Merkt ihr nischt –?

[179] Eine ganze Industrie

schluckt die dicken Gelder,

treibt die Preise hoch – denn sie

hat die Kohlenfelder.

Sie kann schröpfen und sie schröpft

euch, die Konsumenten;

von dem Geld, euch abgeknöpft,

zahlt sie die Agenten . . .

Presse, Kinos, süß gemischt –

Merkt ihr nischt?


Käseblätter schelten brav

auf die Republike.

Und es tapst das deutsche Schaf

nach der Preßmusike.

Weil der Bauer profitiert

von den Feldgewächsen:

loben Filme – wie geschmiert! –

Fridericus Rexn.

Warum wird das aufgetischt?

Merkt ihr nischt –?


Was mit offnen Mäulern prahlt:

»Wir – wir sind die Stärkern!«

Das ist alles bar bezahlt –

und von euern Märkern!

Vorn der Militärsoldat

und die Ideale –

hinten steht ein Syndikat:

Zahle, Dummkopf, zahle!

Von der Welt könnt ihr nichts wissen.

Ach, wie seid ihr angelogen!

Und sie zahlen blutige Zinsen.

Und die Bauernfänger grinsen,

weil ihr alldeutsch aufgefrischt . . .

Merkt ihr nischt –?


  • [179] · Theobald Tiger
    Die Weltbühne, 11.05.1922, Nr. 19, S. 487.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 3, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 179-180.
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