Wetterhäuschen

[257] Mal gehts uns gut. Dann brüllt der Chor der Rache.

Die Weltenunterjocher werden wild.

Der Bizeps steigt. Der Kluge ist der Schwache.

Nur Macht ist Recht, die Mannessehne schwillt –

Mal gehts uns gut.[257]


Mal klappts nicht so. Sieh da: die Idealen

zitieren Luther, Goethe und von Kleist.

Ein Krämervolk nur pocht auf seine Zahlen,

und man besinnt sich plötzlich auf den Geist –

Mal klappts nicht so.


Und jenachdem der Stand schlecht oder bene,

drehn sich aus ihrem kleinen Haus von Holz

Mars aus Papiermaché, Pallas Athene,

ein jedes unumschränkt und stolz –

Ganz jenachdem.


Sieh ohne Ehrfurcht auf die bunte Puppe;

sie ist beweglich, drum erkenn daraus:

Wer vorne steht, ist ja wohl gänzlich schnuppe –

der Himmel machts . . . und nicht das Wetterhaus!


  • · Theobald Tiger
    Die Schaubühne, 28.12.1916, Nr. 52, S. 612, wieder in: Fromme Gesänge.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 1, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 257-258.
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