Eilfter Auftritt.

[49] Mehrere junge Mädchen knieen, stumm betend, an verschiedenen Altären. Nahe am Vordergrunde sieht man einen mit dem Gemälde eines Heiligen in Lebensgröße. Clara, im Nonnengewand und Novizenzeichen, tritt, mit Buch und Rosenkranz, ein, und wirft sich davor hin.


CAVATINE.

So bin ich denn geschieden

Von eitelm Sinnenwahn,

Laß mich hienieden

Sanften Frieden,

Die Palme dort empfahn!


Spricht, während auf dem Chor leise Musik tönt.


O nimm mich gnädig, segne meine Weihe,

Und bitt' für mich im hohen Engelraum,

Gieb, daß ich nimmer mich der Sünde zeihe,

Rein sei mein Wachen, rein mein Traum.

Gern will ich tragen, beten, wachen, ringen,

Und büßen, eine fromme Dulderin.

O höb' ich auf der Andacht Seraphschwingen

Mich in Gefilde der Verklärung hin!


Die Orgel hat ein Solo.
[49]

Wie mich die Gnadenströme dort umwallen,

Ahn' ich die Hochgebenedeite nah,

In ew'ge Saiten Melodien hallen,

Es tönt der Gläubigen Hallelujah!


Gesang auf dem Chor.


Hallelujah!

CLARA stimmt leise mit ein, sprechend.

Hätt' ich Unwürd'ge oben Gnade funden?

Ich neige, Heilger, mich auf Deine Wunden.

So sei es denn! In Deinem Namen –


Gesang auf dem Chor.


Amen!

CLARA stimmt leise ein und betet dann stumm fort.


Die Musik endet.


Quelle:
Voß, Julius von: Faust. Trauerspiel mit Gesang und Tanz. Berlin 1890, S. 49-50.
Lizenz:
Kategorien: