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[419] Bei meiner Jagd auf Modewörter springt ein seltsam schwarz-weiß gestreiftes Ding durch die Grammatik-Bäume, ich lege an, es bekommt die Ironie-Ladung grade in den . . . ich habe vergessen, wie wir Jäger diesen Teil des Wildes nennen, und als ich näher trete, erkenne ich die Beute. Es ist ›die Angelegenheit‹. Das ist ja eine dolle Angelegenheit.
In dem Wort schnoddert so viel Offizierskasino, und dorther kommt es wohl auch. Noch vor drei Jahren gebrauchte man den Ausdruck richtig für ›affaire‹, für ein Gefüge von Ereignissen, Sachen, Personen, die alle zusammen eine Angelegenheit ausmachten. Das hat sich geändert.
Der Gebrauch des Wortes hat sich zunächst ausgedehnt; es wird, wie fast alle Modewörter, wahllos auf halbfertiggedachte Begriffe angewendet, so daß eine Definition kaum noch möglich ist. Alles ist eine Angelegenheit, und sie geht selten ohne Adjektiv aus. Sie hat leicht pejorativen Sinn; wenn einer ›Angelegenheit‹ sagt oder schreibt, ist es, als rümpfe er verächtlich die Nase.
›Angelegenheit‹ wird auch recht reizvoll burschikos verwandt. »Martha – eine verwandtschaftliche Angelegenheit.« Auch wird das Wort da gesetzt, wo früher ein Adjektiv stand, also etwa so: »Das Stück ist eine verjährte Angelegenheit« – es klingt mongdäner, mehr aus der linken la main, wir schreiben das zwischen Frühstück und Golf.
Neulich traf die Angelegenheit im Walde ein Tier, das ihm merkwürdig ähnlich sah. Sie beschnupperten sich, sie waren sich sympathisch, sie konnten sich riechen. »Wer bist du?« sagte die Angelegenheit. Das andre Tier hob stolz den Podex. »Ich bin das Problem –!« sagte es. »Ah – drum!« sagte die Angelegenheit. Und im frischen Waldesgrün zeugten sie ein Kind, das hieß: Einstellung.
Mit Hilfe dieser Wörter fallen den Schreibern die fertigen Artikel aus dem Munde, es genügt, diese Ausdrücke aneinanderzusetzen, und man hat einen Aufsatz. »Meine Einstellung zu diesem Problem ist schon irgendwie eine komische Angelegenheit.« Es ist, wie wenn ein Kommis ein Monokel trägt. Eine halbe Brille.