Deutschland erwache!

[107] Daß sie ein Grab dir graben,

daß sie mit Fürstengeld

das Land verwildert haben,

daß Stadt um Stadt verfällt . . .

Sie wollen den Bürgerkrieg entfachen –

(das sollten die Kommunisten mal machen!)

daß der Nazi dir einen Totenkranz flicht –:

Deutschland, siehst du das nicht –?


Daß sie im Dunkel nagen,

daß sie im Hellen schrein;

daß sie an allen Tagen

Faschismus prophezein . . .

Für die Richter haben sie nichts als Lachen –

(das sollten die Kommunisten mal machen!)

daß der Nazi für die Ausbeuter ficht –:

Deutschland, hörst du das nicht –?


Daß sie in Waffen starren,

daß sie landauf, landab

ihre Agenten karren

im nimmermüden Trab . . .

Die Übungsgranaten krachen . . .

(das sollten die Kommunisten mal machen!)

daß der Nazi dein Todesurteil spricht –:

Deutschland, fühlst du das nicht –?


Und es braust aus den Betrieben ein Chor

von Millionen Arbeiterstimmen hervor:


Wir wissen alles. Uns sperren sie ein.

Wir wissen alles. Uns läßt man bespein.

Wir werden aufgelöst. Und verboten.

Wir zählen die Opfer; wir zählen die Toten.

Kein Minister rührt sich, wenn Hitler spricht.

Für jene die Straße. Gegen uns das Reichsgericht.

Wir sehen. Wir hören. Wir fühlen den kommenden Krach.

Und wenn Deutschland schläft –:

Wir sind wach!


  • [107] · Theobald Tiger
    Arbeiter Illustrierte Zeitung, 1930, Nr. 15, S. 290.

Quelle:
Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 8, Reinbek bei Hamburg 1975, S. 107-108.
Lizenz:
Kategorien: