sag's eahna!
BÜRGERMEISTER schrill. Laß aus, sag i!
THOMAS ihn schüttelnd. Hol deine Hetzhund! Du Pharisäer, du scheinheiliger! Der Bürgermeister macht sich frei.
BÜRGERMEISTER. Vo dir laß i mir koan Nama net geb'n ... Er geht zur Türe. Von so an net ...
THOMAS. Hol s' allsamt!
BÜRGERMEISTER. Dös ander werst d' ja sehg'n!
THOMAS. Probiert's as no! Der Bürgermeister schlägt die Tür zu.
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