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[232] So habe ich neulich hier gefragt . . . was sie wohl tun, die Birkenblätter. Sirren? . . . flirren? . . . flimmern? . . . ich wußte es nicht.
Brunhild schreibt: sie ›schauern‹. Na, schauern . . . vielleicht tut das der ganze Baum – aber er friert doch gar nicht, mir ist dies Wort zu schwer für das leichte Gezweig.
Georg Hermann zitiert Liliencron:
Der Birke Zischellaub verstummte
In ferne Länder floh der Tag . . .
– das ist schon ähnlicher. Hier ist es wenigstens phonetisch gelöst; aber wenn man nun weitab steht und es nicht hören kann –?
Aber Georg Hermann kommt mir grade recht. Liliencron . . . Neulich hat Franz Blei in der ›Literarischen Welt‹ an ihn erinnert; ich glaube, daß er ihm Unrecht getan hat. Er sagte: der habe es sich so leicht gemacht; er habe mit der Muse getändelt. Ach nein – er hat gearbeitet wie ein Schwerarbeiter, gestrichen, gebosselt, verbessert, und abgeschrieben, bis es ›saß‹. Ich meine, daß man ihn noch heute mit Genuß lesen kann – es stehen da wunderherrliche Gedichte (verliert sich in vierstündiger Lektüre Liliencrons; auftauchend:) Weil aber in politisch vermuffter Zeit ästhetische Werturteile immer gleich so feierlich genommen werden: ich lese Franz Blei mit größtem Vergnügen und mit mehr als Vergnügen. Divergenz über ein literarisches Werturteil ist kein Krieg.
Mein Gott, was tun die Birkenblätter –? Brunhild, komm her und stell dich unter einen Birkenbaum. Ich seh dich an – schauer mal. Fühlst du den Unterschied? Was tun sie? Ich werde dahingehen und es nicht gesagt haben.