Vierte Szene


[309] Stadt. – Große Illumination. – Der Namenszug des Skaramuz rennt an allen Fenstern.


DIE ZUSCHAUER! Herrlich! herrlich!

WACHTEL. Jetzt hat es der Grünhelm gut, der sich dem Theater gewidmet hat, er kann das alles recht in der Nähe besehn.

SCÄVOLA. Wenn es nicht des Aufsehens wegen wäre, so stieg' ich auch hinauf.


Wagen fahren vorüber, und aus dem Schlage ruft man: O wie prächtig!

[309] Skaramuz auf seinem Esel, Gefolge.


SKARAMUZ. Was ist das für ein Name?

GRÜNHELM. Der Ihrige, mein König.

SKARAMUZ. Laßt mir einmal den Maschinisten kommen, der das Zeug eingerichtet hat.


Maschinist tritt auf.


MASCHINIST. Ich bin Ew. Majestät unwürdiger Diener.

SKARAMUZ. Ich sehe, Er kann mehr als donnern und blitzen; es ist mir lieb, daß Er sich auf mancherlei appliziert hat. Fahre Er so fort, und es wird Ihm nicht fehlen, sich großen Glanz zu veranstalten. Ab.

MASCHINIST, gegen das Parterre. Die ganze Erleuchtung ist im Grunde zum Vergnügen eines verehrungswürdigen Publikums eingerichtet, und der einfältige Skaramuz bildet sich ein, es sei seinetwegen geschehn; aber wir wollen ihm davon nichts merken lassen, sonst ist ihm die ganze Freude mit seinem Geburtstage verdorben. Ab.

WACHTEL. Es ist auch wahr, es ist bloß unsertwegen; aber ich wäre in meinem Leben nicht darauf gekommen.


Bäcker und Brauer kommen.


BRAUER. Sieh, Gevatter, das nenn ich mir eine Illumination.

BÄCKER. Ja, etwas anders kann es auch durchaus nicht vorstellen.

BRAUER. Warum nicht?

BÄCKER. Je, Mann, das sind ja lauter Lampen, und wo Lampen sind, da ist auch die Illumination nicht weit.

BRAUER. Könnt Ihr darauf schwören?

BÄCKER. Das nun wohl nicht, aber alle Leute sagen es doch so.

BRAUER. Ja, wenn man alles glauben wollte, was die Leute sagen, da wäre einem übel geraten.

BÄCKER. Das ist wohl wahr, aber das scheint mir noch immer eine Illumination zu sein.


Eine Alte Frau mit einer Laterne.


FRAU. Lieben Leute, ich suche schon die ganze Stadt durch; könnt ihr mir nicht sagen, wo das Feuerwerk ist?

BÄCKER. Je, da hängt es ja.

FRAU. Ach, das hab ich schon lange gesehn. – Aber, das ist wahr, es ist prächtig.[310]

BRAUER. Es ist ja kein Feuerwerk.

BÄCKER. Seht, das kömmt so auf eine Manier heraus, und darum kann man's auch so nennen.

FRAU. Also ist es doch noch ungewiß, ob ich recht bin?

BÄCKER. Ins Teufels Namen, nein, das ist es ja.

FRAU. Aber ich muß es doch gewiß wissen, sonst kann ich's ja nicht mit Seelenruhe genießen.

BRAUER. Seht, da kommt eine große Maskerade.


Gefolge von Reitern in allerhand Marken: einige als Ritter, andre als Mohren, einer ist der Tod, ihm folgen einige Teufel.


FRAU. Gott steh' uns bei, das war schön!

BRAUER. Prächtig, und Philosophie liegt drin, ich versichre Euch, Salz.

FRAU. Und der Satan war mitten drunter.

BÄCKER. Alles unserm Könige zu Ehren.


Die Gäste kommen.


GÄSTE. Munter! munter! das heiß ich einen fröhlichen Abend!

ANDRE. So lustig sind wir lange nicht gewesen.

ANDRE. Und werden's lange nicht wieder sein.

VIERTER GAST. Dumm ist's bei alledem, daß so 'n Geburtstag, wie man's nennt, als an dem der Mensch geboren zu sein pflegt, seht ihr, daß der im Jahre nur einmal ist.

ERSTER GAST. Einmal? dummer Teufel! Hast du keine Wissenschaften im Kopfe? In jedem Jahrhundert ist er nur einmal.

VIERTER GAST. Nur einmal? Nun hört, ihr Herren, die Possen! und jedes Jahrhundert kömmt selbst in hundert Jahren nur einmal. Ist's nicht wahr, Caspar?

ZWEITER GAST. Ja, das ist ausgemacht; darum nennt man's auch immer ein Jahrhundert.

VIERTER GAST. Wovon gibt's denn aber ein sechzehntes Jahrhundert?

ZWEITER GAST. Narren, das war eine Ausnahme von wegen des westfälischen Friedens.

DRITTER GAST. Mein Geburtstag fällt immer gerade dreimal in einem Jahre.

ZWEITER GAST. Die Schalksjahre haben mehr Privilegien.

ALLE. Kommt! kommt! wir wollen weiter, wir müssen auch die Maskerade sehn!


Alle ab.
[311]


Quelle:
Ludwig Tieck: Werke in vier Bänden. Band 2, München 1963, S. 309-312.
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