[304] Feld.
Apollo, der Poet.
POET.
Aufs freie Feld muß ich zu dir mich flüchten,
Um ungestört ein frohes Lied zu dichten,
Ich will mich auf den Rasen zu dir setzen,
Nach langer Zeit poetisch mich ergötzen.
APOLLO.
Was fehlt dir denn, mein allertreuster Freund?
Man hat auch dich vertrieben, wie es scheint.
POET.
Vertrieben nicht, doch mocht ich dort nicht bleiben,
Das wilde Volk hat deinen Dienst zerstört,
Nichts darf ich mehr im kühnen Schwunge schreiben,
Und wenn der holde Wahnsinn mich betört,
Wenn durch die Adern sich dein Feuer gießet,
Und hoher Klang von meiner Lippe tönt,
Durch alle Worte lautre Gottheit fließet,
Und selber das Gemeinste sich verschönt,
So stehn sie da und ihre Augen starren,
Und kurz: sie halten mich für einen Narren.
APOLLO.
Mein Freund, willst du dich meinem Dienste weihen,
So mußt du derlei Mißverstand verzeihen;
Wer faßt es, was entzückt der Sänger spricht?
Zur Finsternis wird Blöden helles Licht.
Das Feuer, was du willst in ihnen zünden,
Mußt du doch schon in ihrer Asche finden,
Und ach! die meisten sind schon ausgebrannt,
Noch eh sie Licht und Feuer je gekannt.
Ich wundre mich, daß dies den Mißmut weckt,
Und dich aus deiner heitern Laune neckt;
Nein, solltest du durch böse Schickung allen
An einem schlimmen Tage einst gefallen,
Dann komm zu dieser Flur zurück und sage
Mir deine große, höchst gerechte Klage.[304]
POET.
Beschämt und stolz geh ich zur Stadt zurück,
Getröstet hat mich dieser Augenblick.
APOLLO.
Es muß, mein Freund, in diesem irdschen Leben
Auch hin und wieder trübe Stunden geben,
Sonst geht es euch, ihr Menschen, gar zu gut,
Und das verdirbt den allerkühnsten Mut.
Seht, Herr Poet, ich bin ja selbst ein Gott,
Und diene meinen Feinden doch zum Spott,
Geschieht das mir zur Strafe meiner Sünden,
Mögt Ihr Euch um so eh'r zurechte finden.
Sie gehn.
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