[58] 1.
Mein Schätzgen ist ein Flegel,
Er stolpert übern Schlegel
So offt er zu mir geht,
Und zeigt mit seinen Sparren,
Daß er vor einen Narren
Bey aller Welt besteht.
2.
Er treibt so lahme Possen,
Als wär er recht geschossen
Mit groben Hasen-Schrot:
Drum wer sich muß bequemen,
Und ihn zur Seite nehmen,
Der hat die härtste Noth.
3.
Ach wann die Complimenten
Wie Pech und Schwefel brennten,
So wers um uns geschehn:
Wir hätten unsre Gassen,
Da wir uns niederlassen,
Schon in der Gluth gesehn.
4.
Bald seh ich ihm zu sauer,
Bald heiß ich gar ein Bauer,
Bald hat er sonsten was:
Es mangelt nicht ein Dreyer,
So heist der albre Freyer
Mich gar ein Raben-Aaß.
5.
Und doch der gute Kerle
Sieht selbst wie eine Perle
Die auff dem Miste liegt,
Und ist so trüb und dunckel
Als wie ein schwartz Carfunckel
Den man im Ofen kriegt.
6.
Bey meiner Treu ich wette
Er hat im Hasen-Fette
Biß übers Knie gesteckt,
Nun ist kein Hund im Lande[58]
Der ihm die grosse Schande
Von seinen Strümpffen leckt.
7.
Die grossen Hasen Ohren
Die sind ihm angebohren;
Jedoch der Schiefer nicht,
Der hat ihn erst gestochen,
Als man vor wenig Wochen
Das Kirchdach angericht.
8.
Das außerlesne Schätzgen
Begehrt wohl gar ein Schmätzgen,
Und bitt mich noch so sehr:
Ja, ja ihr armer Teuffel,
Daran ist gar kein zweiffel,
Hört Morgen wieder her.
9.
Ach ihr verliebter Hase
Ihr stosst euch an die Nase,
Küsst mir das Angesicht
Da mir die Nase mangelt,
So habt ihr recht geangelt,
Und ihr verbrennt euch nicht.
10.
Ach Hans spann an, und führe
Den Esel vor die Thüre,
Das Haus ist viel zu gut:
Er wird auff dieser Erden
Nun wohl nicht anders werden,
Er bleibt ein ...
11.
Wiewol er mag es bleiben,
Und seine Zeit vertreiben,
Wie wo und wann er wil;
Jedoch daß ich die Plagen
Fast stündlich muß ertragen,
Das ist für mich zuviel.
12.
Steckt ihm den Kopff voll Hörner
Reibt ihm den Steiß voll Dörner,
Das Maul voll Thiriack:
Schickt ihn mit solchem Kleister
Der Narren Obermeister
Zum grünen Donnerstag.
Buchempfehlung
Stifters späte Erzählung ist stark autobiografisch geprägt. Anhand der Geschichte des jungen Malers Roderer, der in seiner fanatischen Arbeitswut sich vom Leben abwendet und erst durch die Liebe zu Susanna zu einem befriedigenden Dasein findet, parodiert Stifter seinen eigenen Umgang mit dem problematischen Verhältnis von Kunst und bürgerlicher Existenz. Ein heiterer, gelassener Text eines altersweisen Erzählers.
52 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro