[535] Freie Gegend auf Bergeshöhen
Der hervorbrechende Tag beleuchtet mit wachsendem Glanze eine Burg mit blinkenden Zinnen, die auf einem Felsgipfel im Hintergrunde steht, zwischen diesem und dem Vordergrunde ist ein tiefes Tal, durch das der Rhein fließt, anzunehmen. –
Wotan und Fricka schlafend. – Die Burg ist ganz sichtbar geworden. – Fricka erwacht: ihr Auge fällt auf die Burg
FRICKA erschrocken.
Wotan, Gemahl! Erwache!
WOTAN fortträumend.
Der Wonne seligen Saal
bewachen mir Tür und Tor:
Mannes Ehre,
ewige Macht,
ragen zu endlosem Ruhm!
FRICKA rüttelt ihn.
Auf, aus der Träume
wonnigem Trug!
Erwache, Mann, und erwäge!
WOTAN erwacht und erhebt sich ein wenig; sein Blick wird sogleich vom Anblick der Burg gefesselt.
Vollendet das ewige Werk!
Auf Berges Gipfel
die Götterburg;
prächtig prahlt
der prangende Bau!
Wie im Traum ich ihn trug,
wie mein Wille ihn wies,[535]
stark und schön
steht er zur Schau:
hehrer, herrlicher Bau!
FRICKA.
Nur Wonne schafft dir,
was mich erschreckt?
Dich freut die Burg,
mir bangt es um Freia!
Achtloser, laß dich erinnern
des ausbedungenen Lohns!
Die Burg ist fertig,
verfallen das Pfand:
vergaßest du, was du vergabst?
WOTAN.
Wohl dünkt mich's, was sie bedangen,
die dort die Burg mir gebaut;
durch Vertrag zähmt ich
ihr trotzig Gezücht,
daß sie die hehre
Halle mir schüfen;
die steht nun – Dank den Starken! –
um den Sold sorge dich nicht.
FRICKA.
O lachend frevelnder Leichtsinn!
Liebelosester Frohmut! –
Wußt' ich um euren Vertrag,
dem Truge hätt ich gewehrt;
doch mutig entferntet
ihr Männer die Frauen,
um taub und ruhig vor uns
allein mit den Riesen zu tagen:
so ohne Scham
verschenktet ihr Frechen
Freia, mein holdes Geschwister,
froh des Schächergewerbs! –
Was ist euch Harten
doch heilig und wert,
giert ihr Männer nach Macht!
WOTAN ruhig.
Gleiche Gier
war Fricka wohl fremd,
als selbst um den Bau sie mich bat?
FRICKA.
Um des Gatten Treue besorgt
muß traurig ich wohl sinnen,
wie an mich er zu fesseln,
zieht's in die Ferne ihn fort:
herrliche Wohnung,[536]
wonniger Hausrat
sollten dich binden
zu säumender Rast.
Doch du bei dem Wohnbau sannst
auf Wehr und Wall allein:
Herrschaft und Macht
soll er dir mehren;
nur rastloser'n Sturm zu erregen,
erstand dir die ragende Burg.
WOTAN lachend.
Wolltest du Frau
in der Feste mich fangen,
mir Gotte mußt du schon gönnen,
daß, in der Burg
gefangen, ich mir
von außen gewinne die Welt:
Wandel und Wechsel
liebt wer lebt;
das Spiel drum kann ich nicht sparen!
FRICKA.
Liebeloser
leidigster Mann!
Um der Macht und Herrschaft
müßigen Tand
verspielst du in lästerndem Spott
Liebe und Weibes Wert?
WOTAN.
Um dich zum Weib zu gewinnen,
mein eines Auge
setzt ich werbend daran:
wie törig tadelst du jetzt!
Ehr ich die Frauen
doch mehr als dich freut; –
und Freia, die gute,
geb ich nicht auf,
nie sann dies ernstlich mein Sinn.
FRICKA mit ängstlicher Spannung in die Szene blickend.
So schirme sie jetzt:
in schutzloser Angst
läuft sie nach Hilfe dort her.
FREIA tritt, wie in hastiger Flucht, auf.
Hilf mir, Schwester!
Schütze mich, Schwäher!
Vom Felsen drüben
drohte mir Fasolt,
mich Holde käm er zu holen.[537]
WOTAN.
Laß ihn drohn! –
Sahst du nicht Loge?
FRICKA.
Daß am liebsten du immer
dem Listigen traust!
Viel Schlimmes schuf er uns schon,
doch stets bestrickt er dich wieder.
WOTAN.
Wo freier Mut frommt,
allein frag ich nach keinem.
Doch des Feindes Neid
zum Nutz sich fügen,
lehrt nur Schlauheit und List,
wie Loge verschlagen sie übt.
Der zum Vertrage mir riet,
versprach mir Freia zu lösen:
auf ihn verlaß ich mich nun.
FRICKA.
Und er läßt dich allein! –
Dort schreiten rasch
die Riesen heran:
Wo harrt dein schlauer Gehilf?
FREIA.
Wo harren meine Brüder,
daß Hilfe sie brächten,
da mein Schwäher die Schwache verschenkt?
Zu Hilfe, Donner!
Hieher, hieher!
Rette Freia, mein Froh!
FRICKA.
Die im bösen Bund dich verrieten,
sie Alle bergen sich nun!
Fasolt und Fafner, beide in riesiger Gestalt, mit starken Pfählen bewaffnet, treten auf.
FASOLT.
Sanft schloß
Schlaf dein Aug;
wir beide bauten
Schlummers bar die Burg.
Mächt'ger Müh
müde nie,
stauten starke
Stein' wir auf;
steiler Turm,
Tür und Tor,
deckt und schließt
im schlanken Schloß den Saal.
Auf die Burg deutend.
Dort steht's,[538]
was wir stemmten,
schimmernd hell
bescheint's der Tag:
zieh nun ein,
uns zahl den Lohn!
WOTAN.
Nennt, Leute, den Lohn;
was dünkt euch zu bedingen?
FASOLT.
Bedungen ist
was tauglich uns dünkt;
gemahnt es dich so matt?
Freia die holde,
Holda die freie –
vertragen ist's,
sie tragen wir heim.
WOTAN schnell.
Seid ihr bei Trost
mit eurem Vertrag?
Denkt auf andren Dank:
Freia ist mir nicht feil!
FASOLT steht, in höchster Bestürzung, eine Weile sprachlos.
Was sagst du? Ha!
Sinnst du Verrat?
Verrat am Vertrag?
Die dein Speer birgt,
sind sie dir Spiel,
des berat'nen Bundes Runen?
FAFNER.
Getreuster Bruder,
merkst du Tropf nun Betrug?
FASOLT.
Lichtsohn du,
leicht gefügter!
Hör und hüte dich;
Verträgen halte Treu'!
Was du bist,
bist du nur durch Verträge;
bedungen ist,
wohl bedacht deine Macht:
bist weiser du
als witzig wir sind,
bandest uns Freie
zum Frieden du:
all deinem Wissen fluch ich,
fliehe weit deinen Frieden,
weißt du nicht offen,
ehrlich und frei[539]
Verträgen zu wahren die Treu'! –
Ein dummer Riese
rät dir das:
du Weiser, wiss' es von ihm!
WOTAN.
Wie schlau für Ernst du achtest,
was wir zum Scherz nur beschlossen!
Die liebliche Göttin,
licht und leicht,
was taugt euch Tölpeln ihr Reiz?
FASOLT.
Höhnst du uns?
Ha, wie unrecht! –
Die ihr durch Schönheit herrscht,
schimmernd hehres Geschlecht,
wie törig strebt ihr
nach Türmen von Stein,
setzt um Burg und Saal
Weibes Wonne zum Pfand!
Wir Plumpen plagen uns
schwitzend mit schwieliger Hand –
ein Weib zu gewinnen,
das wonnig und mild
bei uns Armen wohne: –
verkehrt nennst du den Kauf?
FAFNER.
Schweig dein faules Schwatzen;
Gewinn werben wir nicht:
Freias Haft
hilft wenig;
doch viel gilt's,
den Göttern sie zu entreißen.
Leise.
Gold'ne Äpfel
wachsen in ihrem Garten,
sie allein
weiß die Äpfel zu pflegen;
der Frucht Genuß
frommt ihren Sippen
zu ewig nie
alternder Jugend:
siech und bleich
doch sinkt ihre Blüte,
alt und schwach
schwinden sie hin,
müssen Freia sie missen.
[540] Grob.
Ihrer Mitte drum sei sie entführt!
WOTAN.
Loge säumt zu lang!
FASOLT.
Schlicht gib nun Bescheid!
WOTAN.
Fordert andern Sold!
FASOLT.
Kein andrer: Freia allein!
FAFNER.
Du da! folge uns!
Fafner und Fasolt dringen auf Freia. – Froh und Donner kommen eilig.
FREIA fliehend.
Helft! Helft vor den Harten!
FROH Freia in seine Arme fassend.
Zu mir, Freia! –
Zu Fafner.
Meide sie, Frecher!
Froh schützt die Schöne.
DONNER sich vor die beiden Riesen stellend.
Fasolt und Fafner, fühltet ihr schon
meines Hammers harten Schlag?
FAFNER.
Was soll das Droh'n?
FASOLT.
Was dringst du her?
Kampf kiesten wir nicht,
verlangen nur unsern Lohn.
DONNER.
Schon oft zahlt ich
Riesen den Zoll.
Kommt her, des Lohnes Last
wäg ich mit gutem Gewicht.
Er schwingt den Hammer.
WOTAN seinen Speer zwischen den Streitenden ausstreckend.
Halt, du Wilder!
Nichts durch Gewalt!
Verträge schützt
meines Speeres Schaft: –
spar deines Hammers Heft!
FREIA.
Wehe! Wehe!
Wotan verläßt mich!
FRICKA.
Begreif ich dich noch,
grausamer Mann?
WOTAN wendet sich ab und sieht Loge kommen.
Endlich Loge!
Eiltest du so,
den du geschlossen,
den schlimmen Handel zu schlichten?
LOGE ist im Hintergrunde aus dem Tale heraufgestiegen.
Wie? Welchen Handel[541]
hätt ich geschlossen?
Wohl was mit den Riesen
dort im Rate du dangst? –
In Tiefen und Höhen
treibt mich mein Hang;
Haus und Herd
behagt mir nicht.
Donner und Froh,
die denken an Dach und Fach,
wollen sie frei'n,
ein Haus muß sie erfreu'n.
Ein stolzer Saal,
ein starkes Schloß,
danach stand Wotans Wunsch.
Haus und Hof,
Saal und Schloß,
die selige Burg,
sie steht nun fest gebaut.
Das Prachtgemäuer
prüft ich selbst,
ob alles fest,
forscht ich genau,
Fasolt und Fafner
fand ich bewährt:
kein Stein wankt im Gestemm.
Nicht müßig war ich,
wie mancher hier;
der lügt, wer lässig mich schilt.
WOTAN.
Arglistig
weichst du mir aus:
mich zu betrügen
hüte in Treuen dich wohl!
Von allen Göttern
dein einz'ger Freund,
nahm ich dich auf
in der übel trauenden Troß: –
Nun red' und rate klug!
Da einst die Bauer der Burg
zum Dank Freia bedangen, –
du weißt, nicht anders
willigt ich ein,
als weil auf Pflicht du gelobtest
zu lösen das hehre Pfand?[542]
LOGE.
Mit höchster Sorge
drauf zu sinnen,
wie es zu lösen,
das – hab ich gelobt.
Doch, daß ich fände,
was nie sich fügt,
was nie gelingt –
wie ließ sich das wohl geloben?
FRICKA zu Wotan.
Sieh, welch trugvollem
Schelm du getraut!
FROH zu Loge.
Loge heißt du,
doch nenn ich dich Lüge!
DONNER.
Verfluchte Lohe,
dich lösch ich aus!
LOGE.
Ihre Schmach zu decken
schmähen mich Dumme!
Donner holt auf Loge aus.
WOTAN dazwischen tretend.
In Frieden laßt mir den Freund!
Nicht kennt ihr Loges Kunst:
reicher wiegt
seines Rates Wert,
zahlt er zögernd ihn aus.
FAFNER.
Nichts gezögert!
Rasch gezahlt!
FASOLT.
Lang währt's mit dem Lohn!
WOTAN wendet sich hart zu Loge, drängend.
Jetzt hör; Störrischer!
Halte Stich!
Wo schweifst du hin und her?
LOGE.
Immer ist Undank
Loges Lohn!
Für dich nur besorgt,
sah ich mich um,
durchstöbert im Sturm
alle Winkel der Welt:
Ersatz für Freia zu suchen,
wie er den Riesen wohl recht.
Umsonst sucht ich,
und sehe nun wohl:
in der Welten Ring
nichts ist so reich,
als Ersatz zu muten dem Mann
für Weibes Wonne und Wert!
[543] Alle geraten in Erstaunen und verschiedenartige Betroffenheit.
So weit Leben und Weben,
in Wasser, Erd und Luft,
viel frug ich,
forschte bei Allen,
wo Kraft nur sich rührt,
und Keime sich regen:
was wohl dem Manne
mächt'ger dünk'
als Weibes Wonne und Wert?
Doch so weit Leben und Weben,
verlacht nur ward
meine fragende List:
in Wasser, Erd und Luft
lassen will nichts
von Lieb und Weib. –
Gemischte Bewegung.
Nur Einen sah ich,
der sagte der Liebe ab;
um rotes Gold
entriet er des Weibes Gunst.
Des Rheines klare Kinder
klagten mir ihre Not:
der Nibelung,
Nachtalberich,
buhlte vergebens
um der Badenden Gunst;
das Rheingold da
raubte sich rächend der Dieb:
das dünkt ihm nun
das teuerste Gut,
hehrer als Weibes Huld.
Um den gleißenden Tand,
der Tiefe entwandt,
erklang mir der Töchter Klage:
an dich, Wotan,
wenden sie sich,
daß zu Recht du zögest den Räuber,
Mit wachsender Wärme.
das Gold dem Wasser
wieder gebest,
und ewig es bliebe ihr Eigen. –
[544] Hingebende Bewegung Aller.
Dir's zu melden
gelobt ich den Mädchen:
nun löste Loge sein Wort.
WOTAN.
Törig bist du,
wenn nicht gar tückisch!
Mich selbst siehst du in Not:
wie hülf' ich andern zum Heil?
FASOLT der aufmerksam zugehört, zu Fafner.
Nicht gönn ich das Gold dem Alben;
viel Not schon schuf uns der Niblung,
doch schlau entschlüpfte unserm
Zwange immer der Zwerg.
FAFNER.
Neue Neidtat
sinnt uns der Niblung,
gibt das Gold ihm Macht. –
Du da, Loge!
Sag ohne Lug:
was Großes gilt denn das Gold,
daß dem Niblung es genügt?
LOGE.
Ein Tand ist's
in des Wassers Tiefe,
lachenden Kindern zur Lust;
doch, ward es zum runden
Reife geschmiedet,
hilft es zu höchster Macht,
gewinnt dem Manne die Welt.
WOTAN sinnend.
Von des Rheines Gold
hört ich raunen:
Beute-Runen
berge sein roter Glanz;
Macht und Schätze
schüf ohne Maß ein Reif.
FRICKA leise zu Loge.
Taugte wohl
des gold'nen Tandes
gleißend Geschmeid
auch Frauen zu schönem Schmuck?
LOGE.
Des Gatten Treu'
ertrotzte die Frau,
trüge sie hold
den hellen Schmuck,
den schimmernd Zwerge schmieden,
rührig im Zwange des Reifs.[545]
FRICKA schmeichelnd zu Wotan.
Gewänne mein Gatte
sich wohl das Gold?
WOTAN wie in einem Zustande wachsender Bezauberung.
Des Reifes zu walten,
rätlich will es mich dünken. –
Doch wie, Loge,
lernt ich die Kunst?
Wie schüf ich mir das Geschmeid!
LOGE.
Ein Runen-Zauber
zwingt das Gold zum Reif;
keiner kennt ihn;
doch Einer übt ihn leicht,
der sel'ger Lieb entsagt.
Wotan wendet sich unmutig ab.
Das sparst du wohl;
zu spät auch kamst du;
Alberich zauderte nicht.
Zaglos gewann er
des Zaubers Macht:
Grell.
geraten ist ihm der Ring!
DONNER zu Wotan.
Zwang uns Allen
schüfe der Zwerg,
würd ihm der Reif nicht entrissen.
WOTAN.
Den Ring muß ich haben!
FROH.
Leicht erringt
ohne Liebesfluch er sich jetzt.
LOGE grell.
Spottleicht,
ohne Kunst, wie im Kinderspiel!
WOTAN.
So rate, wie?
LOGE.
Durch Raub!
Was ein Dieb stahl,
das stiehlst du dem Dieb:
ward leichter ein Eigen erlangt? –
Doch mit arger Wehr
wahrt sich Alberich;
klug und fein
mußt du verfahren,
ziehst den Räuber du zu Recht,
um des Rheines Töchtern
den roten Tand,
Mit Wärme.
[546]
das Gold wieder zu geben;
denn darum flehen sie dich.
WOTAN.
Des Rheines Töchter?
Was taugt mir der Rat!
FRICKA.
Von dem Wassergezücht
mag ich nichts wissen;
schon manchen Mann
– mir zum Leid! –
verlockten sie buhlend im Bad.
Wotan steht stumm mit sich kämpfend, die übrigen Götter heften in schweigender Spannung die Blicke auf ihn. – Währenddem hat Fafner bei Seite mit Fasolt beraten.
FAFNER zu Fasolt.
Glaub mir, mehr als Freia
frommt das gleißende Gold:
auch ew'ge Jugend erjagt,
wer durch Goldes Zauber sie zwingt. –
Fasolts Gebärde deutet an, daß er sich wider Willen überredet fühlt. – Fafner tritt mit Fasolt wieder an Wotan heran.
Hör, Wotan,
der Harrenden Wort!
Freia bleib euch in Frieden;
leicht'ren Lohn
fand ich zur Lösung:
uns rauhen Riesen genügt
des Niblungen rotes Gold.
WOTAN.
Seid ihr bei Sinn?
Was nicht ich besitze,
soll ich euch Schamlosen schenken?
FAFNER.
Schwer baute
dort sich die Burg:
leicht wird dir's
mit list'ger Gewalt,
(was im Neidspiel nie uns gelang,)
den Niblungen fest zu fah'n.
WOTAN.
Für euch müht' ich
mich um den Alben?
Für euch fing ich den Feind?
Unverschämt
und überbegehrlich
macht euch Dumme mein Dank!
FASOLT ergreift plötzlich Freia und führt sie mit Fafner zur Seite.
Hieher, Maid!
In unsre Macht![547]
Als Pfand folgst du uns jetzt,
bis wir Lösung empfah'n.
FREIA schreiend.
Wehe! Wehe! Weh!
FAFNER.
Fort von hier
sei sie entführt!
Bis Abend – achtet's wohl! –
pflegen wir sie als Pfand;
wir kehren wieder;
doch kommen wir,
und bereit liegt nicht als Lösung
das Rheingold licht und rot –
FASOLT.
Zu End ist die Frist dann,
Freia verfallen:
für immer folge sie uns!
FREIA schreiend.
Schwester! Brüder!
Rettet! Helft!
Freia wird von den hastig enteilenden Riesen fortgetragen.
FROH.
Auf, ihnen nach!
DONNER.
Breche denn Alles!
Sie blicken Wotan fragend an.
FREIA aus der Ferne.
Rettet! Helft!
LOGE den Riesen nachsehend.
Über Stock und Stein zu Tal
stapfen sie hin:
durch des Rheines Wasserfurt
waten die Riesen:
Fröhlich nicht
hängt Freia
den Rauhen über den Rücken! –
Heia! hei!
wie taumeln die Tölpel dahin!
Durch das Tal talpen sie hin,
wohl an Riesenheims Mark
erst halten sie Rast. –
Er wendet sich zu den Göttern.
Was sinnt nun Wotan so wild?
Den sel'gen Göttern wie geht's?
Ein fahler Nebel erfüllt mit wachsender Dichtheit die Bühne; in ihm erhalten die Götter ein zunehmend bleiches und ältliches Aussehen; alle stehen bang und erwartungsvoll auf Wotan blickend, der sinnend die Augen an den Boden heftet.
Trügt mich ein Nebel?
Neckt mich ein Traum?
Wie bang und bleich[548]
verblüht ihr so bald!
Euch erlischt der Wangen Licht;
der Blick eures Auges verblitzt! –
Frisch, mein Froh!
noch ist's ja früh! –
Deiner Hand, Donner,
entsinkt ja der Hammer! –
Was ist's mit Fricka?
Freut sie sich wenig
ob Wotans grämlichem Grau,
das schier zum Greisen ihn schafft?
FRICKA.
Wehe! Wehe!
Was ist geschehn?
DONNER.
Mir sinkt die Hand!
FROH.
Mir stockt das Herz!
LOGE.
Jetzt fand ich's! Hört, was euch fehlt!
Von Freias Frucht
genosset ihr heute noch nicht.
Die gold'nen Äpfel
in ihrem Garten,
sie machten euch tüchtig und jung,
aßt ihr sie jeden Tag.
Des Gartens Pflegerin
ist nun verpfändet;
an den Ästen darbt
und dorrt das Obst,
bald fällt faul es herab. –
Mich kümmert's minder;
an mir ja kargte
Freia von je
knausernd die köstliche Frucht:
denn halb so echt nur
bin ich wie, Selige, ihr!
Frei, doch lebhaft und grell.
Doch ihr setztet alles
auf das jüngende Obst:
das wußten die Riesen wohl;
auf euer Leben
legten sie's an:
nun sorgt, wie ihr das wahrt!
Ohne die Äpfel,
alt und grau,
greis und grämlich,[549]
welkend zum Spott aller Welt,
erstirbt der Götter Stamm.
FRICKA bang.
Wotan, Gemahl!
Unsel'ger Mann!
Sieh, wie dein Leichtsinn
lachend uns Allen
Schimpf und Schmach erschuf!
WOTAN mit plötzlichem Entschluß auffahrend.
Auf, Loge!
Hinab mit mir!
Nach Nibelheim fahren wir nieder:
gewinnen will ich das Gold!
LOGE.
Die Rheintöchter
riefen dich an:
so dürfen Erhörung sie hoffen?
WOTAN heftig.
Schweige, Schwätzer!
Freia, die Gute,
Freia gilt es zu lösen!
LOGE.
Wie du befiehlst,
führ ich dich gern:
steil hinab
steigen wir denn durch den Rhein?
WOTAN.
Nicht durch den Rhein!
LOGE.
So schwingen wir uns
durch die Schwefelkluft:
dort schlüpfe mit mir hinein!
Er geht voran und verschwindet seitwärts in einer Kluft, aus
der sogleich ein schwefliger Dampf hervorquillt.
WOTAN.
Ihr Andern harrt
bis Abend hier:
verlor'ner Jugend
erjag ich erlösendes Gold!
Er steigt Loge nach in die Kluft hinab. Der aus ihr dringende Schwefeldampf verbreitet sich über die ganze Bühne und erfüllt diese schnell mit dickem Gewölk. Bereits sind die Zurückbleibenden unsichtbar.
DONNER.
Fahre wohl, Wotan!
FROH.
Glück auf! Glück auf!
FRICKA.
O kehre bald
zur bangenden Frau!
Der Schwefeldampf verdüstert sich zu ganz schwarzem Gewölk, welches von unten nach oben steigt; dann verwandelt sich dieses in festes, finstres Steingeklüft, das sich immer aufwärts bewegt, so daß es den Anschein hat, als sänke die Szene[550] immer tiefer in die Erde hinab. Von verschiedenen Seiten her dämmert aus der Ferne dunkelroter Schein auf:
wachsendes Geräusch wie von Schmiedenden wird überallher vernommen. – Das Getöse der Ambosse verliert sich. Eine unabsehbar weit sich dahinziehende unterirdische Kluft wird erkennbar, die sich nach allen Seiten hin in enge Schachten auszumünden scheint.
Buchempfehlung
»Fanni war noch jung und unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint. Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden – und zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte.«
72 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro