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[138] Es war am Abende des 5. Juli. Seit dem vorhergehenden Tage lag eine drückende Schwüle in der Luft, welche auf nahe bevorstehende Gewitter deutete. Ueber der Wasserfläche flatterten große röthliche Fledermäuse schwerfälligen Flügelschlages dahin. Unter denselben erkannte man auch einige dunkler braune, am Bauche heller gefärbte »Perros voladors«, vor denen Minha und vorzüglich die junge Mulattin einen unwiderstehlichen Widerwillen empfanden.
Es sind das jene schrecklichen Vampire, welche den Thieren das Blut aussaugen und sogar über den Menschen herfallen, der sich in den Campinen unklugerweise dem Schlummer überläßt.
»O, diese häßlichen Geschöpfe, rief Lina, sich die Augen bedeckend, ich fürchte mich vor ihnen!
– Sie sind auch wirklich zu fürchten, fügte das junge Mädchen hinzu, nicht wahr, Manoel?
– Gewiß, antwortete der Gefragte. Diese Vampire besitzen einen besonderen Instinct, Blut an solchen Stellen abzusaugen, wo es am leichtesten fließt, und vorzüglich hinter dem Ohre. Während sie das thun, bewegen sie immerfort die Flügel und fächeln ihrem Opfer angenehme Kühlung zu, unter der es desto[138] tiefer schläft. Man berichtet von Leuten, welche solchem Blutverluste stundenlang unbewußt ausgesetzt blieben, dann aber – überhaupt nicht wieder erwachten.
– Halten Sie ein mit solchen Geschichten, Manoel, bat Yaquita, sonst wagt weder Minha noch Lina in dieser Nacht ein Auge zuzuthun.
– O, keine Angst, antwortete Manoel. Wenn es darauf ankommt, werden wir ihren Schlummer bewachen.
– Still, still! rief da Benito.
– Was giebt's? fragte Manoel.
– Hörst Du von dorther nicht ein eigenthümliches Geräusch? erwiderte Benito nach dem rechten Ufer weisend.
– Ja, wirklich! sagte Yaquita.
– Woher mag das rühren? fragte das junge Mädchen. Es klingt, als ob Kieselsteine den Inselstrand hinabrollten.
– Ah, jetzt weiß ich's! sagte Benito. Morgen können Alle, welche auf Schildkröteneier und auf frische junge Schildkröten Appetit haben, befriedigt werden!«
Ein Irrthum war nicht mehr möglich. Jenes Geräusch verursachten unzählige Chelonier (Seeschildkröten), welche, um Eier zu legen, nach den Inseln ziehen.
Dort wählen diese Amphibien im Ufersande geeignete Stellen zum Ablegen der Eier. Sie beginnen ihr Werk mit Sonnenuntergang und sind bei Tagesanbruch damit fertig.
Jetzt hatte die leitende Schildkrötenkönigin schon das Strombett verlassen, um eine passende Stelle zu suchen. Andere waren zu Tausenden beschäftigt, mit den Vorderfüßen einen sechshundert Fuß langen, zwölf Fuß breiten und sechs Fuß tiefen Graben auszuschachten; nach Ablegung ihrer Eier füllen sie die Stelle wieder locker mit Sand zu.
Für die Ufer-Indianer des Amazonenstromes und seiner Nebenflüsse ist diese Zeit des Eierlegens von großer Wichtigkeit. Sie beobachten schon das Eintreffen der Schildkröten und holen unter Trompetenschall deren Eier, welche in drei gleiche Mengen getheilt werden, von denen eine den Wächtern, eine andere den Indianern und eine dritte dem durch die Strandhauptleute vertretenen Staate zufällt; die letztgenannten haben nämlich nicht allein polizeiliche Functionen, sondern nehmen auch die Steuern und Abgaben ein. Manche Stellen, welche bei abnehmender Fluth trocken gelegt und langjähriger Erfahrung nach von den Schildkröten besonders bevorzugt werden, hat man ausschließlich mit dem Namen[139] »Königs-Strand« bezeichnet. Nach eingeheimster Ernte feiern die Indianer frohe Feste, wobei es im Spielen, Tanzen und Trinken hoch hergeht – mit ihnen aber auch die Kaimans im Strome, welche die Ueberbleibsel von den Amphibien verschmausen.
Schildkröten sowohl als die Eier derselben bilden auch einen sehr bedeutenden Handelsgegenstand im ganzen Becken des Amazonenstromes. Man paßt dazu den Thieren, wenn sie vom Eierlegen zurückkehren, auf und wendet sie zunächst mittelst Stangen auf den Rücken, aus welcher Lage sie sich nicht selbst befreien können. Diese werden lebend aufbewahrt, indem man sie entweder in eingehegten, den bekannten Fischparks ähnlichen Behältern unterbringt oder ihnen eine Schnur von hinreichender Länge an einen Fuß knüpft, mit der sie sich beliebig auf dem Lande oder im Wasser bewegen können. Auf diese Weise sichern sich die Bewohner ihren nie ausgehenden Vorrath von frischem Schildkrötenfleisch.
Anders verfährt man mit den kleinen, eben ausgekrochenen Schildkröten, die weder eingeparkt noch angebunden zu werden brauchen. Ihre Schale ist nämlich noch weich, das Fleisch außerordentlich zart, so daß diese ganz wie Austern verspeist, doch vorher gekocht werden. In dieser Form verzehrt man im Lande ganz unglaubliche Mengen.
Dabei wird von den Chelonier-Eiern im Amazonen-Gebiete und in der Provinz Para noch ein anderer ausgedehnter Gebrauch gemacht. Die Herstellung von »Manteigna de tartaruga«, das ist Schildkrötenbutter, ein Product, das sich mit den feinsten Erzeugnissen der Normandie und der Bretagne getrost messen kann, erfordert alljährlich nicht weniger als zweihundertfünfzig bis dreihundert Millionen solcher Eier. Dafür giebt es Schildkröten im ganzen Strombecken aber auch in geradezu zahllosen Schaaren, welche unendliche Mengen von Eiern im Ufersande vergraben.
In Folge der ungeheueren Consumtion seitens der Eingebornen, wie der Vernichtung solcher durch Strandläufer und andere Vögel und nicht minder durch die Kaimans des Stromes ist ihre Anzahl jetzt doch so sehr vermindert worden, daß eine kleine Schildkröte im Durchschnitte mit einer brasilianischen Pataque1 bezahlt wird.
Am folgenden Tage machten Benito, Fragoso und einige Indianer eine Pirogue klar und begaben sich damit nach einer der in der Nacht passirten[140] Inseln. Die Jangada brauchte deswegen nicht zu halten, denn diese war immer ohne Mühe einzuholen.
Am Strande daselbst fanden sich kleine Sandhäufchen, entsprechend den Stellen, wo in der vergangenen Nacht die Eier zu je hundertsechzig bis hundertachtzig Stück in dem Graben verscharrt worden waren. Um die Gewinnung dieser Eier handelte es sich jedoch nicht. Dagegen erwiesen sich andere, vor etwa zwei Monaten vergrabene Eier jetzt schon zum größten Theile von der Sonnenhitze ausgebrütet, denn schon wimmelte es an dem flachen Ufer von Tausenden kleiner Schildkröten.
Leicht wurde also eine reichliche Beute eingeheimst und die Pirogue mit so vielen der interessanten Amphibien befrachtet, als sie nur tragen konnte, das Ergebniß der Jagd aber gerade zur besten Stunde, kurz vor dem Frühstück, abgeliefert. Die Passagiere und die Mannschaft der Jangada erhielten davon gleiche Antheile, und wenn auch für den Abend noch ein Restchen dieses Leckerbissens übrig blieb, so wurde doch Alles an dem einen Tage verzehrt.
Am 7. Juli des Morgens befand sich das Floß vor San Jose de Matura, einem Flecken in der Nähe eines unbedeutenden, mit hohem Schilf ausgefüllten Flusses, an dessen Ufer der Sage nach die fabelhaften geschwänzten Indianer seßhaft gewesen sein sollen.
Frühzeitig am 9. Juli kam das Dorf San Antonio in Sicht, nur eine Gruppe weniger, unter Bäumen versteckter Hütten, und bald darauf die Mündung des Iça oder Putumayo, welche neunhundert Meter in der Breite mißt.
Der Putumayo gehört zu den bedeutendsten Nebenflüssen des Amazonenstromes. Im 16. Jahrhundert wurden in dessen Nachbarschaft zuerst durch Spanier englische Missionen errichtet, diese aber später durch Portugiesen so gründlich zerstört, daß sich heute davon auch nicht eine Spur mehr nachweisen läßt. Jetzt trifft man hier nur wenige Vertreter mehrerer Indianerstämme, welche durch abweichende Tätowirungen leicht von einander zu unterscheiden sind.
Der Iça ist ein Wasserlauf, der, am Ostabhange der Gebirge von Pasto, nordöstlich von Quito entspringend, zunächst prächtige Wälder von wilden Cacaobäumen durchströmt. Auf einer Strecke von hundertvierzig Meilen für Dampfer von nicht über zehn Fuß Tiefgang schiffbar, dürfte er sich voraussichtlich noch zu einer der wichtigsten Wasserstraßen im westlichen Südamerika entwickeln.
Inzwischen trat schlechtes Wetter ein, zwar kam es noch nicht zu anhaltendem Regnen, dagegen bildeten sich häufige Gewitter. Diese Meteore blieben[141] freilich ohne Einfluß auf die Fahrt der Jangada, welche dem Winde zu wenig Angriffsfläche bot, während ihre große Länge sie auch gegen den höheren Wogenschlag des Stromes unempfindlich machte; natürlich sah sich die Familie Garral dabei mehr als früher auf den Aufenthalt in den Wohnräumen angewiesen, doch ließ man solche gezwungene Mußestunden nicht ungenützt vorüber, sondern plauderte nach Herzenslust und tauschte allerlei Beobachtungen aus, so daß die Zungen immer in flotter Bewegung blieben.
Unter diesen Verhältnissen nahm auch Torres allmählich mehr an den gemeinsamen Gesprächen theil. Erinnerungen aus der Zeit seiner verschiedenen Züge durch das ganze nördliche Brasilien lieferten ihm reichlichen Unterhaltungsstoff. Offenbar hatte dieser Mann sehr viel gesehen; seine Beobachtungen dabei waren jedoch immer die eines Skeptikers, und er verletzte mit seinen Reden nicht selten das Ohr der braven, feinfühlenden Leute, die ihm zuhörten. Es verdient auch hervorgehoben zu werden, daß er Minha mehr und mehr auszeichnete. Mißfielen seine Aufmerksamkeiten Manoel auch von vornherein, so gingen dieselben doch noch nicht so weit, um eine Intervention des jungen Mannes angezeigt erscheinen zu lassen. Uebrigens empfand das junge Mädchen gegen Torres einen unbewußten Widerwillen, aus dem sie sich kein Hehl zu machen bemühte.
Am 9. Juli zeigte sich am linken Stromufer die Mündung des Tunantins, durch welche vierhundert Fuß breite Spalte der genannte Fluß seine von Westnordwesten sich herwälzenden Wassermassen in den großen Strom abgiebt, nachdem diese das Gebiet der Cacenas-Indianer bewässert haben.
An derselben Stelle bot das Bett des Amazonenstromes einen wirklich großartigen Anblick, obwohl es mehr als anderswo von Inseln und Holmen unterbrochen wird. Es bedurfte der gereiften Erfahrung und aller Geschicklichkeit des Mannes am Steuer, um sich durch diesen verworrenen Archipel zu winden, von einem Ufer zum anderen zu laviren, hier Untiefen, dort brodelnde Wasserwirbel zu vermeiden und doch dabei den zweckmäßigsten Weg einzuhalten.
Er hätte sich vielleicht nach dem Ahuaty-Parana, einem natürlichen Kanal, wenden können, der sich unterhalb der Tunantinsmündung abzweigt und hundertzwanzig Meilen weiter durch den Rio Japura wieder mit der Hauptwasserader in Verbindung tritt; doch wenn auch die breiteste Stelle dieses »Furo« hundertfünfzig Fuß maß, so schrumpfte dafür die engste bis auf sechzig Fuß zusammen, was der Durchfahrt der Jangada ernstliche Schwierigkeiten bereiten mußte.[142]
Kurz, nachdem sie am 13. Juli die Insel Capura berührt und am Einflusse des Jutahy vorüber gefahren, der, von Westsüdwesten herkommend, seine dunklen Fluthen durch eine fünfzehnhundert Fuß breite Mündung ergießt, und nachdem sie die zahllosen Schaaren jener hübschen hellschwefelfarbenen Aeffchen mit zinnoberrothem Gesicht bewundert hatten, welche unersättliche Liebhaber der Früchte einer Palmenart sind, von der der Fluß seinen Namen erhielt, kamen die Reisenden am 18. Juli bei der kleinen Stadt Fonteboa an. Hier machte die Jangada zwölf Standen Halt, um die Mannschaft einmal wieder rasten zu lassen.
Fonteboa hat, wie die meisten Missionsdörfer am Amazonenstrome, dem merkwürdigen Gesetze nicht entgehen können, wonach solche kleine Ansiedlungen binnen längeren Zeitperioden von einer Stelle zur anderen verschoben werden. Dem Anscheine nach ist die Nomadenexistenz des Oertchens jetzt aber zu Ende und einer definitiven Seßhaftigkeit gewichen. Es ist das erfreulich, denn das Städtchen bietet mit seinen drei Dutzend, unter üppigem Grün hervorlugenden Häuschen und der Notre Dame von Guadelupe, der schwarzen Heiligen Jungfrau von Mexiko gewidmeten Kirche, ein wirklich liebliches Bild. Fonteboa zählt etwa eintausend Einwohner und wird von Indianern an beiden Stromufern, welche in den benachbarten Campinen große Viehheerden aufziehen, mit Nahrungsmitteln versorgt. Hierin allein besteht jedoch nicht die Beschäftigung der Letztgenannten; sie sind daneben auch unerschrockene Jäger oder, wenn man lieber will, kühne Fischer, welche Seekühen nachstellen.
Noch am Abend ihrer Ankunft fanden die jungen Leute Gelegenheit, einer höchst interessanten Expedition dieser Art beizuwohnen.
Im Cayaratu, der bei Fonteboa mündet, war das Auftauchen zwei solcher pflanzenfressender Cetacier berichtet worden. Auf der Wasserfläche sah man sechs braune Punkte dahintreiben. Das waren die zwei spitzen Schnauzen und die vier gewaltigen Flossen der Seekühe.
Unerfahrene Fischer würden diese sich langsam weiter bewegenden Punkte anfänglich gewiß für irgend welche, von der Strömung mitgeführte todte Gegenstände gehalten haben;
die Eingebornen aus Fonteboa konnten sich darüber jedoch nicht täuschen. Ein geräuschvolles Schnaufen verrieth übrigens bald, daß hier lebende Thiere herabschwammen, welche die zur Athmung unbrauchbar gewordene Luft sehr kräftig ausstießen.
Zwei mit je drei Fischern bemannte Ubas stießen vom Ufer ab, und suchten sich den Seekühen zu nähern, welche indeß eiligst die Flucht ergriffen. Erst[143] erzeugten die dunklen Punkte einen leicht erkenntlichen Streifen wirbelnden Wassers, dann aber verschwanden jene gänzlich.
Die Fischer ruderten vorsichtig weiter. Mit einer höchst primitiven Harpune, einem tüchtigen Nagel an langem Stocke, ausgerüstet, stand je Einer im Vordertheile der kleinen Fahrzeuge, welche die Anderen möglichst geräuschlos fortbewegten. Sie warteten, bis das Athembedürfniß die Thiere wieder nach oben und ihnen sozusagen in Schußweite treiben würde. Zehn Minuten später mußten die Thiere erfahrungsmäßig in mehr oder weniger beschränktem Umkreise der[144] Stelle, wo sie hinabtauchten, gewiß wieder erscheinen. Wirklich dauerte es kaum diese Zeit, bis die dunklen Punkte in einiger Entfernung sichtbar wurden und zwei mit Luft gemischte Dampfstrahlen zischend in die Höhe schossen.
Die Ubas flogen jetzt näher heran, die Harpunen durchschwirrten die Luft; die eine verfehlte ihr Ziel, die andere aber traf den einen Cetacier in der Nähe des Schwanzwirbels.
Mehr brauchte es nicht, um das Thier fast unschädlich zu machen, da sich dasselbe von einem Harpunenstachel getroffen kaum noch zu vertheidigen vermag.[145] Mittelst eines Seiles wurde es hierauf vorsichtig in die Nähe der Uba und dann nach dem Strande vor den Häusern herangeholt.
Es war nur eine sehr kleine Seekuh von kaum drei Fuß Länge. Man hat diese armen Cetacier so hitzig verfolgt, daß sie im Amazonenstrome und dessen Seitenflüssen schon recht selten zu werden anfangen, und läßt ihnen so wenig Zeit, ordentlich auszuwachsen, daß jetzt auch die Riesen unter ihnen nicht mehr als sieben Fuß messen. Was sind solche Zwerge aber gegen die zwölf bis fünfzehn Fuß langen Seekühe, welche in den Strömen und Landseen Afrikas noch in Hülle und Fülle vorkommen!
Leider dürfte es große Schwierigkeiten finden, deren allmähliche Ausrottung zu verhüten. Das Fleisch dieser Thiere ist nämlich von vortrefflichem Geschmack übertrifft sogar den des Schweinefleisches, und dazu bildet das, aus der gegen drei Zoll dicken Speckschicht gewonnene Oel einen werthvollen Handelsgegenstand. Geräuchert hält sich das Fleisch überraschend lange und bietet eine recht gesunde Nahrung. Bedenkt man hierzu noch, daß das Thier verhältnißmäßig leicht zu fangen ist, so leuchtet es ein, daß sein Geschlecht von der ihm drohenden Vertilgung kaum zu retten sein dürfte. Heutzutage erzielt man von einer ausgewachsenen Seekuh, welche früher zwei Pots Oel im Gewicht von je hundertachtzig Pfund lieferte, im besten Falle nur vier spanische Arroben, zusammen etwa einen Centner schwer.
Am 19. Juli mit Sonnenaufgang verließ die Jangada Fonteboa wieder und glitt zwischen den beiden, vollkommen menschenleeren Ufern des Stromes an verschiedenen Inseln vorüber. Auf letzteren erhoben sich dichte Wälder der herrlichsten Cacaobäume. Den Himmel bedeckten immer schwere, elektricitätsschwangere Haufenwolken, welche neue Gewitterstürme in baldige Aussicht stellten.
Bald stürzte von dem höheren linken Ufer der Rio Jurua herab. Ein Boot könnte auf dessen klaren Wellen, die ihm zahlreiche Seitenflüsse zweiter Ordnung zuführen, ohne unübersteigliche Hindernisse bis Peru hinaufgelangen.
»Hier dürfte wohl die Gegend sein, bemerkte Manoel, wo man die streitbaren Frauen, welche bei Orellana so viele Verwunderung erweckten, zu suchen hätte. Freilich weiß man jetzt, daß dieselben keine besonderen Stämme bilden. Es sind eben nur die Weiber, welche ihre Gatten auch in den Kampf begleiten und von denen die unter den Juruas den Ruf großer Unerschrockenheit genießen.«
Die Jangada schwamm weiter hinab; aber welches Labyrinth bildete hier der große Amazonenstrom![146]
Der Rio Japura, dessen eigentliche Mündung sich erst achtzig Meilen stromabwärts befindet und der zu den mächtigsten Nebenströmen zählt, begleitete jenen fast in paralleler Richtung.
Beide aber stehen in häufiger Verbindung durch Kanäle, Iguarapes, Lagunen, zeitweilig vorhandene Seen kurz, sie bilden ein fast unentwirrbares Netz, was die Hydrographie dieser Strecke unendlich erschwert.
Besaß Araujo auch keine Stromkarte als Leitfaden, so vertrat diese Stelle seine gereifte Erfahrung, und es war wirklich wunderbar zu beobachten, wie er sich durch dieses Chaos hindurch fand und niemals den großen Strom selbst verfehlte. Er entledigte sich seiner Aufgabe so gut, daß die Jangada am 25. Juli Nachmittags, nachdem sie bei dem Dorfe Parani-Tapera vorüber gekommen, am Einlaufe zu dem Ega- oder Teffe-See vor Anker gehen konnte, auf welch' letzteren man nicht einzulaufen Ursache hatte, da das Floß aus demselben doch nach dem Strome selbst hätte zurückkehren müssen.
Die Stadt Ega dagegen ist von Bedeutung und verdient wohl einen Besuch. Es wurde deshalb beschlossen, daß die Jangada bis zum 27. Juli hier verankert liegen und die große Pirogue die ganze Familie am nächsten Morgen nach Ega überführen sollte.
Sicherlich hatte die fleißige Mannschaft des großen Holztrains einmal eine gründliche Erholung verdient. Die Nacht verbrachte man nahe dem etwas erhöhten Ufer, und nichts störte deren Ruhe. Am Horizont nur flammte dann und wann ein Wetterleuchten auf, das aber von einem in großer Ferne sich entladenden Gewitter herzurühren schien.
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