[49] Meeresufer bei Tarragona.
TISBEA eine Angelruthe in der Hand.
So vieler Mägdelein
Jasmin- und Rosenfüßchen
Am Strand hier küßt die Welle,
Von allen doch allein
Bin ich nur frei der Liebe,
Bin ich allein beglückt;
Und strengen Sinns verschmäh' ich
Ihr Band, das Thoren drückt.
Hier, wo die Sonne grüßend
Vom Schlaf die Wellen weckt,
Und heitres Blau sie anlacht,
Wenn Dunkel sie geschreckt;
Im zarten Sand des Ufers,
Der bald wie Perlen sprüht,
Und bald wie Sonnenstäubchen
Vom Gold der Strahlen glüht;
Hier lauschend auf der Vöglein
Zärtliche Liebesklagen,
Und auf der Quellen Wettstreit,
Die durch's Gestein sich jagen;
Bald mit der Angelruthe,
Die schwankend sich gebogen
Vom Fang des dummen Fischleins,
Das zappelnd peitscht die Wogen;
Bald mit dem breiten Netze,
Das Alles fängt zumal,
Was in den dunkeln Wellen
Tief wohnt im Muschelsaal:
Hier kann in Ruh die Seele
Der Freiheit Lust erwerben; –[49]
Des Basilisken Liebe
Kann ja kein Gift verderben! –
Und wenn der Mägdlein tausend
Vergehn in Liebesleid,
Wie ich sie All' verlache,
So bin ich Aller Neid.
O Glück, daß du mich, Liebe,
Schonend vorübergehst!
Wenn du nicht gar mein Hüttchen,
Weil es so klein, verschmähst.
Nur Obelisken zieren's
Von Stroh, ländliche Kronen,
Wo tolle Turteltäubchen,
Cicaden traulich wohnen.
In Stroh hüll' ich die Ehre,
Wie Frucht, von Saft geschwellt;
Wie Glas in Stroh man hüllet,
Damit es nicht zerschellt.
Die Fischer all, die schützet
An diesem Silberstrande
Das kühne Tarragona
Vor der Piraten Bande,
Entzück' ich und verschmäh' ich,
Fühllos bei ihren Plagen,
Grausam bei ihrem Flehen,
Ein Fels bei ihren Klagen.
Anfriso, dem vor Allen
Des Himmels mächt'ge Hand
An Leib und Seele Gaben
In Fülle zugewandt;
Gewohnt, nur karg mit Worten,
Mit Thaten reich zu zahlen,
Verschmähung sanft zu tragen,
Und still zu dulden Qualen: –
In eisiger Nacht umschweift er
Mein schweigendes Gemach,[50]
Verjünget, trotz dem Winter,
Mein strohbedecktes Dach;
Mit grüner Ulmen Zweigen
Schmückt er es mannigfach:
So wacht es auf, umgürtet
Von Liebesschmeichelei.
Bald auch mit süßer Zither
Und klingender Schalmei
Bringt er mir manches Ständchen;
Doch bleib' ich Eis dabei.
Die Liebe streng beherrschend,
Tyrannin aller Herzen,
Ist Wonne mir sein Leiden,
Und Stolz mir seine Schmerzen.
Die Mädchen all ersterben
Um ihn in Liebesnoth;
Ich gebe durch Verschmähung
Allstündlich ihm den Tod.
'S ist ja die Art der Liebe,
Daß man nach Herzen trachtet,
Die hassen, und verschmähet
Ein Herz, das glühend schmachtet;
Sie stirbt, wenn man ihr schmeichelt,
Lebt, wenn man sie verachtet.
So leb' ich froh, weil nimmer
Von Schmeichelei bethört,
Die Jahre meiner Jugend
Kein Pfeil der Liebe stört. – –
Doch nicht mit loser Rede
Will ich die Zeit verbringen,
Nicht meine Arbeit stören
Mit so unwicht'gen Dingen.
Ich geb' zum Spiel den Lüften
Der Angel dünnes Rohr;
Dem Mund des blöden Fischleins
Werf' ich den Köder vor.[51]
– – Doch sieh! zwei Männer springen
Aus jenem Schiff ins Meer,
Eh es die Flut verschlinget.
Von dorten kam es her;
Nun hängt es an den Klippen,
Vom Strudel umgetrieben.
Wie sein Verdeck, sein Prachtbau,
Im Augenblick zerstieben!
Die Flut dringt ein zur Seite;
Sein Mastkorb geht verloren:
Den haben sich die Winde
Zum Wohnsitz auserkoren;
Fürwahr, ein rechter Wohnsitz
Für derlei wilde Thoren!
CATALINON hinter der Bühne.
Ich sinke! helft!
TISBEA.
Ein Jüngling
Bewältigt kühn die Flut,
Dem Rufenden zu helfen;
O edler Heldenmuth!
Er nimmt ihn auf die Schultern;
Als ein Aeneas er,
Als ein Anchises Jener,
Wenn Troja ist das Meer.
Er theilt mit Kraft die Wogen;
Das nenn' ich kühn geschwommen!
Doch seh' am Strand ich Niemand,
Seh' keine Hilfe kommen.
Herbei, Anfriso, Alfred,
Tirseo! helft! Mich sehen
Die Fischer dort; o könnten
Sie meinen Ruf verstehen!
– O Wunder! Beide landen;[52]
Doch sinkt ohn' Athemzug
Der Jüngling; Jener lebet,
Den er ans Ufer trug.
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