Der Hosenschnüffler

[450] In einem Stück von Sudermann

fällt baß ein Herr in Liebesbann.

Das kann vorkommen.


Der Schauspieler als alter Rasch-

hoff faßt sich in die Hosentasch.

Das kann auch vorkommen.


So hätten wir den brünstigen Vater

als Taschenspieler im Theater . . .

Das darf nicht vorkommen!


Herr Brunner, der dergleichen sah,

war eines Tages plötzlich da.


Er staunte murrend: Was is diss?

Und nahm ein Happen Ärgernis.


Und es erregten ihre Geister

mit ihm zwei Kriminalwachtmeister.

Das kann vorkommen.


Man schleppt die Hose vors Gericht:

Ist dies nun Unzucht oder nicht?


Der Richter sah recht tief hinein

und sagt zu Brunnern: »Leider nein!«


So sprach man jenen Mimen frei.

Der lachte froh und rief: »Ei, ei!«


O Brunner! Stecke deine Nose

nicht in des Künstlers Lodenhose!


O Brunner! daß es stets so bliebe:

Kurz ist die Kunst –

und ewig lang die Liebe!


  • [450] · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 25.11.1920, Nr. 48, S. 630.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 2, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 450-451.
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